Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
begangen hatte, dass er irgendeinen alten Mann aufgegriffen hatte, der nicht sein Vater war, aber wenn er dann das unstoffliche Gesicht seines Gefährten aus einem bestimmten Winkel sah, wenn ein bestimmter Ausdruck über den schmalen Mund huschte wie ein Fisch in einem seichten Tümpel, war er doch wieder überzeugt, dass er recht gehabt hatte.
    Sie überquerten vier weitere Flüsse, einen mit treibendem Eis, einen, der vor Hitze kochte und brodelte, einen so voll von grünem Gewucher, dass er wie Totwasser wirkte, obwohl der Grund zwischen den Wurzeln von winzigen schnatternden, platschenden Wesen wimmelte, und schließlich einen reißenden Strom, von dem sie nichts sahen außer Nebel, der in einer tiefen Gesteinsspalte dahinwallte, wenn daraus auch Geräusche aufstiegen, die kein Nebel je hervorgebracht hatte, und den sie überspringen mussten, wobei Vansen die verschwommene Form umklammerte, die da war, wo die Hand des alten Mannes sein musste.
    Schließlich wurde alles Unterschiedene eins, jeder Schritt ein und derselbe Schritt, jedes Lied, das der alte Mann sang, ein und dasselbe Lied. Schatten näherten sich ihnen, einige davon schrecklich anzusehen, aber Vansen nannte ihnen seinen Namen und den Namen des alten Mannes, und sie zogen sich wieder ins Zwielicht zurück. Dann wieder erschienen die Schatten in angenehmerer Gestalt und boten ihre Gastfreundschaft an — üppige Mahlzeiten, weiche Betten oder gar noch intimere Genüsse —, aber Vansen lernte, das alles genauso entschlossen abzuweisen, und auch diese Gestalten wichen zurück.
    Schließlich gelangten sie in ein weites, leeres Land, wo der Staub unablässig wehte und der Wind grimmig blies und wo sie nicht schneller gehen konnten, als ein Sterbender zu kriechen vermochte. Hier strauchelte sein Vater gelegentlich, und Vansen musste ihn durch den stechenden, erstickenden Flugstaub hinter sich herziehen. Einmal, als selbst das Dämmerlicht von dichten Wolken ausgelöscht wurde und sie sich in völligem Dunkel weiterschleppten, fiel der alte Mann hin und vermochte nicht mehr aufzustehen. Als er so dalag und ein Lied über weiße Armbänder und Herzen aus Rauch krächzte, hockte sich Ferras Vansen verzweifelt neben ihn. Er wusste, er konnte einfach aufstehen und weggehen, und der alte Mann würde es nicht einmal merken. Stattdessen stemmte er sich mühsam hoch, bückte sich dann und hievte den alten Mann auf seinen Rücken. Pedar Vansens Körper hatte nicht mehr Substanz als der Schleier einer Frau, war aber dennoch schwerer als ein Felsbrocken, und Vansen kam immer nur ein paar Schritte weit, ehe er wieder anhalten und verschnaufen musste.
    Schließlich flauten die Staubstürme ab. Sie waren immer noch in dem leeren Land, in der grauen Weite, aber zum ersten Mal sah er jetzt am Horizont etwas anderes als noch mehr Nichts. Es war ein Haus — vielmehr eine Hütte, ein primitives Ding aus Stöcken und unbehauenen Steinen, vermörtelt mit etwas, das wie der Staub von Jahrhunderten aussah, sodass das Ganze am ehesten dem Bau einer riesigen und etwas schlampigen Insektenart glich. Davor stand ein Mann, auf seinen langen Stab gestützt wie einer der keltischen Hirten, die sich manchmal in Ferras Vansens Hügeltälern niedergelassen hatten, wenn sie durch Stammesfehden aus ihrer Heimat vertrieben worden waren.
    Ja!
Es war ein triumphaler Moment, der selbst den Anblick eines anderen Wesens in dieser endlosen, staubigen Leere in den Schatten stellte. Ihm war eine neue Erinnerung gekommen:
Ich bin Ferras Vansen — ein Mann der Täler.
    Der Fremde trug die Art zerlumptes Tuch um den Bauch, die auch die Vorväter getragen hatten, aber das war auch sein einziger Schmuck. Sein langer Bart war um den Mund so grau wie Spinnweben, der Rest jedoch vom Staub gelb gefärbt. Der Mann bewegte sich nicht, sondern sah ihnen einfach nur entgegen, und sie hatten ihn schon fast erreicht, als Ferras Vansen bewusst wurde, dass diese bärtige Erscheinung das erste Wesen war, das er in diesen Landen sah, dessen Augen offen waren — das erste, das nicht schlief.
    Wer seid Ihr?,
sprach Vansen den Mann an.
Oder darf man das nicht fragen?
    Unter den struppigen Brauen schienen die Augen des Mannes so leuchtend wie Sterne. Er lächelte, aber es lag weder Freundlichkeit darin noch Boshaftigkeit.
Du stehst vor dem letzten Fluss, aber der Ort, wo du hinwillst, existiert in diesem Zeitalter des Schlafes nicht. Du musst vielmehr noch einmal auf eine andere Seite hinüberwechseln, dorthin, wo

Weitere Kostenlose Bücher