Das Spiel
Griff der anderen Hand gelockert —, schaffte es aber rasch, dem Jungen den Arm wieder auf den Rücken zu biegen. Er drehte den Jungen um, setzte ihm den bestiefelten Fuß in den Rücken und katapultierte ihn so fest mit dem Kopf auf den Tisch, dass das ganze schwere Eichenmöbel umkippte. Der Junge war benommen, aber nicht tot. Er lag mit blutigem Gesicht inmitten des zerbrochenen Geschirrs und weinte.
Im nächsten Moment hatte Vo selbst das Gleichgewicht verloren und fand sich auf dem Boden wieder, begraben unter einer riesigen, blutverschmierten Masse, die ihn angesprungen hatte wie ein wütender Kampfhund. Dorza war nicht so schnell verblutet, wie Vo angenommen hatte, eine Fehleinschätzung, die er jetzt schon bereute. Etwas krachte mit voller Wucht gegen Vos Kopf, ein Hieb, den er nur teilweise mit dem Unterarm ablenken konnte, und dann war das blutige Gesicht direkt über seinem, die hervorquellenden Augen flackernd von letzter Wut und Raserei. Vo drehte sich auf die Seite und schaffte es, eine Hand zu seinem Stiefel zu führen und einen weiteren Dolch hervorzuziehen. Der steckte im nächsten Moment zwischen den Rippen des Kapitäns, und der massige Körper des Mannes zuckte und versteifte sich dann in Vos Umklammerung — so intim wie der Liebesakt, dachte Vo, aber irgendwie weniger widerlich. Als Dorza sich nicht mehr rührte, wälzte Vo den Leichnam von sich und richtete sich auf Er fragte sich, wie er das ganze Blut je wieder aus seinem Wams herausbekommen sollte.
Der Junge war immer noch am Boden, hatte sich aber auf alle viere emporgestemmt. Er wackelte mit dem Kopf wie ein alter Hund, und Blut rann ihm von der Schläfe herab.
»Eines Tages ...«, stieß er hervor, »eines Tages werde ich dich finden ... und töten.«
»Ach ... Nikos, richtig?« Vo wischte seinen Dolch am Hemd des Kapitäns ab, ehe er ihn wieder in den Stiefel steckte, zog dann das andere Messer aus der knorpeligen Kehle des Kapitäns. »Das bezweifele ich. Ich lasse niemals Feinde zurück, daher wird dieser Tag nicht kommen, verstehst du?« Er trat auf den Jungen zu. Ehe dieser sich entziehen konnte, hatte ihn Daikonas Vo an den Haaren gepackt und schlitzte ihm die Kehle auf, wie man ein Schwein schlachtet.
Erst jetzt, als der Junge zuckend in der sich ausbreitenden Blutlache lag, hörte Vo das erstickte Schluchzen der Kinder, die sich unter der Strohmatratze verkrochen hatten. Sie taten ihr Bestes, still zu sein, was ihnen aber — verständlicherweise — nicht gelang. Er wuchtete den schweren Holztisch hoch und warf ihn auf den Strohsack, verteilte dann das Öl aus der Lampe auf Boden und Wänden. Er nahm ein glühendes Holzscheit aus dem Ofen und schleuderte es im Hinausgehen über seine Schulter. Als er die steile Straße hinabwanderte, zügig, aber ohne Hast, waren durch die Fenster des Hauses bereits züngelnde Flammen zu erkennen.
Sie hat also ein Kind bei sich,
dachte er. Einer der Eunuchenknaben war am gleichen Abend aus dem Frauenpalast verschwunden, aber seine Flucht hatte man nur mit dem Tod des verräterischen Begünstigten Luian in Verbindung gebracht, nicht mit dem Mädchen. Vo war wie alle anderen davon ausgegangen, dass der Junge die allgemeine Verwirrung genutzt hatte, um davonzulaufen, und ärgerte sich jetzt über sich selbst, weil er auf eine auf der Hand liegende, aber doch unbegründete Erklärung hereingefallen war.
Nun ja, wenn sie das Kind bei sich hat, macht das die Suche umso einfacher.
Er sah einen zuckend gelben Schein über den Dächern hinter ihm, was bedeutete, dass das Haus des Kapitäns wie Zunder brannte. Schade um die Kinder. Generell hatte er nichts gegen Kinder, aber er wollte keine Zeugen seines Gesprächs mit dem Kapitän.
Ja, das könnte einfacher werden als angenommen, dachte er befriedigt. Hierosol war voll von Mädchen und Frauen, aber wie viele waren mit einem stummen Jungen unterwegs? Es würde nur etwas Zeit und Mühe kosten, die beiden aufzuspüren, und ein bisschen Arbeit hatte Daikonas Vo noch nie gescheut.
12
Zwei Yisti-Dolche
Als Zhafaris, der Abendprinz, zum Manne gereift war, wurde er der Herrscher aller Götter. Er nahm sich viele Ehefrauen, aber am höchsten unter ihnen standen seine Nichten Ugeni und Shusayem, die sich so ähnlich sahen wie ein Tamarindensamen dem anderen. Bald schon trugen beide Zhafaris' Kinder unter dem Herzen. Ugeni aber hatte Angst und versteckte ihre Kinder, sodass niemand von ihnen wusste. Ihre Schwester Shusayem jedoch gebar die Kinder Argal,
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