Das Spiel der Dämonen! (German Edition)
während das Paar Angriff und Rückzug demonstrierte.
„Ich bräuchte so ein Schwert, wenn mal wieder ein Junge aus der Schule mich mit einem blöden Spruch anbaggert.“
„Das ist kein Schwert, sondern ein Florett“, erwiderte Laura. „Wenn du schon einen Jungen durchbohren möchtest, solltest du wenigstens die richtige Bezeichnung dafür wissen.“
„Stimmt. Ich werde sagen: Hey du Vollpfosten, spar dir deine schwachen Sprüche und, oh, übrigens... en guarde!“
Vanessa sprang auf und schwang ein imaginäres Florett über ihrem Kopf.
„Perfektes Timing“, rief Claudia Mertens, während sie auf Vanessa zukam. „Ich wollte gerade einen Freiwilligen für die nächste Demonstration suchen.“
„Aber ich...“, stotterte Vanessa.
„Komm doch runter zu uns“, rief die Frau und winkte Vanessa lächelnd zu sich.
„Nein, nein, warten Sie“, sagte Vanessa hastig, „Sie haben den Falschen erwischt. Ich bringe es glatt fertig und durchbohre meinen eigenen Fuß.“
Claudia Mertens lachte und ließ dann ihren Blick suchend über die Zuschauer schweifen. „Okay, ich brauche jemanden, der über eine gute Körperbeherrschung verfügt, aber noch nie eine Florettausbildung genossen hat.“
„Hier! Hier ist sie“, rief Vanessa und zerrte Laura am Arm hoch.
Laura riss sich aus ihrem Arm los. „Spinnst du völlig“, fauchte sie.
„Nun mach schon, Laura“, sagte Vanessa und schubste sie nach vorne. „Du kannst das.“
Widerstrebend kletterte Laura von der Tribüne und ging in die Mitte der Halle. Eine der Fechterinnen legte ihre Ausrüstung ab, um sie Laura zu leihen.
„Einen kleinen Applaus für unsere Freiwillige“, rief Claudia Mertens.
Die Zuschauer klatschten freundlich. Laura hakte die Weste zu und setzte die Maske auf. Dann schlüpfte sie in die dick gepolsterten Handschuhe und wog das Florett in der Hand.
„Mit dieser kleinen Übung wollen wir demonstrieren, wie zwei Fechter, die sich niemals zuvor gegenübergestanden haben, lernen, sich aufeinander einzustellen und die Bewegungen des Gegners richtig zu deuten“, erklärte Claudia Mertens und drehte sich dann zum Ende der Halle um, wo der Rest des Fechtteams wartete.
„Kann einer von euch bitte vortreten?“, fragte sie.
Einer aus der Fechtgruppe kam nach vorne.
Die Metalllasche, die die Fechtmaske hielt, drückte unangenehm auf Lauras Hinterkopf. Sie rückte die Maske zurecht, damit sie bequemer saß. Das Gute an dem dicken Drahtgeflecht war, dass es ihr Gesicht vollkommen verbarg und sie sich nicht so den Blicken der Zuschauer ausgesetzt fühlte.
„Mit jemandem zu fechten ist ähnlich, als tanzte man mit ihm“, erklärte Claudia Mertens dem Publikum. „Mit dem Unterschied, dass in einem echten Duell das Leben eines Menschen davon abhängt, wie gut er oder sie führt und folgt.“
Sie stand zwischen Laura und dem anderen Fechter wie ein Schiedsrichter in einem Preiswettkampf.
„Und jetzt“, fuhr sie fort, „möchte ich, dass ihr mit folgender Übung beginnt.“
Während sie die ersten Bewegungen beschrieb, beobachtete Laura den anderen Fechter. Ihre Nervosität verschwand, als sie sich auf ihren Gegner konzentrierte.
„In Ordnung“, sagte Claudia Mertens und trat zurück. „Bitte fangt an.“
Laura beugte ihr Knie, wie sie es bei vielen Fernsehübertragungen beobachtet hatte, richtete ihren Oberkörper auf, hob den linken Arm und sprang leichtfüßig vor. Sie umkreiste ihren Gegner, hielt ihn dabei auf Distanz, während sie sorgfältig seine Bewegungen, seine Aggressivität und seine Persönlichkeit zu taxieren versuchte. Sie beschrieb kleine Kreise und testete den Rhythmus ihres Gegners.
Sie bewegten sich wie Tänzer, die zusammen über das Parkett schweben, während jeder darauf wartet, dass der andere die Führung übernimmt.
Jetzt! dachte Laura.
„Oooooooh!“, riefen die Zuschauer, als Laura parierte und vorstieß. Ihr Gegner zuckte nicht mit der Wimper. Ein „Aaaaah!“ ging durch die Menge, als er elegant und blitzschnell auf Lauras Angriff reagierte. Laura wich ihm geschickt aus. Er ist gut, dachte sie. Das könnte schwierig werden.
Sie vergaß alles um sich herum, während sie sich auf die Bewegungen ihres Gegners konzentrierte. Sie hielt das Heft fest in der Hand, spürte, wie das Florett zu einer Verlängerung ihres Armes wurde.
Er griff an, sprang zurück. Dann griff sie an und er wich zur Seite aus. Aktion und Reaktion. Geben und Nehmen. Sie fühlte eine magische Chemie, der Funke sprang über.
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