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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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selbstverständlich, eine Einzelheit, die sein manisches Überarbeiten nicht überdauerte.
    Aber was machte Thordy eigentlich mit all den flachen Steinen? Mit dem absonderlichen Muster, das sie dort in der dunklen, lehmigen Erde legte? Unter Steinen konnte man nichts pflanzen, oder? Nein, sie opferte fruchtbaren Boden, und wofür? Er wusste es nicht. Und er wusste, dass er es vermutlich nie erfahren würde. Allerdings war das, womit Thordy sich da so emsig beschäftigte, bereits als Tätigkeit an sich ein klarer Regelverstoß, und er würde vielleicht etwas dagegen tun müssen. Bald.
    Heute Nacht würde er einen Mann erschlagen. Eine Vorstellung, die ihn in Hochstimmung versetzte, das schon, ja, aber ein Gefühl von der kalten Sorte. Fliegen summten in seinem Kopf, das Geräusch schwoll an wie eine Woge, füllte seinen Schädel mit hunderttausend eiskalten Beinen. Er würde es tun, ja, und das bedeutete, dass er seine Frau nicht schlagen musste – zumindest noch nicht; vielleicht in ein paar Tagen, in einer Woche oder so – er würde sehen müssen, wie sich die Dinge entwickelten.
    Halte die Dinge einfach, gib den Fliegen nicht viel, auf dem sie landen können, das war das Geheimnis. Das Geheimnis, geistig gesund zu bleiben.
    Die Keile seiner zerschlagenen, fingerlosen Hände brannten in gierigem Feuer.
    Aber er dachte überhaupt nicht viel über irgendetwas nach, oder? Er dachte nichts, was sein Gesicht erreichte, seine Augen, den schmalen Strich seines Mundes. Ein Zeichen von Männlichkeit, diese leere Fassade, und wenn ein Mann sonst nichts hatte, konnte er zumindest das haben. Und er würde es sich selbst wieder und wieder beweisen. Nacht für Nacht.
    Denn das ist es, was Künstler taten.
    Thordy dachte über vieles nach, doch nichts davon war besonders wichtig – zu diesem Urteil wäre sie zumindest gekommen, wenn sie dazu gedrängt worden wäre, es genau zu betrachten, obwohl natürlich niemand da war, der sie mit Worten dazu auffordern würde, was genauso gut war. Hier in ihrem Garten konnte sie sich treiben lassen, ziellos wie ein Blatt, das in einen trägen Fluss geweht worden war.
    Sie dachte über Freiheit nach. Sie dachte darüber nach, wie ein Verstand sich in Stein verwandeln konnte, wie die Muster angesichts anscheinend unerträglichen Drucks fest und unbeweglich wurden, und sie dachte über die Art und Weise nach, wie Staub so leise wie ein Flüstern hinunterrann, von allen unbemerkt. Sie dachte auch an die kühle, glatte Oberfläche dieser Schieferplatten, das wächserne Gefühl, das sie beim Anfassen vermittelten, und die Art, wie sie die Sonne sanft, milchweiß und überhaupt nicht schmerzhaft für die Augen reflektierten. Sie erinnerte sich daran, wie es war, wenn ihr Mann im Schlaf sprach, wie die Worte aus ihm herausströmten, als würde der wie auch immer geartete Damm, der sie in seinem Wachzustand zurückhielt, eingetreten und den Weg für eine Sturzflut aus Geschichten freimachen – Geschichten über Götter und Versprechen, Einladungen und Mordlust, über die Schmerzen, die verstümmelte Hände bereiteten, und die Schmerzen des Verstümmelns, das diese Hände anderen antaten.
    Und sie bemerkte die Schmetterlinge, die über den Pflanzen gleich links von ihr tanzten, fast in Reichweite, wenn sie eine schmutzige Hand ausstrecken würde, aber dann würden die orangefarbenen Kobolde davonfliegen, obwohl sie keine Bedrohung für sie darstellte. Weil das Leben ungewiss war und Gefahr in Gestalt friedlicher Ruhe wartete.
    Und ihre Knie schmerzten, und nirgendwo in ihren Gedanken waren Erwartungen zu finden – nirgendwo konnte so ein kompromissloser Beweis der Realität gefunden werden wie das Gefüge, das irgendwo voraus wartete. Kein Hinweis, überhaupt keiner, selbst als sie Stein um Stein hinlegte. Es war alles außen, versteht ihr, alles außen.
    Der Schreiber im Büro der Schmiedegilde hatte noch nie in seinem Leben mit Zangen hantiert oder einen Hammer geschwungen. Für das, was er tat, brauchte er keine Muskeln, keinen wuchtigen Schlag über eichenen Beinen, und es gab bei seiner Tätigkeit keinen Schweiß, der in den Augen brannte, keine glühend heißen Hitzewogen, die die Härchen auf den Unterarmen versengten. Und daher genoss es der Schreiber, seine Macht gegenüber einem echten Schmied voll auszukosten.
    Dieses Vergnügen konnte man an seinem Mund mit den kleinen, geschürzten Lippen erkennen, dessen Winkel sich leicht nach unten zogen; man konnte einen Hinweis darauf in seinen

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