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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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er das Schwert zum Tisch und legte es hin. Anschließend holte er einen kleinen Schwamm, einen Metallflakon mit Aalöl und ein ziemlich fleckiges Stück Haihaut aus der steifen Ledertasche des Gürtels.
    »Oh«, sagte die Hohepriesterin von der Tür her, »jetzt ist die Welt ja wieder in Ordnung. Also dann, Spin.«
    »Ja, Hohepriesterin«, antwortete er und beschloss, ihren Sarkasmus nicht zu beachten. Und das Bedürfnis, das er so dürftig verschleierte.
    Vom Meer her war Regen herangeweht und hatte die Pfade in Ströme aus Schlamm verwandelt. Salind saß mit untergeschlagenen Beinen in der behelfsmäßigen Hütte und zitterte, während Wasser durch die Löcher im Dach tropfte. Noch mehr Leute waren gekommen und hatten an ihrer Tür gekratzt, aber sie hatte sie alle weggeschickt.
    Sie hatte genug davon, eine Hohepriesterin zu sein. All ihre gesteigerten Empfindungen hinsichtlich der Launen des Erlösers hatten sich als nichts weiter als ein Fluch erwiesen. Was spielte es für eine Rolle, dass sie all diese unklaren Gefühle des Gottes spürte? Sie konnte nichts für ihn tun.
    Dies hätte sie nicht überraschen sollen, und sie sagte sich, dass das, was sie empfand, kein Schmerz war, sondern etwas anderes, etwas Unpersönlicheres. Vielleicht war es Kummer angesichts der wachsenden Zahl von Opfern, da Gradithan und sein sadistischer Mob weiterhin das Lager terrorisierten – und zwar so sehr, dass mittlerweile einige planten wegzugehen, sobald die Straße wieder trocken war. Oder ihr Versagen im Hinblick auf den Umnachteten. Die Erwartungen, die auf ihr ruhten und die sie in den Augen so vieler Menschen sehen konnte, waren zu gewaltig, zu zermalmend. Sie konnte nicht hoffen, ihnen allen gerecht zu werden. Und sie stellte allmählich fest, dass sie in Wirklichkeit keiner einzigen davon gerecht werden konnte.
    Im Angesicht eines brutalen Willens waren Worte bedeutungslos. Sie konnten nicht dabei helfen, irgendeine wie auch immer geartete Unantastbarkeit zu verteidigen, ob es um das Selbst einer Person ging oder um die Freiheit, wie sie leben wollten und mit wem. Ihr Einfühlungsvermögen machte ihr zu schaffen. Mitleid öffnete Wunden, was in Zukunft nur dadurch verhindert werden konnte, dass sie ihre Seele verhärtete, und genau das wollte sie nicht – sie hatte zu viele Gesichter gesehen, in zu viele Augen geblickt und war vor ihrer Kälte zurückgeschreckt, ihrem Schwelgen in grausamen Urteilen.
    Die Rechtschaffenen werden für sich in Anspruch nehmen, die Einzigen zu sein, die Urteilsvermögen besitzen. Die Rechtschaffenen sind die Ersten, die Hände zu Fäusten ballen, sie sind die Ersten, die Abweichler niederschreien, die Ersten, die andere zur Zustimmung nötigen.
    Ich lebe in einem Dorf der Kleinlauten, und ich bin diejenige, die am kleinlautesten ist. Hilflos zu sein bringt keinen Ruhm ein. Und auch keine Hoffnung.
    Der Regen peitschte herab, trommelte lautstark auf das abgewinkelte Bretterdach, und das Geräusch einer Sintflut erfüllte ihren Schädel. Dass der Erlöser alle annehmen will, ist weder gerecht noch ungerecht. Kein Sterblicher kann ihr Verhalten im Namen des Erlösers billigen. Wie können sie es wagen, sich so etwas anzumaßen? Unglückliche Gesichter marschierten vorbei, spähten durch die Ritzen in ihrer Tür herein. Und sie wollte sie alle beschimpfen. Ihr verdammten Narren. Absolution ist nicht genug! Aber dann würden sie zu ihr aufblicken, mit großen runden Augen und tieftraurig, verzweifelt darauf hoffend, dass es auf jede Frage eine Antwort gab, sich an die Vorstellung klammernd, dass es einen Grund gab, warum man litt, und dass das Leiden gelindert werden würde, wenn man wusste, was das für ein Grund war.
    Wissen, sagte Salind zu sich, erleichtert gar nichts. Es füllt einfach nur Räume, die ansonsten vielleicht mit Verzweiflung geflutet würden.
    Könnt ihr ohne Antworten leben? Fragt euch das selbst, ihr alle. Könnt ihr ohne Antworten leben? Denn wenn ihr das nicht könnt, dann werdet ihr ganz gewiss eure eigenen Antworten erfinden, und sie werden euch trösten. Und alle diejenigen, die eure Sicht der Dinge nicht teilen, werden allein durch ihre Existenz Furcht und Hass über eure Herzen hereinbrechen lassen. Welcher Gott segnet so etwas?
    »Ich bin keine Hohepriesterin«, krächzte sie, während Wasser ihr Gesicht hinunterrann.
    Schwere Schritte draußen im Schlamm. Die Tür wurde mit einem Ruck aufgerissen, und ein dunkler Umriss verdeckte das fahle graue Licht.

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