Das Spiel der Dämonen! (German Edition)
hier eingesperrt?“
„Ich weiß es nicht. Hier wirkt ein Tag wie der andere. Man hört irgendwann auf zu zählen.“
Serafina musterte den Mann, der ihr das Leben gerettet hatte. Andre von Togan, der eigentlich Herrscher über Marduk sein sollte, sah schlecht aus. Seine Haut wirkte fahl, er sah fast wie ein Toter aus, wie ein Mensch, der nie ans Licht und an die Sonne kam. Er konnte ebenso gut dreißig wie fünfzig Jahre alt sein. Sein Gesicht war von dichtem, blondem Bartwuchs umrahmt. Seine langen Haare waren filzig und ungepflegt.
„Mir kommt es vor, als würde ich schon hundert Jahre hier leben“, sagte der Prinz mit trauriger Stimme.
„Wer sind Sie. Warum wurden Sie hier eingesperrt?“
„Ich heiße Serafina Diaz und mich ereilte das gleiche Schicksal wie Ihnen. Graf Ragnar wollte mich wohl loswerden.“
„Warum?“
Serafina erzählte in kurzen Worten von der Entführung, dem Professor und dem Virus.
„Ihnen ist hoffentlich klar, dass er Sie nicht am Leben lassen kann! Sie wissen zu viel“, meinte Andre von Togan, nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte.
„Das nehme ich auch, aber warum hat er mich hier eingesperrt und nicht gleich getötet?“
„Mein Schwager meint sicher, dass uns bereits die Ratten gefressen haben“, erwiderte Andre. „Sie hatten Glück, dass Sie schnell genug auf die Beine kamen um wegzulaufen. Wenn Sie gefallen wären, hätten Sie keine Chance gehabt. Es sind einfach zu viele. Wenn schon mehr Ratten dagewesen wären, hätte keine Möglichkeit mehr bestanden, Sie noch in Sicherheit zu bringen. Darf ich Serafina zu Ihnen sagen?“
„Ja, sehr gerne“, antwortete sie lächelnd.
„Nennen Sie mich einfach Andre, ja?“
Sie nickte. „Wie konntest du den Ratten entkommen, Andre?“
„Der Graf ließ mich betäuben, bevor er mich in dieses Verlies warf. Aber bei mir muss das Mittel nicht stark genug gewirkt haben. Ich wurde zu früh wach und das rettete mir das Leben. Ich konnte mich aus dem Staub machen, bevor die Ratten aus den Löchern krochen und mich witterten. Bei der Suche nach einem Ausweg stieß ich auf diese Höhle. Hier brachte ich mich vor den Ratten, die inzwischen auf mich aufmerksam geworden waren, in Sicherheit. Von dieser Stunde an war mir auch klar, dass ich dieses Verlies nicht mehr lebend verlassen würde. Der Mistkerl Ragnar will meinen Tod und die Ratten sind seine Vollstrecker. Die Viecher belauern mich und warten darauf, mich zu erwischen.“
„Glaubst du, dass die Soldaten wissen, dass du noch lebst?“
„Das ist anzunehmen. Aber man unternimmt nichts. Irgendwann, so denkt man sich wohl, werden die Ratten doch noch siegen. An dieser Theorie scheint etwas Wahres zu sein. Während der letzten Tage haben die Nager immer wieder Angriffe auf den Eingang unternommen. Einmal werden sie sicher Erfolg haben.“
Er schwieg und wandte den Kopf in Richtung des massiven Felsbrockens, den er vorhin vor den Eingang geschoben hatte. Dahinter machten sich die ganze Zeit über schon die Bewohner dieses Labyrinthes, die großen, unheimlichen Ratten bemerkbar.
Serafina schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich ab.
„Du brauchst keine Angst zu haben“, tröstete der Prinz sie. „Bisher ist immer alles gut gegangen.“
Er näherte sich dem Eingang und stemmte sich mit seiner ganzen Kraft dagegen.
„Sie schaffen es nicht. Noch nicht“, murmelte er. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Er fühlte sich nicht ganz sicher. Trotz seiner schwierigen Gefangenschaft wollte er nicht sterben. Hoffte er, doch noch einmal die Herrschaft über Marduk zu erhalten?
„Hast du dieses Verlies komplett abgesucht?“, fragte Serafina.
„Ja, ich habe aber nichts gefunden. Es gibt eine ganze Menge kleiner Löcher und Spalten in der Decke und den Wänden“, antwortete Andre. „Das Innere des Tafelberges ist komplett durchlöchert. Es kommt Luft und Regen von draußen herein. Aber die Öffnungen sind nicht einmal für die Ratten groß genug.“
„Eine Rettung müsste also von außerhalb kommen, nicht wahr?“
„Ja. Aber damit ist wohl nicht zu rechnen.“
Serafina konnte sich nicht vorstellen, hier einige Wochen zu verbringen.
Erst recht nicht, den Rest ihres Lebens!
„Andre?“, fragte sie leise und lauschte ihrer eigenen Stimme.
„Ich bin da“, antwortete der Prinz.
Serafina biss sich auf die Lippen. Angst befiel sie wieder. Sie fühlte sich allein. Aber sie war nicht allein. Es tat gut zu wissen, dass noch jemand da war. Die Nähe des Prinzen empfand
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