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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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gewesen, während all die Dummköpfe und möglichen Opfer in den unbeleuchteten Räumen unter ihm schliefen.
    Er war sich selbst überlassen gewesen, und für das Kind war die eine Straße so gut wie die andere, vielleicht sogar besser, solange es auf Schritt und Tritt Geheimnisse und Gefahren gab. Selbst später, als diese Gefahren nur allzu wirklich geworden waren, war es für Schlitzer ein Leben gewesen, das sich mehr und mehr entfaltet und ein Herz enthüllt hatte, das angefüllt mit Verwunderung war.
    Inzwischen wusste er, dass Romantik etwas für Narren war. Niemand schätzte das dargebotene Herz, niemand betrachtete dieses Opfer als das kostbare Geschenk, das es war. Nein, es war einfach nur ein Ding, das festgehalten wurde, das von gefühllosen Händen verdreht, dann ausgewrungen und weggeworfen wurde. Oder eine Handelsware, weiter nichts, und niemals so wünschenswert wie das nächste, das zukünftige oder das, das von jemand anderem gehalten wurde. Oder, etwas noch viel Schlimmeres, ein Geschenk, das zu kostbar war, um es anzunehmen.
    Die Art der Zurückweisung, sagte er sich selbst, war bedeutungslos. Schmerz und Kummer schmeckten jedes Mal anders und doch wieder gleich – bitter und leblos –, und zu viel davon ließ die Seele verfaulen. Er hätte andere Wege einschlagen können. Hätte andere Wege einschlagen sollen. Hätte vielleicht Murillio nacheifern sollen – Murillio, der jede Nacht eine neue Liebe hatte, von verzweifelten Frauen angebetet wurde, dessen Leben aus eleganten Büffets auf Balkonen und verschwiegenen Verabredungen unter flüsternden Blättern in einem privaten Garten bestand.
    Oder was war mit Kruppe? Ihm hätte er sich noch viel mehr als Lehrling andienen können, als er es schon getan hatte, diesem überaus listigen Meister in der hohen Kunst des Stehlens, in der Veräußerung gestohlener Gegenstände, in der Beschaffung wertvoller Informationen, die für jeden verfügbar waren, der dafür bezahlte – und zwar gut bezahlte. Er hätte von ihm die angemessene Wertschätzung von Wein, Gebäck und unpassender Kleidung lernen können. Ein Leben voller engelhaftem Entzücken – aber war auf der Welt tatsächlich Platz genug für mehr als einen Kruppe?
    Ganz gewiss nicht!
    War dann also der Pfad der Dolche vorzuziehen, dieser Tanz der Schatten und das Nehmen von Leben gegen Bezahlung – und das sogar ohne die Billigung, die einem Soldaten zuteil wurde (als ob das eine Rolle spielen würde)? Rallick würde ihm nicht zustimmen. Und Murillio würde den Kopf schütteln, und Kruppe würde mit den Augenbrauen wackeln, und Mira würde vielleicht grinsen und ihm einmal mehr in den Schritt fassen, während Irilta mit einem mütterlichen Blick zusehen würde. Und in Sallis Augen würde dieser Schimmer sein, der jetzt von der bitteren Erkenntnis gefärbt war, dass sie für einen wie ihn nicht mehr genug war, dass sie nur noch träumen konnte, dass die Tatsache, dass er ein Assassine war, ihm irgendwie eine so hohe Position verschaffte, dass ihre niedere Existenz als Schankmaid nicht der Beachtung wert war. Wo sogar seine Bemühungen, einfach nur ein Freund zu sein, als Mitleid und Herablassung aufgefasst wurden, was wiederum ausreichte, sie bei einem falschen Wort, einem verpassten Blick in Tränen ausbrechen zu lassen.
    Wie die Zeit, in der man Träume von der Zukunft hatte, unbemerkt vorbeizugleiten schien – bis ein Mann beim Wiederbeleben dieser Träume reichlich betroffen feststellen musste, dass nicht mehr er sich dieses Privileg gönnen konnte, sondern dass es jetzt zu den jüngeren Gesichtern gehörte, die er überall sah, die in den Gaststätten und auf den Straßen lachten, die sich selbst überlassen waren.
    »Du hast dich verändert«, sagte Murillio von dem Bett aus, auf dem er von Kissen gestützt mit offenen, ungewaschenen Haaren saß, »und ich weiß nicht so recht, ob’s zum Besseren ist.«
    Schlitzer sah seinen alten Freund einen Moment lang an, ehe er ihn fragte: »Zum Besseren – in welcher Hinsicht?«
    »In welcher Hinsicht zum Besseren … als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hättest du diese Frage nicht gestellt – ganz gewiss nicht auf diese Weise. Irgendjemand hat dir das Herz gebrochen, Crokus – ich hoffe doch, dass das nicht Challice D’Arle war!«
    Schlitzer schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein. Und weißt du was? Ich hatte ihren Namen schon beinahe vergessen. Für ihr Gesicht gilt das auf alle Fälle … und ich heiße jetzt Schlitzer,

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