Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
schnelle Trippelschritte. Sie war jetzt ganz nah, nah genug, um vor dem stinkenden Atem zurückzuzucken.
»Zwei Räte, dass sie tot umfällt.«
»Etwas genauer – sie wird ganz gewiss eines Tages tot umfallen, oder?«
»Bei den Göttern hienieden!«
Die Ratte hielt Kurs, schob sich noch ein winziges bisschen näher. Dann nahm sie sich zusammen, reckte den Hals und fing an, mit ihrer winzigen, vor und zurück zuckenden Zunge von der Pfütze aus Sabber zu trinken.
»Das habe ich mir gedacht, dass sie das tun wird«, sagte Süßeste Duldung.
»Lügnerin.«
»Tja, und jetzt wird er wohl niemals mehr aufwachen«, sagte Reccanto, »und ich werde hier drinnen verdursten.«
Die Tür zum Klo schwang knarrend auf, und Meister Bezwang kam herausgestolpert; er wirkte überhaupt nicht erfrischt. Er kam zum Tisch gehumpelt. »Die Papaya sitzt fest – ich brauche einen Heiler …«
»Oder einen Obsthändler«, sagte Matt. »Hört zu, es könnte sein, dass wir einen neuen Kontrakt bekommen haben.«
Bezwangs Augen quollen etwas vor, dann wirbelte er herum und stolperte zurück ins Klo.
»Jetzt schau dir an, was du getan hast!«, schnappte Reccanto.
»Es ist nicht meine Papaya, oder?«
So früh am Morgen waren die Straßen von Darujhistan – abgesehen von denen, auf denen Märkte stattfanden – gespenstisch, mit Abfällen übersät und doch irgendwie magisch. Goldene Sonnenstrahlen strichen mit der Hand eines einfühlsamen Künstlers über alle Oberflächen. Die dünnen Nebelschwaden, die während der Nacht vom See herangetrieben waren, zogen sich jetzt zurück, und die Luft fühlte sich frisch an. In den ärmeren Vierteln öffneten sich die Läden in den oberen Stockwerken, und nur einen Augenblick später regnete der Inhalt der Nachttöpfe herab, prasselte auf das Pflaster der Gassen und all die unglücklichen Einwohner, die immer noch betrunken darin herumlagen, und unverzüglich kamen Ratten und ähnliches Getier herausgekrochen, um die frischen Gaben zu kosten.
Der traurige Hohepriester führte Mappo Runt aus dem Tempelviertel heraus und hinunter ins Seeuferviertel, hielt sich dabei ein Stück am Wall der Zweiten Stufe, bis er durch ihn hindurch und weiter in Richtung Gadrobiviertel ging – im Wesentlichen führte er den Trell auf dem gleichen Weg zurück, auf dem jener letzte Nacht gekommen war. Während sie dahinschritten, erwachte rings um sie die Stadt, rieb sich den Schlaf aus den Augen und begaffte den watschelnden Priester und seinen riesigen, barbarischen Begleiter.
Sie kamem schließlich zu einer schmalen, abschüssigen Straße, in der eine riesige verzierte Kutsche stand; Mappo wusste, dass er so eine Kutsche schon einmal gesehen hatte, doch im Moment konnte er sich nicht erinnern, wo das gewesen war. Sechs Pferde mit gelangweilten Gesichtern waren davorgespannt. Jemand hatte um sie herum Futter gestreut, und eine Menge frischer Dung wies darauf hin, dass die Tiere sich hier schon einige Zeit aufhielten.
Der Priester führte Mappo zu einer nahe gelegenen Schenke. »Da drinnen«, sagte er. »Die Trygalle Handelsgilde hat sich auf Reisen wie die, die du machen willst, spezialisiert. Sie sind natürlich teuer, aber das dürfte wohl kaum eine Überraschung sein, oder?«
»Und man tritt einfach an so eine Karawane heran, wo immer man sie findet? Das klingt mir nicht gerade nach einem vielversprechenden Geschäftsmodell.«
»Nein, sie haben Büros. Irgendwo – ich fürchte, das ist eine Information, über die ich nicht verfüge. Ich weiß nur deshalb von dieser Kutsche, weil sie bei ihrer Ankunft die Vorderseite des Ladens meines Cousins zerstört hat.« Er deutete auf eine Ruine und lächelte dabei wie ein Mann, der vergessen hatte, was ein echtes Lächeln bedeutete. Dann zuckte er die Schultern. »All diese schicksalhaften Wendungen. Gesegnet vom glücklichen Zufall und all so was. Wenn du hier scheiterst, Mappo Runt, wirst du einen langen, mühsamen Marsch vor dir haben. Also scheitere nicht.« Mit diesen Worten verbeugte er sich, drehte sich um und ging davon.
Mappo beäugte die Vorderseite der Schenke. Und erinnerte sich daran, wann er so eine Kutsche das letzte Mal gesehen hatte.
Tremorlor.
Anteilseignerin Matt war gerade aufgestanden und hatte sich gestreckt, um etwas gegen das beunruhigende Zwicken in ihrem Rücken zu tun, als die Tür der Schenke sich öffnete und eine monströse Gestalt sich hereinschob, nein, eher hereinquetschte, denn ihre Schultern streiften am Türrahmen, und sie
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