Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
helfen.
Nathan saß einen Moment lang ruhig da und beobachtete, wie unter der Hochbahn Menschen in Wagen fuhren, die von merkwürdigen, wie riesige Meerschweinchen aussehenden Tieren gezogen wurden.
»Warum gibt es hier noch Straßen?«
Wege und Pfade sind schon immer wichtig für die Menschheit gewesen. Seine Mom zeigte mit der Hand auf das Stadtbild unter ihnen. Die Menschen reisen nun einmal von einem Ort zum anderen. Wege und Pfade weisen ihnen dabei die Richtung. Auch die meisten Flüsse findest du in den Frequenzen wieder.
»Weil die Menschen sich auf ihnen auch fortbewegt haben?«, vermutete Nathan.
Genau. Und weil Flüsse wie Lebewesen sind, immer in Bewegung, von einem Ort zum anderen.
»Wie die Verlorenen Seelen?«
Ja. Nur diejenigen, denen du jetzt helfen sollst, sind an irgendeiner Stelle hängen geblieben. Du musst ihnen einen kleinen Schubs versetzen oder einen Stoß.
»Oder einen leichten Tritt?«
Seine Mutter lachte. Vielleicht. Ich will nicht leugnen, dass sie dich viel leicht manchmal bekämpfen werden. Aber John will deine Hilfe. Er wird dir zuhören, aber dir auch manches beibringen.
Nathan schwieg eine Weile. Er dachte darüber nach, wie er seine nächste Frage formulieren sollte. »Was ist eigentlich damals in Palenque passiert?«
Du meinst, wie ich gestorben bin?
»Ja.«
Jetzt schwieg seine Mutter. Ich habe bei jeder Ausgrabung Tagebuch geführt. Bevor ich deine Frage beantworte, möchte ich, dass du das Tagebuch von Palenque liest. Fang damit an und wenn du weitere Fragen hast, dann werde ich sie dir, wenn es mir möglich ist, beantworten.
Sie schien ihre düstere Stimmung abgeschüttelt zu haben. In der Zwischenzeit haben wir eine Menge Arbeit vor uns, junger Mann.
Nathan grinste. Er wandte den Kopf und lauschte. »Jetzt kann ich sie hören.«
Was kannst du hören?
» Die Frequenzen. Jede klingt anders, wie einzelne individuelle Noten. Einige sind näher, andere weiter entfernt von uns. Manche klingen kräftiger, andere matter. Ich kann sie alle hören.«
Weißt du, welche Frequenz zu welchem Ton gehört?
»Noch nicht. Aber das werde ich wissen, sobald ich sie bereise.«
23
»I ch werde Zeit brauchen, um sie auseinanderhalten zu können, denn es klingt so, als gäbe es viele. Aber nach einiger Zeit wird es bestimmt so sein wie mit den Klingeltönen auf meinem Handy – es ist leichter, sie sich zu merken, als sie sich vorzustellen.«
Einen Moment lang dachte er nach.
»Die Frequenzen müssen nach einer ganz bestimmten Logik strukturiert sein, und Logik hat mit Mathematik zu tun. Phytagoras entdeckte, dass Musik auf Mathematik basiert. Vielleicht ist ja die Logik der Frequenzen demnach eine musikalische – zumindest für mich.«
Phytagoras?
» Ja, dieser griechische Philosoph…« Nathan unterbrach sich mitten im Satz und sah seine Mutter argwöhnisch an. »Den kennst du doch.«
Natürlich kenne ich Phytagoras. Ich bin nur erfreut, dass du ihn kennst. Sie streckte die Hand aus, um ihm übers Haar zu streichen, aber sie hatte bereits angefangen zu verblassen und konnte nur noch wenige Strähnen zerzausen. Wenn du dich in der Schule etwas mehr anstrengen würdest, wären deine Lehrer auch stolz auf dich.
» Ich hab jetzt keinen Bock auf diese Diskussion. Wir sind doch gerade so gut klargekommen.«
Wir kommen auch immer noch gut klar. Ich möchte dir ja nur verdeutlichen, dass du schon alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die du benötigst, um das Spiel zu lernen, und dass ich für dich da bin, wenn du meine Hilfe brauchst und ich es möglich machen kann. Sie wollte ihre Hand auf Nathans Schulter legen, aber sie glitt einfach durch ihn durch. Ich will dich nur daran erinnern, dass du nicht allein bist, Nathan.
Aus irgendeinem dummen Grund wäre Nathan jetzt beinahe in Tränen ausgebrochen. Er drehte sich zur Seite, um sie zurückzuhalten.
Ich muss jetzt gehen. Seine Mom versuchte, ihm über die Wange zu streichen. Ich kann noch mehr für dich tun, Nathan, allerdings nicht hier, an diesem Ort. Du solltest ohnehin nach Hause gehen. Du hast doch morgen Schule.
»Ja, aber die Zeit verstreicht in den Frequenzen anders als zu Hause. Hier kann ich bleiben, so lange ich will.«
Trotzdem musst du schlafen.
»Ich brauche nicht viel Schlaf.«
Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. Versprich mir, dass du jetzt zurück nach Hause gehst und dich nicht länger hier herumtreibst. Je undeutlicher das Bild seiner Mutter wurde, umso mehr schien es zu flirren.
»Warum gehst
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