Das Spiel
auf die Augen verhüllte Xandierin — ziemlich gereizt, aber bei den Skimmerfrauen war es irgendwie anders. Er hatte schon oft Männer mit ihren diesbezüglichen Eroberungen prahlen hören — wenn auch bezeichnenderweise nie vor Skimmermännern —, aber ihn hatten Skimmerfrauen noch nie sonderlich angezogen. Selbst in dem Freudenhaus hinterm Firmamenttheater, wo Kennit und Teodorus Stammgäste gewesen waren, hatte Matt Kettelsmit den Skimmermädchen nie sonderlich viel abgewinnen können. Zum einen war ihre Haut kalt, und selbst frisch gebadet und parfümiert hatten sie immer noch einen Geruch an sich, der ihn störte — nicht fischig, aber so ein gewisses, unignorierbares Meeresaroma. Und selbst die nackten Gesichter der Skimmermädchen irritierten ihn, wenn er auch nicht hätte sagen können, warum. Die Form ihrer Wangenknochen, die Größe und der schräge Schnitt ihrer Augen, das fast völlige Fehlen von Augenbrauen — irgendwie war das Kettelsmit immer unheimlich gewesen.
Dennoch, der Robbenfängerkai war gar nicht so übel, ja Kettelsmit hatte sich sogar darauf gefreut, ihn wiederzusehen. Er hatte etwas Vitales wie kein anderer Ort in Südmark, nicht einmal der Marktplatz mit seinem geschäftigen Treiben. Morgens, kurz vor Tagesanbruch, wenn der Fang hereinkam, oder abends, wenn die weit hinausfahrenden Fischer zurückkehrten, war hier alles voller Leben, voller fremdartiger Gesänge und exotischer Bilder.
Heute jedoch wirkte die Atmosphäre sehr gedämpft, selbst für die Vormittagsflaute. Die Leute waren still, und die Straße war leerer, als er gedacht hätte. Von den wenigen Männern, die er sah, waren die meisten an einer Stelle versammelt, wo es kürzlich gebrannt hatte und drei, vier aneinandergrenzende Häuser und Läden ein Raub der Flammen geworden waren. Ein halbes Dutzend Erwachsene und doppelt so viele Kinder suchten in den verkohlten Trümmern herum. Ein paar drehten sich nach ihm um, und einen Moment lang war er sich sicher, dass sie ihn wütend anstarrten — als ob er ihnen etwas angetan hätte —, ehe sie sich wieder der Brandstätte zuwandten.
Als er an einer Fischhandlung vorbeikam, hielten zwei weitere Skimmer, die gerade mit langen Zackenschliffmessern Fische ausnahmen, in ihrem Tun inne und starrten ihn ebenfalls an. Sie drehten langsam die Köpfe, als er vorbeiging. Es fiel schwer, sich nicht einzubilden, dass da etwas Mordlustiges in ihren kalten Augen und gaffenden Mienen lag.
Endlich kam er an die schmale Silberhakenstraße, die rechts abging. Er folgte ihr, wie ihn Brigid geheißen hatte, ein paar Hundert Schritt, bis er ein kleines Gässchen fand, das ihrer Beschreibung zu entsprechen schien. Rechts und links ragten die fensterlosen Rückseiten von Häusern auf und verengten den grauen Himmel zu einem schmalen Streifen, aber am Ende der kurzen, finsteren Gasse erhob sich die schmale Vorderfront eines weiteren Hauses. Ein paar Stufen führten zu der Eingangstür hinab.
Kettelsmit wollte anklopfen, hielt aber inne, als er das klafterlange, gewundene Horn sah, das über der Tür hing. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. War das das Horn eines Einhorns? Oder stammte es von einer noch seltsameren und tödlicheren Kreatur?
»Habt Ihr vor, es zu stehlen?«
Die unerwartete Stimme ließ ihn zusammenschrecken, und als er sich umdrehte, sah er eine kleine, massige Gestalt den Eingang der Gasse versperren. Er dachte an die Skimmer mit den gezackten Messern, wich einen Schritt zurück und fiel beinah die Stufen hinunter. »Nein!«, sagte er, mit den Armen rudernd. »Nein, ich ... ich habe nur geschaut. Ich wollte zu Aislin, dem Seekräuterweib.«
»Soso.« Die Gestalt kam ein paar Schritte auf ihn zu. Kettelsmit ballte die Fäuste, hielt sie aber hinterm Rücken. »Das bin ja dann wohl ich.«
»Ihr?« Er konnte sein Erstaunen nicht verbergen — die Stimme war so tief und rau, dass er sie für die eines Mannes gehalten hatte.
»Das hoffe ich doch, Trockenländer, sonst hätte ich die letzten hundert Jahre das Leben von jemand anderem gelebt.« Er erkannte immer noch nicht viel von dem Gesicht, das sich in den Tiefen einer Kapuze verbarg, aber er sah jetzt die Augen, weit und wässrig und dennoch selbst im Schummerlicht der Gasse ziemlich einschüchternd. »Geht aus dem Weg, Tölpel, damit ich die Tür aufmachen kann.«
»Verzeihung.« Er sprang beiseite, und sie schlurfte an ihm vorbei. Er wollte nicht auf ihre altersfleckige Hand starren, die den Schlüssel zum Schloss
Weitere Kostenlose Bücher