Das Spiel
lumpige Versprechungen im Tausch gegen Euch. Drakava war daran nicht interessiert.«
»Aber das ergibt doch keinen Sinn!« Olin hob die Fäuste, nicht wie jemand, der sie zu benutzen gedenkt, sondern als suchte er etwas, woran er sich festhalten könnte, um nicht hinzufallen. »Warum sollte sich der Autarch für den König eines kleinen nördlichen Länderbundes interessieren, einen Mann, dem er noch nie begegnet ist? Ich bin doch keine Bedrohung für ihn.«
Der Graf starrte ihn eine Weile an, steckte dann das Messer weg. »Vielleicht ist er da anderer Meinung. Habt Ihr denn gar keine Ahnung, warum? Vielleicht gibt es ja etwas, was Ihr vergessen habt — etwas, das ich
nutzen
kann.« Die Müdigkeit und Verzweiflung des Grafen waren jetzt erstmals offensichtlich. »Andernfalls erwarten uns Belagerung, Feuer und Hungertod, wenn nicht Schlimmeres.«
Olin sank wieder auf seine Bank. »Verzeiht mein Benehmen, aber es scheint, als müsste ich einen Schock nach dem anderen erleiden. Ich verstehe das nicht. Ich bin doch ohne jede Bedeutung für ihn.«
»Denkt darüber nach. Ich werde Euch zukommen lassen, was ich über Eure Familie herausfinden kann. Was Euer Königreich anbelangt, so habe ich gehört, dass es trotz all dieser verrückten Gerüchte über Elbenheere sicher ist. Eure Verwandten, die Tollys, haben als Beschützer Eures neugeborenen Kindes die Regentschaft übernommen, jedenfalls wurde mir das berichtet.« Jetzt sah er sein Gegenüber betroffen an. »Ihr wusstet doch, dass Ihr einen kleinen Sohn habt, König Olin?«
»Ja.« Olin nickte so schwerfällig wie jemand, der sich nach einem harten Arbeitstag kaum noch wach halten kann. »Ja, ich bekam einen Brief von meiner Frau. Olin Alessandros wird er heißen. Ein gesunder Knabe, heißt es.«
»Nun, das ist immerhin ein kleiner Segen.« Perivos Akuanis neigte den Kopf. »Lebt wohl, Olin. Mögen die Götter gewähren, dass wir ein andermal wieder miteinander reden können.«
Olin lachte bitter. »Die Götter? Habt Ihr Angst, dass Drakava mich doch an den Autarchen verkauft?«
»Nein, ich habe Angst, dass der Autarch einen Weg über die Mauern findet und uns alle umbringt.« Er schlug das Zeichen der Drei, deutete dann sarkastisch einen militärischen Gruß an. »In diesem Fall werde ich zu Hause in Siris sein, um gemeinsam mit meiner Familie den Tod zu erwarten, und Ihr werdet Eurem Schicksal gegenübertreten. Wenn es denn so weit kommt, mögen uns die Götter einen erträglichen Tod gewähren.«
»Ich würde es vorziehen, wenn die Götter Euch und Eure Familie beschützten, Graf Perivos. Und die meine ebenfalls.«
Die beiden Männer drückten sich die Hand, ehe der Hierosoliner hinausging.
Tatsächlich wurde es mittlerer Nachmittag, ehe das erste der großen Geschütze zusammengebaut und auf seinem gewaltigen Fahrgestell hinter der Mauer der eingenommenen Bastion auf dem Finger postiert war. In der Luft hing immer noch der schweflige Gestank nach verfaulten Eiern, und Vash war froh, dass er es lediglich geschafft hatte, hie und da etwas zu knabbern — ein wenig Fladenbrot, ein paar Oliven, eine einzelne Mandarine.
»Beeindruckend, Ikelis, was?« Mit dem vernarrten Lächeln eines Vaters blickte der Autarch zu der riesigen Kanone hinüber.
»Nie hatte die Kriegskunst ein besseres Werkzeug«, sagte der Oberbefehlshaber und sah Vash so streng an, als könnte es der Oberste Minister wagen zu widersprechen. »Damit werden wir die eigentliche Zitadelle erreichen. Dieser Hund Drakava wird mit eingekniffenem Schwanz davonrennen.«
»Oh, ich werde diese wunderschöne Maschine nicht darauf verschwenden, Drakava mit Steinen zu bewerfen«, sagte Sulepis. »Mein göttlicher Vater selbst möge Ludis Drakava beschützen — ich will nicht, dass er umkommt! Das würde dieses ganze Unternehmen in einem verhängnisvollen Maße verlangsamen.«
»Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, o Goldener.« Jetzt war der Blick, den Johar Vash zuwarf, deutlich demütiger. Er hatte offensichtlich nicht so viel Erfahrung mit den bizarren, jähen und mitunter verrückt wirkenden Planänderungen des Autarchen wie der Oberste Minister. »Ihr wünscht doch sicher, dass Hierosol fällt.«
»O ja, wir werden die Mauern einreißen«, sagte der Autarch. »Wir werden sie einreißen, damit wir keine Zeit auf eine Belagerung vergeuden müssen.«
»Aber, o Goldener, selbst Geschosse wie diese hier« — Johar zeigte auf den riesigen, kugelförmigen Stein, der von einem Dutzend schwitzender
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