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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Briony Eddon die strahlende Morgensonne war, so war Elan M'Cory der blasse, betörende Mond.
Ja, wahrhaftig,
dachte er, da seine Gedanken wie immer Bögen zu Mythen und Sagen schlugen,
so muss die Göttin Mesiya selbst aussehen, so bloss und geheimnisvoll, sie, die mit ihrem Gefolge von Wolken über den Nachthimmel zieht.
    Dann fiel ihm wieder ein, dass Mesiya ja Erivors Gemahlin und die Stammmutter der Eddons war, jedenfalls beanspruchten sie diese als solche und führten ihren Wolf im Schlachtenbanner. Wie schnell sich diese poetischen Gedanken verhedderten ...
    »Kommt mit uns«, sagten die beiden Zofen und zogen sachte an Elans schwarz verhüllten Armen. »Es ist so feucht hier — Ihr holt Euch ja den Tod.«
    »Ho!«, rief eine lässige Stimme von unten herauf. »Da seid Ihr ja.«
    »Keine Angst«, sagte Elan M'Cory so leise, dass es nur Kettelsmit hören konnte.
»Er
hat
mich
schon geholt.«
    Hendon Tolly stand am Fuß der Mauer, auf der Seite zur Hauptburg hin, und ein paar Wachen in den tollyschen Farben warteten in respektvollem Abstand. »Kommt herab, gutes Fräulein. Ich habe Euch gesucht.«
    »Ihr solltet Euch doch besser hinlegen«, sagte die blonde Rose fast schon flüsternd. »Kommt mit uns, edles Fräulein Elan.«
    »Nein, wenn mein Schwager ruft, muss ich folgen.« Sie wandte sich an Kettelsmit. »Es war schön, mit Euch zu reden, Meister. Wenn Euch eine Antwort auf meine Frage einfällt, würde ich sie gern erfahren. Mir scheint, dass alles mit jedem Tag schneller dem Ende zugeht.«
    »Ich warte, edles Fräulein!« Hendon Tolly wirkte sehr erheitert, als amüsierte er sich über einen Witz, den nur er verstand. »Ich möchte Euch etwas zeigen.«
    Sie wandte sich ab und folgte den Zofen zur äußeren Turmtreppe, die zu dem wartenden Gebieter von Südmark hinabführte. Als sie kurz vor der Treppe war und Tolly sich gerade seinen Wachen zugewandt hatte, drehte sie sich noch einmal zu Kettelsmit um. Er dachte, sie würde ihm ein Nicken oder irgendeine andere Abschiedsgeste zuteil werden lassen, aber sie sah ihn nur an, mit einem so bizarren Ausdruck von Scham und Erregung wie ein Hund, der dabei ertappt worden ist, wie er sich über die Reste auf dem Esstisch hermacht, und der, obwohl er weiß, dass ihn Prügel erwarten, nicht einmal wegzulaufen vermag.
    Dieses Gesicht sollte Matt Kettelsmit immer wieder in seinen Alpträumen vor sich sehen.

    Briony wand sich unbehaglich. Der Schal, den ihr eine von Idites Töchtern geliehen hatte, bandagierte ihre Brüste wirksam zurück, aber der Knoten drückte im Rücken,
    »Passen die Kleider?« Shaso trug ähnlich lose, grob gewebte Kleider wie die, die einer der Bediensteten Briony gebracht hatte. Die Hosen waren ihr zu lang; sie hatte sie umgeschlagen, um nicht darüber zu stolpern, aber immerhin war das raue Hemd nicht so viel zu groß, dass es ihre Bewegungen behinderte.
    »Einigermaßen«, sagte sie. »Warum soll ich sie tragen?«
    »Weil Ihr jetzt etwas Neues lernen werdet.« Er klemmte sich ein in geölten Stoff gehülltes Bündel unter den Arm und führte sie dann den Gang entlang und in den Innenhof. Der Regen hatte aufgehört, aber am Himmel hingen immer noch dunkle Wolken, und die Steinplatten des Hofs waren nass. Er deutete auf den Rand des steinernen Pflanzgefäßes mit dem einsamen, kahlen Quittenbaum, an dem jetzt nur noch ein paar verschrumpelte, von den Vögeln verschmähte Früchte hingen. »Setzt Euch dahin. Das dürfte trocken sein.«
    »Was soll ich denn lernen?«
    Er sah sie unwirsch an. »Das erste, was Ihr lernen müsst, ist wie bei allen Eddons Geduld. Darin seid Ihr zwar schon etwas besser als Euer Bruder — aber nur unwesentlich.« Er hob die Hand. »Nein, nicht an ihn denken. Ich hätte nicht von ihm sprechen dürfen. Wir müssen beten, dass er wohlbehalten ist.«
    Sie nickte und verhinderte mit aller Willenskraft, dass ihr die Tränen kamen.
Armer Barrick! Zoria, wache jeden Augenblick über ihn. Halte deinen Schild über ihn, wo immer er ist.
    »Ich hätte Euch nie fechten gelehrt, wenn Ihr es nicht gewollt hättet und Euer Vater nicht all Euren Grillen nachgegeben hätte.« Wieder hob Shaso die Hand. »Denkt dran — Geduld! Aber ich habe es getan, und Ihr habt ganz gut fechten gelernt — für eine Frau. Schließlich liegt das Kämpfen nicht in der weiblichen Natur.«
    Wieder wollte sie etwas sagen, aber sie kannte diesen Ausdruck in den Augen des alten Mannes und hatte nicht die Kraft für eine weitere Auseinandersetzung. Also

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