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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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bis zum Nestweber im höchsten Geäst. Soll Skurn davon erzählen?«
    »Warum nicht. Aber nicht zu laut, und versuche, still zu sitzen. Ich habe keine Lust, mich im Graben wiederzufinden, während das Pferd das Weite sucht.«
    »Nun, denn.« Skurn nickte mit dem Kopf, schloss die kleinen Auglein und schaukelte immer wieder langsam gegen das Sattelhorn.
     
    »Da ging er dahin«,
begann der Rabe in einer Art krächzendem Singsang,
»Humpe-di-dum, humpe-di-dum, schief und krumm und so langsam, wie sich die Erde dreht in ihrem ruhelosen Schlaf. Er hinkte, versteht Ihr? Obwohl er damals noch ein Kind war, kämpfte er im großen Krieg an der Seite seines Vaters, und als der Krieg schon fast zu Ende war, bekam er einen mächtigen Hieb vom Himmelmann ab, und es heilte irgendwann, aber ein Bein war seitdem länger als das andere. Wurde dann sogar gefangen genommen vom Steinmann und seinen Brüdern, und die nahmen ihm, was sie nicht hätten nehmen dürfen, aber er wollte ihnen trotzdem nicht verraten, wo das geheime Haus seines Vaters versteckt lag.
    Später dann, als ihm beide Eltern genommen wurden und all seine Vettern und Brüder und Schwestern fortgeschickt wurden in die Himmelslande, lebte er immer noch in den Weltlanden, weil keiner von den drei mächtigen Brüdern Angst vor ihm hatte. Sie machten sich über ihn lustig, riefen ihn Krummling, und seitdem war das sein Name.
    Aber unverdrossen humpelte er durch die Welt, humpe-di-dum, humpe-di-dum, ein Bein kürzer, und überall wurde er von den Siegern verspottet, den Brüdern und ihrer Sippe, obwohl die froh waren um die Dinge, die er herstellte, all die schlau gefertigten Dinge.
    Er war so schlau, dass er sich eine neue, noch geschicktere Hand aus Elfenbein machte, nachdem er die linke Hand im Schmiedefeuer verloren hatte, und als ihm dann an seine rechte Hand Gift geriet und sie verdorrte, machte er sich eine neue aus Bronze, die so stark war wie kaum eine andere Hand. Aber sie verspotteten ihn immer noch und nannten ihn nicht mehr nur Krummling, sondern auch noch den Niemand, wegen allem, was sie ihm genommen hatten, aber ach, sie begehrten die Dinge, die er herstellen konnte. Für den Luftmann machte er einen riesigen Hammer aus Eisen, schwerer und mächtiger noch als sein alter Kriegshammer, und der Hammer konnte einen Berg zerschmettern oder ein Loch in das mächtige Tor von Steinmanns Haus schlagen, wie es einmal geschah, als die beiden Brüder Streit hatten. Er schuf auch den großen Mondschild für sie, die das Haus seines Vaters genommen hatte. Und der Nacht machte er ihre Halskette aus Sternen, dem Wassermann einen Speer, der einen mächtigen Wal spalten konnte wie ein Messer einen Apfel. Und er machte auch einen Speer für den Steinmann und viele andere wunderbare Sachen, Schwerter und Kelche und Spiegel, die alle die Alte Kraft in sich trugen, die Macht der frühesten Zeiten.
    Aber er kannte die größten Geheimnisse nicht immer schon, nein, er hatte noch viel zu lernen, am Anfang, als er der Diener der Brüder wurde, die sein Volk besiegt hatten. Obwohl er unsagbar schlau war, hatte er noch viel zu lernen. Und jetzt erzähle ich Euch, wie er's gelernt hat.
    An diesem Tag also humpelte er dahin mit seinem kurzen Bein, humpe-di-dum, humpe-di-dum, wie ein Schiff, das durch die raue See schlingert. Er hatte die Stadt der Brüder weit hinter sich gelassen, weil es ihn schmerzte, unterwürfig gegenüber den Leuten zu sein, die seine Familie unterjocht hatten. Als er so die Straße entlangging, durch ein enges, schattiges Tal mit hohen Bergen auf beiden Seiten, da traf er auf ein altes Weiblein, das mitten auf dem Weg saß, eine uralte, verhutzelte Witwe, wie man sie in jedem Dorf finden konnte. Also blieb er stehen, der Krummling, und sagte zu ihr: ›Geht aus dem Weg, bitte, ich möchte vorbei.‹ Aber die Alte ging nicht aus dem Weg und antwortete auch nicht.
    ›Geht aus dem Weg‹! sagte er wieder, diesmal schon nimmer so freundlich. ›Ich bin stark und im Innern so wütend wie ein wilder Sturm, aber ich will Euch nicht wehtun.‹ Noch immer sprach sie kein Wort und schaute ihn nicht mal an.
    ›Altes Weib‹, brüllte er so laut, dass das Tal erzitterte und Felsbrocken sich lösten und herunterrollten und die Bäume knickten wie Strohhalme. ›Ich sage es dir zum letzten Mal: Aus dem Weg! Ich will vorbei‹
    Da endlich blickte sie zu ihm auf und sagte: ›Ich bin alt und müde, und es ist heiß heute. Wenn Ihr mir etwas Wasser bringt, damit ich meinen

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