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Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Titel: Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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unschuldig zu bleiben.
    Der Vermummte hatte Schnabel das Blut an seinen Händen nicht übelgenommen. Allerdings hatte er Schnabels Mutter und Vater ihre herzlosen Taten sehr übelgenommen.
    Nur wenige Priester der Sterblichen verstanden die Notwendigkeit der Wiedergutmachung, obwohl sie in ihren Predigten über die Schuld sehr oft von der Idee als solcher faselten - natürlich immer mit den darin eingewobenen Erpressungen, die letztlich nur die Schatztruhen der Tempel schwellen ließen.
    Wiedergutmachung war folglich eine Forderung, die nicht einmal ein Gott ablehnen konnte. Und so war es mit dem Mann namens Schnabel gewesen.
    Und so war es jetzt mit demjenigen namens Toc der Jüngere.
    »Wach auf«, sagte der Vermummte. »Steh auf.«
    Und mit einem langen Seufzer tat Toc der Jüngere, was der Vermummte ihm befahl.
    Er stand, taumelte, blinzelte zu dem Tor hinüber, das auf sie beide wartete. »Verdammt«, murmelte Toc, »aber das ist ja mal ein wirklich schlechter Witz von einem Tor.«
    »Die Toten sehen, wie sie sehen, Toc der Jüngere. Vor nicht allzu langer Zeit hat es vor Reinheit noch weiß geschimmert.«
    »Also die arme, irregeleitete Seele tut mir wirklich leid.«
    »Natürlich tut sie das. Komm. Geh mit mir.« Sie setzten sich auf das Tor zu in Bewegung. »Machst du das für jede Seele?«
    »Nein.«
    »Oh.« Und dann blieb Toc stehen - oder versuchte zumindest stehenzubleiben, denn seine Beine stapften weiter -, »Warte mal einen Moment, meine Seele wurde den Wölfen versprochen …«
    »Zu spät. Deine Seele wurde mir versprochen, Toc der Jüngere. Vor langer Zeit.«
    »Tatsächlich? Welcher Idiot war das denn?«
    »Dein Vater«, antwortete der Vermummte. »Der im Gegensatz zu Dassem Ultor loyal geblieben ist.«
    »Und belohnt hast du ihn damit, dass du ihn getötet hast? Du Dreckstück aus Schweinesch…«
    »Du wirst auf ihn warten, Toc der Jüngere.«
    »Er lebt noch?«
    »Der Tod lügt nie.«
    Toc der Jüngere versuchte noch einmal stehenzubleiben. »Vermummter - bitte, ich habe eine Frage.«
    Der Gott blieb stehen, sah auf den Sterblichen hinunter.
    »Vermummter, warum habe ich immer noch nur ein Auge?«
    Der Gott des Todes, der Schnitter der Seelen, antwortete nicht. Er hatte sich das auch schon gefragt.
    Verdammte Wölfe.

Kapitel elf
     
    Ich habe das Gesicht der Trauer gesehen
    Sie wendet den Blick ab und sieht in die Ferne
    Über all diese Brücken
    Über die ich gekommen bin
    Und jene Bogen, gebunden und geschwungen
    Halten unsere Leben, wenn wir wieder zurückgehen
    Wie wir damals dachten
    Wie wir dachten, dass wir damals gedacht haben
    Ich habe des Gesicht der Trauer gesehen
    Aber es ist stets abgewandt
    Und ihre Worte lassen mich blind zurück
    Ihre Augen machen mich stumm
    Ich verstehe nicht, was sie zu mir sagt
    Ich weiß nicht, ob ich gehorchen soll
    Oder in Tränen ausbrechen
    Ich habe ihr Gesicht gesehen
    Sie spricht nicht
    Sie weint nicht
    Sie kennt mich nicht
    Denn ich bin ein Stein an seinem Platz
    Auf der Brücke, über die sie geht
    Ballade der Brückenverbrenner
    Toc der Jüngere
     
    E inst, vor langer Zeit, hatte Onrack der Zerbrochene ein Verbrechen begangen. Er hatte das Ebenbild einer Frau auf die Wand einer Höhle gemalt und so seine Liebe zu ihr bekundet. Seine Hände, seine Augen hatten über eine so große Begabung verfügt, dass er zwei Seelen in jenen Stein gebunden hatte. Seine eigene … das war sein Recht, seine Entscheidung. Aber die andere Seele, oh, was für eine selbstsüchtige Tat, was für ein grausamer Diebstahl …
    Und jetzt stand er vor einer anderen Felswand, in einer anderen Höhle, und betrachtete die Malereien von Tieren, deren wirklichkeitsgetreue Darstellung bis hin zu den Muskelsträngen, den angedeuteten Bewegungen von der Exaktheit eines Genies kündete. Und inmitten der großartigen Kreaturen der Welt da draußen fanden sich unbeholfene Strichzeichnungen der Imass, die in der schlechten Nachahmung eines Tanzes umherhüpften. Leblos, wie es das Gesetz verlangte. Er stand da, immer noch der Zerbrochene, immer noch derjenige, der einer Frau das Leben gestohlen hatte.
    Vor langer Zeit, in seiner Gefangenschaft, war jemand in der Dunkelheit zu ihm gekommen, mit sanften Händen und nachgiebigem Fleisch. Er hatte so sehr glauben wollen, dass sie es gewesen war, diejenige, deren Seele er gestohlen hatte. Aber über dieses Wissen verfügte er jetzt nicht mehr; so sehr hatte sich die Erinnerung verwirrt, so sehr hatte all das, was sein Herz glauben wollte,

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