Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
einen Fuß auf eine Speiche des Hinterrads und zog sich hoch. Hielt dann inne und betrachtete stirnrunzelnd die reglose Gestalt von Clip. »Ist er krank?«, fragte er Desra. »Seid ihr von der Pest befallen? Nein, das nicht – eure Art erliegt solchen Dingen nur selten. Hör auf, mich anzustarren, Kind, und sag mir, was mit dem hier nicht stimmt.«
»Das geht dich nichts an«, schnappte sie. Nimander hatte gewusst, wie sie reagieren würde. »Wenn du dich schon hier reindrängeln willst, dann setz dich da hin, damit er ein bisschen Schatten bekommt.«
Schmale Brauen hoben sich, dann flackerte ein leichtes Lächeln über die vertrockneten, aufgesprungenen Lippen des Mannes. Und ohne ein weiteres Wort begab er sich an die Stelle, auf die Desra gezeigt hatte, und setzte sich hin, streckte die Beine aus. »Ein bisschen Wasser, Schätzchen, wenn ich bitten darf.«
Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, zog dann eine Wasserhaut hervor und schob sie ihm hin. »Da drin ist kein Wasser«, sagte sie mit einem süßen Lächeln. »Es wird Kelyk genannt. Ein einheimisches Gebräu. Sehr beliebt.«
Nimander saß reglos im Sattel und sah zu. Er stellte fest, dass Skintick und Nenanda das Gleiche taten.
Bei Desras Worten verzog der alte Mann das Gesicht. »Ich hätte lieber Wasser«, sagte er, griff aber dennoch nach der Haut. Zog den Stöpsel heraus und schnüffelte.
Und zuckte zurück. »Beim Staub des Imperiums!«, sagte er knurrend. Er stöpselte die Haut wieder zu und warf sie in den hinteren Teil des Wagens. »Wenn du mir kein Wasser geben willst, dann ist’s auch egal, Miststück. Das mit deiner mangelnden Gastfreundschaft können wir später noch regeln.«
»Desra«, sagte Nimander, während er nach den Zügeln griff, »gib dem Mann etwas Wasser.«
»Nachdem er mich Miststück genannt hat?«
»Nachdem du versucht hast, ihn mit Kelyk zu vergiften, ja.«
Sie setzten sich in Bewegung, weiter nach Westen. Noch zwei Tage, hatte der letzte Händler gesagt, an dem sie am Morgen vorbeigekommen waren. An Sarn und dem kleineren See vorbei. Nach Bastion, der Stadt am Binnenmeer, einem Meer, das so salzhaltig war, dass kein Seemann oder Fischer darin ertrinken konnte, und in dem es keine Fische gab – abgesehen von einem riesigen Aal mit den Fängen eines Wolfs. Vor einer Generation war noch kein Salz da gewesen, aber die Welt ändert sich. Amen.
Der Elende Tempel von Saemenkelyk erwartete sie in Bastion.
Zwei Tage also noch, dann würden sie dem Sterbenden Gott begegnen. Und ihm auf die eine oder andere Weise Clips Seele entreißen. Nimander glaubte nicht, dass die Priester das so einfach zulassen würden.
Er lenkte sein Reittier an die Seite des Wagens und wandte sich an den alten Mann. »Wenn Ihr nach Bastion geht, wollt Ihr vielleicht noch einmal darüber nachdenken, ob Ihr bei uns bleiben wollt.«
»Und warum sollte ich das wollen.« Die Worte klangen nicht sonderlich fragend.
»Ich glaube nicht, dass ich das angemessen erklären kann«, antwortete Nimander. »Ihr werdet mich einfach beim Wort nehmen müssen.«
Stattdessen nahm der alte Mann seine Waffe ab und legte sie zwischen sich und Clip, verschränkte dann die langfingrigen Hände hinter dem Kopf und lehnte sich zurück, schloss die Augen. »Weckt mich, wenn’s Essen gibt«, sagte er.
Das abgenutzte Heft und der schartige Knauf des Breitschwerts, die breite Parierstange und die von Schrammen übersäte hölzerne Scheide zogen Nimanders Aufmerksamkeit auf sich. Er kann immer noch mit der verdammten Waffe umgehen, so alt er auch sein mag.
Grimmige Legenden, das Getöse sich bekriegender Götter, ja, dieser hagere Krieger gehörte zu solchen Dingen.
Er griff wieder nach seinen Zügeln. »Wie Ihr wollt, Fremder.« Während er die Stute in Trab setzte, schaute er auf und begegnete Skinticks Blick. Und sah darin nichts von der üblichen spöttischen Freude. Nein, Skintick war blass, verstört.
Schon klar, es gab schließlich auch nicht viel zu lachen, oder?
Meine unglücklichen Verwandten.
Dann also weiter, nach Bastion.
Eine Reihe von Absätzen führte wie große Stufen zum Talgrund hinunter; jeder stand für eine Zeit, als der Fluss noch breiter gewesen war, als seine wild strudelnden, kalten Wassermassen von sterbenden Gletschern und Schmelzwasserseen gespeist worden waren. Jetzt wand sich am Talgrund eine schmale, von Pappeln gesäumte Rinne. Reisender stand auf der obersten Stufe und schaute auf die nächste hinunter, auf der sich ein halbes
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