Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Efiyal und Xergal und bezeichnete sie als Zhafaris' Erben.
    Offenbarung des Nushash,
Erstes Buch
    Erschöpfter, verschwitzter, dreckiger und noch weniger damenhaft als jetzt gerade, dachte Briony, hätte sie wohl kaum sein können.
    Ich wollte doch wie ein Junge behandelt werden, oder?
Im Moment saß sie keuchend auf dem Boden und beobachtete Shaso, der verdünnten Wein aus einem Krug trank. In der Zeit ihrer täglichen Kampfübungen hatte der alte Mann einiges von seiner straffen Muskulatur zurückerlangt. Die Stränge an seinen Unterarmen bewegten sich wie Schlangen, als er den schweren Krug emporstemmte.
Ich wollte mich nie in behindernde Kleider zwängen und mich nie wie eine empfindliche Blume verhätscheln lassen. Tja, jetzt habe ich, was ich wollte.
    Danke, Zoria,
dachte sie fast ohne Ironie.
    »Seid Ihr soweit?«, wollte Shaso wissen. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Nachdem ihn Briony ihr Leben lang nur mit säuberlich gestutztem Haupt- und Barthaar gekannt hatte, ließ er jetzt beides einfach wachsen und erinnerte sie mehr denn je an einen der alten Orakelpriester, die, als Hierosol noch ein kleines Fischerdorf gewesen war, auf Flößen übers Meer gekommen waren und die Tempel der Götter errichtet hatten.
    Sie stemmte sich stöhnend empor. Zweifellos waren die alten Orakelpriester genauso unerbittlich gewesen wie Shaso. Das erklärte vieles. »Ich denke schon.«
    »Ihr habt schon viel gelernt«, sagte er, als sie wieder aufrecht stand. »Aber Holzpflöcke sind in vielem sehr unzulängliche Waffen, und manche Techniken lassen sich nur mit richtigen Klingen erlernen.« Er ging in die Hocke und faltete das Lederbündel auf, dem er die Holzpflöcke entnommen hatte. Darin lagen vier weitere Gegenstände, einzeln in geöltes Leder gewickelt. »Am Tag unserer Ankunft hier«, erklärte Shaso, »habe ich Effir dan-Mozan um die Güte ersucht, mich unter seiner Handelsware ein paar Stücke aussuchen zu lassen. Diese hier waren die besten.« Er öffnete vorsichtig die Hüllen, und zum Vorschein kamen vier Dolche, zwei größere und zwei kleinere. Die größeren hatten ein gekrümmtes Heft, die kleineren so gut wie gar keins. »Sanischer Stahl, von bester Qualität.«
    Ihre Hand hielt auf halbem Weg zu den Dolchen inne. »Sanisch?«
    »Sania ist ein Land im westlichen Xand, dort leben die Yisti-Schmiede, die von den Funderlingen abstammen. Die Waffen, die sie herstellen, sind in ganz Xand begehrt. Allein für diese vier Stücke müsste man die gleiche Summe auf den Tisch legen wie für ein Paar Kriegsrösser.«
    »So viel?«
    »Yisti-Waffen gelten als verzaubert.« Er griff nach einem der größeren Dolche und wog ihn in der Hand, deutete dann auf den schlichten, aber kunstfertig geschmiedeten Griff. »Polierter Schildpatt«, erklärte er. »Für sie ein heiliges Material.«
    »Haben die Dolche wirklich magische Kräfte?«
    Er sah sie belustigt an. »Auch die beste Waffe vermag aus einem Tollpatsch keinen Krieger zu machen, aber ein gutes Stück Stahl wird tun, was es zu tun hat. Wenn es Euch das Leben rettet oder einem anderen das Leben nimmt, ist das doch so viel magische Kraft, wie Ihr Euch nur wünschen könnt, meint Ihr nicht?«
    Briony stockte der Atem. Die poetischen Betrachtungen des sonst so wortkargen Shaso befremdeten sie. Ganz vorsichtig fuhr sie mit dem Zeigefinger über die Klinge eines der kleineren, aber nadelspitzen Dolche. »Wunderschön«, hauchte sie.
    »Und tödlich.« Er nahm einen großen und einen kleinen Dolch heraus und auch die dazugehörigen Scheiden aus hartem, gegerbtem Leder, mit geflochtenen Schnüren, um sie um Hüfte oder Bein zu binden. Er steckte die Waffen in ihre Scheiden und sicherte sie, indem er sie mit den Lederschnüren in ihren Futteralen festzurrte. »Macht das mit Euren auch«, sagte er. »Auf diese Art vermeiden wir, uns beim Trainieren wichtige Körperteile abzuhacken.«
    Sie übten noch mindestens eine Stunde, während die Sonne hinter der Mauer verschwand und kühlender Schatten sich über den Innenhof legte. Briony, die eigentlich geglaubt hatte, ihren Arm kein einziges Mal mehr heben zu können, fand sich durch das aufregende Spiel mit echten Klingen — das Gefühl ihres Gewichts, ihrer Balance, ihrer anderen Form in der Hand — von neuer Energie erfüllt. Sie lernte bald, Shasos Angriffe mit dem Heft ihres großen Dolches abzufangen und ihn dann mit einer kurzen Bewegung aus dem Handgelenk zu entwaffnen — ein Kunststück, das ihr diebische

Weitere Kostenlose Bücher