Das Spiel
verlangte. Zosim hatte mutig gehandelt, und er war ja nur ein geringer Gott.
Gott?
Er musste lachen, während er da auf der Straße stand und kalter Regen von der Hutkrempe in seinen Nacken rann.
Und was bin ich?
Er war, nach Meinung der meisten, nicht einmal ein richtiger Mann. Er war nur ein Dichter.
Trotzdem,
sagte er sich,
wenn wir nach nichts greifen, werden wir immer mit leeren Händen dastehen, wie mein Vater zu sagen pflegte.
Allerdings hatte Kearn Kettelsmit wohl das Greifen nach dem nächsten Glas gemeint.
»Sieh an, was der Wind da hereingeweht hat.« Brigids Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Lächeln. »Haben sie in der Burg keinen Platz mehr? Oder hast du beim letzten Mal hier irgendwas vergessen?«
»Wo ist Conry?«
»Unten im Keller, um mit der Röstgabel Jagd auf Ratten zu machen; das war das Letzte, was ich gehört hab, aber das ist Stunden her. Er hält es nie für nötig, mir irgendwas zu sagen — genau wie du.« Jetzt verschwand auch noch das falsche Lächeln. »Oh, aber du kennst mich ja auch nicht mehr, hab ich recht? Das hast du deinem runzligen, alten Freund doch gesagt, während er auf meine Titten starrte, als hätte er so was noch nie gesehen.«
So früh am Morgen waren da nur zwei, drei andere Gäste, die im schummrigen Lampenlicht vor sich hindösten — und gegen die königlichen Schankgesetze verstießen, die da besagten, dass niemand früher als eine Stunde vor Mittag eine Schenke betreten durfte. Kettelsmit nahm an, dass sie alle auf der Fußbodenstreu genächtigt hatten und erst vor kurzem wach geworden waren. Conry, der Wirt, wurde wohl ein bisschen nachlässig, wenn ihm das entgangen war, aber es war ja auch furchtbar dunkel hier drinnen, solange die Läden gegen die Winterkälte vorgelegt waren und das Feuer noch nicht wieder brannte.
Kettelsmit starrte Brigid nach, die sich jetzt wieder der Aufgabe widmete, Trinkkrüge unter den bierfleckigen Bänken einzusammeln. Er wollte schon irgendeine Ausrede für das letzte Mal vorbringen — einen Moment lang schwirrten ihm jede Menge Erklärungen durch den Kopf, wenn auch keine davon wirklich überzeugend schien —, doch zu seinem eigenen Erstaunen sagte er achselzuckend: »Tut mir leid, Brigid. Es war schäbig von mir, so zu tun, als wüsste ich deinen Namen nicht mehr. Aber Puzzle kannst du nicht vorwerfen, dass er dich angestarrt hat — du bist ja wirklich ein prachtvoller Anblick.«
Sie sah ihn mit hartem Blick an, aber ihre Hand fuhr verstohlen an ihr Gesicht und strich eine dunkle Locke zurück, als ob sie sich wieder an all die süßen Worte erinnerte, die er ihr noch im letzten Frühjahr ins Ohr geflüstert hatte. »Versuch nicht, mir Honig um's Maul zu schmieren, Matt Kettelsmit. Was willst du? Du willst doch was von mir, oder?« Immerhin schien sie nicht mehr ganz so ärgerlich. Vielleicht hatte eine schlichte, aufrichtige Entschuldigung ja doch etwas für sich. Aber Kettelsmit war sich nicht sicher, ob er sich das zur Gewohnheit machen würde. Es würde ihn eine Menge Zeit kosten.
»Ja, ich möchte dich um etwas bitten, aber es ist nicht einfach nur ein Gefallen. Ich würde dich für deine Mühe bezahlen.«
Jetzt war ihr Misstrauen wieder da. »Bei den Dreien, es gibt ja genug Männer, die hier hereinkommen und fragen, ob ich ihren Söhnen die Einführung gebe, aber ich könnte nicht sagen, dass schon mal jemand für seinen Urgroßvater gefragt hat. Ich werde deinen steinalten Freund nicht über mich lassen, Kettelsmit.«
»Nein, nein, nichts dergleichen!« Diese Vorstellung war in der Tat schockierend. Leute in Puzzles Alter hatten ja wohl mit schwitzigen Liebesdingen abgeschlossen. Alles andere wäre doch unanständig. »Ich brauche jemanden. Eine ... ein Seekräuterweib.«
»Ein Seekräuterweib? Wozu? Hast wohl einer Dienstmagd droben auf der Burg einen Braten in die Röhre geschoben?« Brigid lachte, schien jetzt aber wieder wütend. »Ich hätte wissen müssen, welche Art Anliegen dich wieder zu mir führt.«
»Nein. Es ist nicht ... es geht nicht um ein Kind.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Dann wohl um einen Liebestrank? Irgendwas, um eins von diesen hölzernen Frauenzimmern zu erweichen, denen du jetzt hinterherschleichst?«
Er seufzte gequält. Warum musste sie alles so schwer machen? Aber sie war ja immer schon ein Weib mit einem eigenen Kopf gewesen. »Ich ... ich kann's dir nicht sagen, noch nicht. Aber es ist nicht, wie du denkst. Ich muss helfen ... jemandem großes Leid zu
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