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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Schritt, denn wenn ein Tiger beschließt, dass es Zeit ist zu jagen, dann ist es Zeit zu jagen.
    Snell tauchte hinter seiner Beute auf, hellauf begeistert von seinen Fähigkeiten, sich verstohlen bewegen und an die Kreatur anschleichen zu können, die vollkommen ahnungslos im hohen Gras saß, was bewies, dass Harllo für die wirkliche Welt nicht geeignet war, für die Welt, in der alles eine Bedrohung war, in der man sich um alles kümmern musste, wenn es sich nicht um einen kümmern sollte. Und somit würde Snell ihm hier draußen, in der Wildnis, die richtige Lektion erteilen.
    In der einen Hand hielt er einen Sack mit den Silberräten, die Tante Stonny gebracht hatte, zwei Schichten Jute und oben fest zugeknotet, so dass er ihn gut festhalten konnte. Das Geräusch, mit dem der Sack mit den Münzen Harllo seitlich am Kopf traf, war überaus befriedigend, und es schickte eine Woge der Erregung durch Snells Körper. Und die Art und Weise, wie der verhasste Kopf zur Seite ruckte, wie der kleine Körper zu Boden sank, nun, das war ein Anblick, den er in Ehren halten würde.
    Er trat ein Weilchen auf den reglos daliegenden Körper ein, aber ohne Ächzen und Jammern machte es nicht so viel Spaß, daher hörte er wieder damit auf. Stattdessen packte er den großen Sack voller Dung und machte sich auf den Heimweg. Seine Mutter würde über die Ausbeute begeistert sein, und sie würde ihm einen Kuss auf die Stirn geben, und er würde sich einige Zeit in ihrem Blick sonnen können, und wenn jemand sich wundern sollte, wo Harllo abgeblieben war, nun ja, dann würde er ihnen erzählen, dass er ihn unten an den Docks gesehen hatte, wie er mit irgendeinem Seemann gesprochen hatte. Wenn der Junge heute Abend nicht nach Hause kommen würde, würde Myrla vielleicht nach Grantl schicken, damit er runter zum Hafen gehen und sich umschauen könnte, wo er herausfinden würde, dass an diesem Tag zwei Schiffe davongesegelt waren – oder drei –, und gab es auf einem davon vielleicht einen neuen Schiffsjungen? Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber wer achtete schon auf solche Dinge?
    Sie würden betroffen sein und sich Sorgen machen und jammern, aber das würde nicht lange so bleiben. Snell würde derjenige werden, der geschätzt wurde, derjenige, der immer noch bei ihnen war, derjenige, um den sie sich kümmern mussten, den sie beschützen und verwöhnen mussten. So, wie es war, so, wie es sein sollte.
    In der strahlenden Morgensonne lächelnd schlenderte Snell nach Hause, während draußen im flachen Wasser des Sees zu seiner Linken langbeinige Vögel im Schlamm pickten. Ein guter Tag, ein Tag, an dem er sich so lebendig, so frei fühlte. Er hatte die Welt in Ordnung gebracht, die ganze Welt.
    Der Schäfer, der den kleinen Jungen im Gras liegend auf dem Hügel neben der Straße fand, die nach Maiten und zum Zwei-Ochsen-Tor führte, war ein alter Mann mit arthritischen Knien, der wusste, dass es mit seiner Nützlichkeit nicht mehr weit her war und dass er in Anbetracht der Art und Weise, wie der Herdenmeister ihn beobachtete, wenn er hin und her humpelte und sich zu sehr auf seinen Stab lehnte, vermutlich schon bald keine Arbeit mehr haben würde. Er untersuchte den Jungen und war überrascht, dass er noch am Leben war, und das führte zu Gedanken darüber, was er mit so einem Bengel in seiner Obhut tun könnte.
    War es den Aufwand wert? Er könnte seine Frau mit hierherbringen, mit dem Karren, und gemeinsam würden sie es schaffen, den Bewusstlosen hochzuheben und auf den Karren zu legen und zu ihrer Hütte am Seeufer zu bringen. Danach könnten sie sich um ihn kümmern und sehen, ob er überlebte oder starb, ihm genug zu essen geben, was das anging – und dann?
    Nun ja, er hatte Gedanken, ja, sogar viele Gedanken, was das betraf. Keiner davon war angenehm, aber wer hatte je gesagt, dass die Welt ein angenehmer Ort war? Findelkinder waren Freiwild, und das war irgendwo eine Regel, dessen war er sich sicher, eine Regel, genau wie bei Treibgut, das man am Strand fand. Was man fand, gehörte einem, und davon abgesehen konnten sie das Geld gut gebrauchen.
    Auch er kam zu dem Schluss, dass dies ein guter Tag war.
    Er erinnerte sich an seine Kindheit, als er, sich selbst überlassen, auf den Straßen und Gassen herumgerannt und nachts auf die Dächer geklettert war, um sich voller Verwunderung die berüchtigte Straße der Diebe anzusehen. Wie einladend war dieser romantische Zauber des Abenteuers im verstohlenen Licht des Mondes doch

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