Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Also, wo war er? Wahrscheinlich ist er bei Murillio und zögert das Unausweichliche hinaus.
Ein kurzes Klopfen an der Tür, und dann kam Irilta herein – ihr Leben war in letzter Zeit anstrengend gewesen, das konnte er sehen, und so etwas schien bei Frauen schneller sichtbar zu werden als bei Männern – andererseits, wenn Männer diesen Weg beschritten, dann schnell. »Ich hab dir Frühstück gebracht«, sagte sie und trug ein Tablett herüber. »Siehst du? Ich kann mich noch an alles erinnern, bis hin zu den honiggetränkten Feigen.«
Honiggetränkte Feigen? »Danke, Irilta. Sag Cro- äh … Schlitzer Bescheid, dass ich ihn jetzt gerne sehen würde.«
»Er ist weggegangen.«
»Tatsächlich? Wann?«
Sie zuckte die Schultern. »Ist noch nicht so lange her, sagt Murillio.« Sie verstummte und hustete keuchend, wobei ihr breites Gesicht sich rötete.
»Geh und such dir einen Heiler«, sagte Rallick, als sie ausgehustet hatte.
»Hör zu«, sagte sie und machte die Tür hinter ihrem Rücken auf, »ich bedauere nichts, Rallick. Andererseits erwarte ich da drüben auf der anderen Seite auch keinen Kuss von irgendeinem Gott, und niemand wird von Irilta sagen können, dass sie nicht ihren Spaß gehabt hätte, als sie noch am Leben war, oh nein, das ganz sicher nicht.«
Sie fügte noch etwas hinzu, aber da sie schon draußen auf dem Korridor war und die Tür hinter sich zumachte, bekam Rallick es nicht richtig mit. Könnte so was Ähnliches wie »Kau auf dieser Lektion ruhig ein bisschen rum …« gewesen sein, aber andererseits war sie nie der nervöse Typ gewesen, oder?
Er schaute hinunter auf das Tablett, runzelte die Stirn, nahm es und stand auf.
Ging hinaus auf den Korridor und balancierte es in einer Hand, während er mit der anderen den Riegel der Tür nebenan öffnete und in Murillios Zimmer ging.
»Das ist deins«, sagte Rallick. »Honiggetränkte Feigen, dein Lieblingsgericht.«
Ein Brummen von Murillio im Bett. »Das erklärt diese Streifen gewürztes Dörrfleisch – man ist, was man isst, stimmt’s?«
»Dann bist du allerdings nicht mal annähernd so süß, wie du glaubst«, sagte Rallick und stellte das Tablett ab. »Arme Irilta.«
»Von wegen arme Irilta – diese Frau hat mehr in ihr Leben gequetscht als wir alle anderen zusammen, und jetzt stirbt sie, macht sich aber nicht die Mühe, einen Heiler aufzusuchen, weil sie – wie ich glaube – bereit ist zu gehen.« Er schüttelte den Kopf, während er nach der ersten glasierten Feige griff. »Wenn sie wüsste, dass du Mitleid mit ihr hast, würde sie dich vermutlich endgültig umbringen, Rallick.«
»Du hast mich vermisst, oder?«
Eine Pause, ein eindringlicher Blick, dann biss Murillio in die Feige.
Rallick ging zu einem der beiden Stühle, die außer dem Bett noch im Zimmer standen, und setzte sich. »Du hast mit Schlitzer gesprochen?«
»Ein bisschen.«
»Ich dachte, er würde zu mir kommen.«
»Ach, ja?«
»Die Tatsache, dass er nicht gekommen ist, sollte mich aber nicht denken lassen, dass er Angst bekommen hat, oder?«
Murillio schüttelte langsam den Kopf.
Rallick seufzte. »Letzte Nacht habe ich Coll gesehen«, sagte er dann, »was bedeutet, dass unser Plan geklappt hat. Er hat sein Anwesen zurückbekommen, seinen Namen, seine Selbstachtung. Weißt du, Murillio, ich habe nicht geglaubt, dass sich alles so gut entwickeln würde. So … perfekt. Wie im Namen des Vermummten haben wir das eigentlich hingekriegt?«
»Das war eine Nacht der Wunder, stimmt.«
»Ich fühle mich … verloren.«
»Das überrascht mich nicht«, antwortete Murillio und griff nach der nächsten Feige. »Iss was von dem Dörrfleisch – der Gestank bereitet mir Übelkeit.«
»Ist es besser, wenn ich danach aus dem Mund rieche?«
»Nun ja, ich kann mir nicht vorstellen, dass wir uns in nächster Zeit küssen.«
»Ich habe keinen Hunger«, sagte Rallick. »Als ich das erste Mal aufgewacht bin, hatte ich noch welchen, glaube ich, aber jetzt ist er weg.«
»Als du aufgewacht bist … du hast die ganze Zeit in dem Finnest-Haus geschlafen? Hast dich die ganze Zeit im Bett zusammengerollt?«
»Auf dem Fußboden, gleich hinter der Tür. Und Vorcan hat anscheinend direkt neben mir gelegen. Sie war nicht da, als ich wieder zu mir gekommen bin. Nur ein untoter Jaghut.«
Murillio schien einige Zeit lang über diese Worte nachzudenken, dann sagte er: »Und was jetzt, Rallick Nom?«
»Ich wünschte, ich wüsste es.«
»Könnte sein, dass Baruk jemanden braucht,
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