Das Spiel
genieße gern ein wenig Vorfreude.« Das Leichengesicht wandte sich Ferras Vansen zu, und Barrick fühlte sich plötzlich befreit, als hätte eine kräftige Hand sein Genick losgelassen. Er fiel hilflos auf die Knie, während Vansen an ihm vorbeitrottete und vor dem Schwarzgewandeten stehen blieb wie ein gehorsamer Diener.
Nachdem Ueni'ssoh den Gardehauptmann etliche Herzschläge lang angestarrt hatte, hob er die Hand. Vansen sank ebenfalls zu Boden.
»Interessant«, sagte Ueni'ssoh und entblößte lange, schmale Zähne, so grau wie seine Haut. »Ihr beschirmt euch beide mit Gedanken an dasselbe weibliche Wesen. Ich werde darüber nachsinnen.« Er drehte sich um und glitt aus der niedrigen Zelle. Die monströsen Wachen folgten ihm. Die Tür fiel krachend zu, und es war jetzt fast völlig dunkel in der Zelle, während der Schlüssel im Schloss gedreht wurde.
Was haben sie mit uns vor?,
fragte Barrick Gyir, aber der gesichtslose Krieger antwortete nicht. »Was passiert jetzt?«, sagte Barrick schließlich laut. »Werden ... werden sie uns töten?«
»Selbst wenn sie uns am Leben lassen«, sagte Vansen finster, »glaube ich nicht, dass wir viel Freude daran haben werden.«
Ich sagte, Ihr sollt still sein, und ich meine es ernst.
Gyirs Zorn fuhr in Barricks Kopf wie eine Winterböe.
Wir sind in schlimmer Gefahr, und jedes Wort, das Ihr laut sagt, ist riskant.
Aber Ihr redet ja nicht mit mir!
Barrick wusste, dass seine Worte wie kindisches Genörgel klangen, aber das war ihm egal. Wo war der Barrick Eddon von vor ein paar Tagen geblieben, dem es egal gewesen war, ob er lebte oder starb?
Ihr sitzt einfach nur da.
Ich schweige nicht aus Bosheit,
erklärte ihm Gyir.
Ich ... erprobe mich. Und ich denke nach.
Was soll das heißen?
Still.
Gyir schloss die Augen.
Lasst mich mit meinen Gedanken allein, Junge. Sonst könnte weit mehr als nur unser Lehen verwirkt sein.
Unglücklich und verängstigt, ohne Platz, um auf- und abzugehen, konnte Barrick nur dasitzen und in der schrecklichen, endlosen Stille seinem eigenen Atem lauschen.
Prinz Barrick war schließlich eingeschlafen, wie Vansen erleichtert bemerkte. Gyir regte sich und erhob sich dann in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung — erstaunlich, wenn man bedachte, dass er stundenlang auf dem harten Stein gesessen hatte.
Sind sie einfach nur älter als wir und in anderen Dingen geschult?,
fragte sich Vansen.
Sind das alles nur magische Tricks, die sie gelernt haben? Oder sind sie wirklich in allem stärker und besser als wir?
Er würde nie vergessen, wie die Zwielichtler auf dem Kolkansfeld unter seinen Leuten gewütet hatten, wie Wölfe unter verzärtelten Haushunden.
Gyir trat an die Zellentür und blickte durchs Gitter in die größere Gefangenenhöhle hinaus.
Kommt jemand?
Allmählich kam Vansen mit dieser lautlosen Verständigungsweise beunruhigend gut zurecht.
Der Zwielichtler hob die blasse Hand.
Still.
Da er von Gyir nichts erfuhr, rappelte Vansen sich hoch, um selbst hinauszuspähen, aber der Zwielichtler wedelte ihn weg. Gyir schaute nicht einfach nur durch das Gitter, merkte Vansen: In seinen zusammengekniffenen Augen lag grimmige Konzentration, und als der Fackelschein von draußen über sein Gesicht huschte, konnte Vansen erkennen, wie die Adern an den elfenbeinfarbenen Schläfen des Zwielichtlers hervortraten.
Ferras Vansen beobachtete, wie Gyir den äußeren Raum von einem Ende bis zum anderen absuchte. Sein Blick blieb an einem der größeren Gefangenen hängen, einem Wesen, das zwar von menschenähnlicher Statur war, aber zottig und gelb wie eine Butterblume, mit langen Füßen, gespreizten Zehen und einer Schnauze mit strahlenförmigen Fortsätzen, wie die Vorderansicht eines grabenden Maulwurfs. Das Wesen hob den Kopf, sah sich zunächst nur träge-neugierig um, begann dann aber zu zucken, als setzten ihm fliegende Insekten zu. Es griff sich an die Ohren, als wollte es irgendein lautes Geräusch abhalten, erhob sich dann schwerfällig und kam auf Gyir und die Bronzetür zugeschlurft.
Die gelbe Kreatur blieb stehen, die strahlenförmige Schnauze dicht vor dem Gitter, die Augen weit aufgerissen. Gyir hob die Hand, und dem Wesen fielen die Augen zu. Er streckte die langen Finger durchs Gitter, bis er die Stirn der Kreatur gerade berühren konnte, und schloss dann selbst die Augen.
So standen sie eine ganze Weile reglos da, als vollzögen sie irgendein uraltes Ritual. Schließlich trat die Kreatur einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf,
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