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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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erbarmungslosen Blick nicht standzuhalten. »Ihr kommt zu mir an dem Tag, an dem ich vom Tod meines teuren Gyir erfahren habe, an dem ich ihn
sterben gefühlt habe —
ihn, der mein Sohn hätte sein sollen, anstelle dieses verräterischen Wandelwesens. Und mit dem Tod des Sturmlichts muss der Pakt des Spiegelglases enden, weil das Spiegelglas selbst nie ins Haus des
Volkes
gelangen wird.« Die Frau in der Rüstung hieb auf die Armlehne des primitiven Thronsessels, dass das Holz splitterte, was sie jedoch gar nicht zu bemerken schien. »Ich werde Euer Volk nun wieder mit Krieg überziehen, bis der Ort, den Ihr Südmark nennt, mein ist; und wenn ich dafür jeden einzelnen Sonnländer, ob Mann, Frau oder Kind, töten muss, werde ich es, ohne mit der Wimper zu zucken, tun.« Sie starrte die beiden Frauen wieder an. Ihr Zorn verrauchte, und ihre Miene wurde wieder so starr wie Eis. »Ihr beide könntet mir allerdings als Botinnen nützlicher sein, weshalb ich Euch noch nicht töten lasse. Aber kein Wort mehr über Euren Sohn, Sonnländerhure. Was kümmert es mich, selbst wenn Euch mein Volk einen ganzen Wurf Menschenwelpen gestohlen hätte.« Sie winkte. Mehrere Wachen traten heran und ergriffen Utta und Merolanna, obwohl die Herzogin in Ohmacht gefallen schien. Utta konnte sich keinen Reim auf das Geschehen machen, außer dass sie in etwas hineingeraten war, das ihre schlimmsten Ängste übertraf.
    »Es wird eine Freude sein, wieder die Schreie der Euren zu hören«, sagte die gespenstische Frau zu Utta und befahl dann mit einer wedelnden Handbewegung, die Gefangenen abzuführen.

42

Der Freund des Raben
    Und so herrschen die wahren Götter seither in Frieden, dank Habbili und der Weisheit des Nushash. Und diejenigen, die das Haupt vor ihnen geneigt und ihnen Ehre erwiesen haben, werden sich nach dem Tode zur Rechten der Mächtigen im Äußersten Westen wiederfinden. So sprechen die Propheten. So spricht der Gott des Feuers. Und so ist es, meine Kinder, es ist die Wahrheit.
    Offenharungen des Nushash,
Erstes Buch
    Brionys Tarnung als Junge, die bereits durch ihr Bühnenkostüm als Göttin Zoria gelitten hatte, war der Durchsuchung durch die syanesischen Soldaten, die sie und die übrigen Schauspieler festgenommen hatten, endgültig zum Opfer gefallen. (Feival Ulian, der die Bühne als Zuriyal, Gemahlin des Götterrebellen Zmeos, verlassen hatte, war ebenfalls in einem Frauenkleid zum Palast geführt worden. Es war eine offene Frage, wer sich angemessener gekleidet fühlte, er oder Briony.)
    Briony und Estir Makswell waren in einen Raum gestoßen worden, der zwar keine richtige Kerkerzelle war, aber auch nicht gerade ein Zimmer für Ehrengäste: fensterlos, feuchtkalt und erfüllt vom Geruch nach Schimmel, Schweiß und Urin, enthielt er keinerlei Möbel außer einer roh gezimmerten Bank. Das Geräusch des Riegels, der sich hinter ihnen schloss, hatte etwas beunruhigend Endgültiges.
    »Ich hätte mir denken können, dass du nicht einfach nur zufällig zu uns gestoßen bist«, höhnte Estir. »Diese alte Eselsmähre von Teodorus, immer die gleichen alten Tricks. Hat er dich mitgeschleppt, um dich in fremde Betten einzuschleusen und auf die Art Geheimnisse auszuspionieren? Jetzt rollen unser aller Köpfe, dank euch beiden.«
    »Wovon sprecht Ihr? Ich bin keine Spionin — ich habe mit dem Ganzen nichts zu tun!«
    »Oh, klar.« Estir Makswell lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über ihrem schmuddeligen Kleid, aber Briony sah, dass die Frau vor Angst zitterte, und ihre eigene Wut wurde fast schon zu Mitleid.
    »Wirklich, ich habe nichts davon geahnt. Ich war weggerannt vor ... von zu Hause, und da traf ich euch.« Estir schnaubte wenig überzeugt. »Wie meint Ihr das, immer die gleichen alten Tricks?«, wollte Briony wissen. »Hat er so etwas schon einmal gemacht?«
    Die Frau funkelte sie finster an. »Spiel mir nichts vor, Mädchen. Ich hab doch genau gesehen, wie du mit diesem dunklen Kerl geredet hast, als ob er ein alter Freund von dir wäre — dieser Xixier. Woher solltest du so jemanden kennen, wenn du nicht eins von Finns Taschenspielerkarnickeln bist?«
    Briony schüttelte den Kopf. Wenigstens war Dawet entkommen, wenn ihr das auch nicht im Geringsten half. »Ich kenne ihn flüchtig, ja, aber das hat nichts mit Finn zu tun. Ich hatte ihn in Südmark schon einmal getroffen. Aber ich schwöre bei ... bei der Ehre der Göttin Zoria selbst« — sie schlug sich mit der Faust an die Brust, bitter belustigt

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