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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mache dich zu meinem Erben. Ich gebe dir mein Königreich. Meine Armee wird deine Befehle ausführen. Alles gehört jetzt dir.«
    »Ich will es nicht.«
    »Wenn du es nicht nimmst, wird einer meiner Offiziere es sich nehmen.«
    »Dieses Königreich kann ohne Sklaven nicht existieren. Deine Armee wird zu nichts weiter als zu noch einer Räuberbande werden, und deshalb wird jemand sie jagen und zur Strecke bringen. Und alles, was du aufbauen wolltest, wird in Vergessenheit geraten.«
    »Du quälst mich.«
    »Ich sage dir die Wahrheit. Lass deine Offiziere kommen, um mich zu töten. Ich werde sie alle vernichten. Und ich werde deine Armee zerstreuen. Blut dem Gras.«
    Der Hauptmann starrte dieses Monster an, und er wusste, dass er nichts tun konnte. Er sank nach hinten, gegen seinen Kissenstapel, und jeder Atemzug war ein bisschen schwächer als der vorangegangene. In Gewänder und Felle gekleidet, war ihm nichtsdestotrotz kalt. »Du hättest lügen können«, flüsterte er.
    Die letzten Worte des Mannes. Karsa betrachtete das Gesicht des Toten noch einen Moment länger. Dann hämmerte er gegen die Tür zu seiner Linken.
    Sie öffnete sich einen Spalt.
    »Alle verlassen diese Kutsche«, befahl Karsa. »Nehmt mit, was immer ihr mitnehmen wollt – aber ihr habt nicht viel Zeit.«
    Dann setzte er sich wieder hin. Ließ den Blick über die Überreste des üppigen Festmahls schweifen, das er verzehrt hatte – während der Hauptmann einfach nur zugesehen hatte, selbstgefällig wie ein reicher Vater, sogar noch, als er gestorben war. Aber Karsa war nicht sein Sohn. Und auch nicht sein Erbe, ganz egal, was der Narr sich gewünscht hatte. Er war Toblakai. Ein Teblor. Und weit im Norden warteten seine Leute. Sein Volk.
    War er für sie bereit?
    Er war es.
    Würden sie für ihn bereit sein? Vermutlich nicht.
    Ein langer Marsch wartete auf ihn – in diesem erbärmlichen Königreich gab es kein einziges Pferd, das ihn tragen konnte. Er erinnerte sich an seine Jugend, an jene lichten Tage harten Dramas, voller Vorzeichen, als jeder Grashalm mit Bedeutung gesättigt gewesen war – aber es war der Verstand eines Jugendlichen, der sich solche Dinge vorstellte. Noch nicht von der Sonne ausgebleicht, noch nicht vom Wind abgeschliffen. Perspektiven mussten durchkreuzt werden. Feinde mussten laut und wild und triumphierend brüllend bezwungen werden, während Blut durch die Luft spritzte.
    Einst, vor langer Zeit, wie es jetzt schien, war er aufgebrochen, um Ruhm zu finden, nur um festzustellen, dass das alles ganz und gar nicht so war, wie er es sich vorgestellt hatte. Eine brutale Wahrheit, die seine Kameraden damals so viel besser als er verstanden hatten, obwohl er der Kriegsführer gewesen war. Nichtsdestotrotz hatten sie sich von ihm mitziehen lassen, und dafür waren sie gestorben. Die Macht von Karsas eigenem Willen hatte sie überwältigt. Was konnte man daraus lernen?
    Gefolgsleute werden folgen, sogar bis zu ihrem Tod. Solche Leute hatten einen Fehler – die Bereitwilligkeit, sich über den eigenen Selbsterhaltungstrieb hinwegzusetzen. Und dieser Fehler lud dazu ein, sie auszubeuten, ja, er verlangte das vielleicht sogar. Verwirrung und Unsicherheit ergaben sich der Schlichtheit, die so tröstlich, so tödlich war.
    Ohne Gefolgsleute hätte dieser Hauptmann gar nichts erreicht. Es war überall auf der Welt das Gleiche. Kriege würden zu einem Chaos aus Überfällen, Scharmützeln, Massakern an Unschuldigen, Blutrache und Blutfehden und wenig mehr zerfallen. Monumente würden niemals erbaut werden. Keine Tempel, keine Straßen und Wege, keine Städte. Keine Schiffe, keine Brücken. Jeder Flecken gepflügten Landes würde zu etwas zusammenschrumpfen, das einige wenige bewältigen konnten. Ohne Gefolgsleute wäre die Zivilisation niemals entstanden.
    Er würde seinem Volk all das erzählen. Er würde sie nicht zu seinen Gefolgsleuten machen, sondern zu seinen Kameraden. Und gemeinsam würden sie die Zivilisation vernichten, wann immer und wo immer sie sie fanden. Denn bei all dem Guten, das sie hervorbrachte, war ihr einziger Zweck, Gefolgsleute zu erzeugen – ausreichend viele, um Mächte der Zerstörung in Bewegung zu setzen, eine Flutwelle aus Blut zu erschaffen –, und alles ganz nach Lust und Laune der wenigen zynischen Tyrannen, die dazu geboren wurden, andere zu führen. Zu führen, ja, mit Lügen, mit eisernen Worten – Pflicht, Ehre, Vaterlandsliebe, Freiheit –, die die bereitwillig Dummen mit großen Zielen

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