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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Freude bereitete. Als sie es ein paarmal gemeistert hatte, brachte Shaso ihr als nächstes bei, gleichzeitig mit dem kleineren Dolch unter dem Arm des Gegners hindurch zu attackieren. Es war eine eigenartig intime Nähe, und als die ledergeschützte Klinge gegen Shasos Rippen prallte, zog sie, von einem jähen Übelkeitsgefühl gepackt, die Waffe zurück. Zum ersten Mal begriff sie, dass es der Zweck dieser Übungen war, jemanden zu erdolchen, Fleisch aufzuschlitzen, Augen auszustechen, einem Menschen die Gedärme aus dem Leib quellen zu lassen, während sie ihm ins Gesicht sah.
    Der alte Mann musterte sie eingehend. »Ja, man muß dem anderen sehr nahe kommen, um ihn mit dem Dolch zu töten — fast so nah wie für einen Kuss. Wir nennen das
Umeyana,
den blutigen Kuss. Das erfordert Mut. Wenn Ihr es nicht schafft, einen tödlichen Stich zu setzen, dann wird der Gegner Euren Arm packen und festhalten. Und in den meisten Fällen wird er größer und stärker sein als Ihr.« Er runzelte die Stirn, ging in die Hocke und schlug die Waffen wieder in das geölte Leder ein. »Genug für heute. Ihr habt Euch gut geschlagen, Hoheit.«
    Sie wollte ihm ihre Dolche zurückgeben, aber er schüttelte den Kopf »Es sind Eure, Prinzessin. Ich wünsche, dass Ihr Euch von jetzt an nicht mehr davon trennt. Versucht, eine Möglichkeit zu finden, sie so unter euren Kleidern zu tragen, dass Ihr sie jederzeit ungehindert ziehen könnt. Schon mancher Soldat musste sterben, weil sich sein Messer- oder Schwertgriff im Gürtel verfangen hatte.«
    »Sie ... sie gehören mir?«
    Er nickte. Seine Augen waren klar und kalt. »Die Verantwortung für die eigene Sicherheit ist kein Geschenk«, erklärte er. »Es ist viel bequemer, ein Kind zu bleiben und diese Bürde jemand anderem zu überlassen. Aber Ihr, Briony Eddon, genießt diesen Luxus nicht mehr. Ihr habt ihn zusammen mit Eurer Burg verloren.«
    Das saß. Einen Moment überlegte sie, ob er vielleicht mit Absicht so gemein war, ob er sie noch weiter demütigen wollte, um sie leichter formen zu können. Aber dann merkte sie, dass ihm jedes Wort ernst war. Sie, Briony, eine Prinzessin von königlichem Geblüt, war es gewohnt, Geschenke von Menschen zu erhalten, die sich dadurch hervortun, empfehlen und am Ende unentbehrlich machen wollten. Shaso schenkte ihr das einzige, woran er wirklich glaubte: etwas, das sie in die Lage versetzen würde, ohne seine Hilfe zu überleben.
    »Danke«, sagte sie.
    »Geht jetzt und esst etwas.« Er mied jetzt plötzlich ihren Blick. »Es war ein anstrengender Tag.«
    Seltsamer, sturer, brummiger alter Mann! Die einzige Art, wie er mir seine Liebe zeigen kann, ist, mir das Töten beizubringen.
    Der Gedanke überraschte sie selbst, und sie sah dem Tuani nach.
Es ist Liebe,
dachte sie.
Es muss Liebe sein. Und das nach allem, was wir ihm angetan haben.
    Sie saß noch eine ganze Weile allein in der Dämmerung und dachte nach.
     
    »Wie gut kennt Ihr den Edlen Shaso?«, fragte sie Idite. Wenn es sie auch zunächst geärgert hatte, nicht mit den Männern des Hauses essen zu dürfen, so genoss sie doch inzwischen die ruhigen Abende mit den Bewohnerinnen des
Hadar.
Sie konnte die Sprache der Frauen immer noch nicht und bezweifelte, dass sie sie je lernen würde, aber Idite und einige andere vermochten sich, nachdem sie ihre anfängliche Schüchternheit überwunden hatten, durchaus auf Markenländisch mit ihr zu unterhalten.
    »Oh, überhaupt nicht, Briony-
zisaya
.« Aus Idites Mund hatten ihr Name und die ehrenvolle Anrede einen seltsamen Rhythmus, la-la-la, la-la-la. »Ich bin ihm nie begegnet, bevor Ihr vor zwölf Nächten an unsere Tür geklopft habt.«
    »Aber Ihr sprecht von ihm, als würdet Ihr ihn schon Euer Leben lang kennen.«
    »In gewisser Weise stimmt das auch.« Idite schürzte leicht die Lippen, während sie überlegte. Eine der jungen Frauen wisperte den anderen die Übersetzung zu. »Es gibt kaum einen berühmteren Mann als ihn, abgesehen von seinem Cousin, dem Großen Tuan. Ich meine natürlich den alten Großen Tuan. Wo sein ältester Sohn, der Neue Tuan, lebt, weiß niemand. Er konnte fliehen, bevor die Armeen des Autarchen Nyoru erreichten. Manche behaupten, er versteckt sich in der Wüste und wartet auf eine günstige Gelegenheit, zurückzukehren und das Land aus dem grausamen Würgegriff des Autarchen zu befreien. Aber da wartet er jetzt schon ziemlich lange.« Sie lachte gezwungen. »Doch ich plappere und plappere wie ein Ibis, ohne wirklich etwas

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