Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
niemand hinter seine Schuppenmaske schauen, aber er war neben dem Leichnam seines Verwandten, seines Ratgebers nicht auf die Knie gefallen. Er hatte nur reglos dagestanden, die Peitschenschnur der Cadaran überkreuz um den Oberkörper geschlungen, die Rygtha-Axt locker in der linken Hand.
Hunde heulten, aufgeschreckt vom Gejammer der Klageweiber, und an den Flanken der Hänge im Süden gerieten die Rodara-Herden unruhig in Bewegung.
Dann hatte Rotmaske sich abgewandt. Seine Offiziere mit den kupferfarbenen Masken, darunter auch Masarch, folgten ihm dichtauf, und ein paar Schritte dahinter Toc Anaster.
»Wir sind genug geflohen«, sagte Rotmaske. »Heute werden wir noch mehr Letherii-Blut vergießen.«
Das waren die Worte, auf die die Ahl-Krieger gewartet hatten. Ihre Loyalität stand nicht in Frage, nicht nach Bast Fulmar, aber sie waren jung, und sie hatten Blut geleckt. Sie wollten es wieder schmecken. Die komplizierte Hasenjagd, die sie den Letherii geboten hatten, hatte zu lange gedauert. Selbst die klugen Überfälle auf die feindlichen Vorreiter und Kundschafter waren nicht genug gewesen. Der kurvenreiche, chaotische Marsch hatte sich zu sehr nach Flucht angefühlt.
Jetzt waren die Krieger nördlich des Lagers versammelt, während die Kühle der Morgendämmerung noch in der Luft hing; die Hundeführer und ihre Helfer hielten die schnappenden, unruhigen Tiere an der kurzen Leine und positionierten ihre Schützlinge leicht nach Osten versetzt. Pferde stampften auf dem taufeuchten Boden, Clanwimpel wogten wie große Schilfhalme hin und her. Kundschafter und berittene Bogenschützen wurden losgeschickt, um Fühlung mit den letheriischen Vorreitern aufzunehmen und sie zurück in ihr Nest zu treiben. Dies würde dafür sorgen, dass die Letherii so lange wie möglich nicht wissen würden, wie Rotmaske seine Streitmacht einzusetzen gedachte.
Wenige Augenblicke bevor die Armee loszog, kam Schwall an Tocs Seite. Der Krieger machte ein finsteres Gesicht, wie an den meisten Morgenden - und an den Nachmittagen und Abenden -, wenn er vergessen hatte, seine Maske aufzutragen. Er hatte seit einiger Zeit von der Farbe einen fleckigen Ausschlag auf den Wangen, dem Kinn und der Stirn, und seither »vergaß« er sie immer öfter - und Toc begegnete seinem streitlustigen Gesichtsausdruck mit einem heiteren Lächeln.
»Heute werden die Schwerter gezogen, Schwall.«
»Hat Rotmaske dir erlaubt, in die Schlacht zu reiten?«
Toc zuckte die Schultern. »Er hat nichts dazu gesagt, und ich nehme an, das ist Erlaubnis genug.«
»Ist es nicht.« Schwall zog sein Reittier herum, um sich dorthin zu begeben, wo Rotmaske hinter der unordentlichen Linie aufbruchsbereiter Reiter auf seinem letheriischen Pferd saß.
Toc lehnte sich in dem merkwürdig kastenförmigen Ahl-Sattel zurück und untersuchte noch einmal seinen Bogen, dann die Pfeile in dem Köcher, den er sich an den rechten Oberschenkel geschnallt hatte. Er wollte nicht unbedingt kämpfen, aber zumindest würde er bereit sein, sich zu verteidigen, sollte das notwendig werden. Schlechte Vorzeichen. Offensichtlich stand Rotmaske solchen Vorstellungen gleichgültig gegenüber. Toc kratzte sich an dem schrecklichen Narbengewebe, das seine leere Augenhöhle umgab. Ich vermisse das Auge, dieses Geschenk von Hoch Denul in einer Zeit, die nun schon Jahrhunderte zurückzuliegen scheint. Bei den Göttern, es hat mich wieder zu einem richtigen Bogenschützen gemacht - in diesen Tagen bin ich verdammt nahe dran, vollkommen nutzlos zu sein. Schnell und ungenau, das ist Toc der Pechvogel.
Würde Rotmaske ihm verbieten, an diesem Tag mitzureiten? Toc glaubte es nicht. Er konnte sehen, wie Schwall Worte mit dem Kriegsführer wechselte; das Pferd des unmaskierten Kriegers tänzelte seitwärts und warf den Kopf hoch. Faszinierend, wie ein Tier sich an seinen Herrn angleicht. Man stelle sich all die einäugigen Hunde vor, die ich hätte haben können. Nun riss Schwall sein Pferd herum und kam zurück zu Toc galoppiert.
Sein Gesicht war noch finsterer. Toc lächelte erneut. »Heute werden die Schwerter gezogen, Schwall.«
»Das hast du schon einmal gesagt.«
»Ich dachte, wir fangen nochmal von vorne an.«
»Er will nicht, dass du in Gefahr gerätst.«
»Aber ich kann trotzdem mit der Armee reiten.«
»Ich traue dir nicht, also komm nicht auf die Idee, dass du irgendetwas tun könntest, das nicht gesehen wird.«
»Ich glaube, in dem Satz gibt es zu viele >nicht<, Schwall. Aber ich habe
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