Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
gegenüber, der sich auf die Tore zubewegt. Von daher«, fügte er seufzend hinzu, »müssen wir hier Zeugen der gesegneten Trägheit sein, die Saemenkelyk, das süße Blut des Sterbenden Gottes, hervorruft.«
Nimander wurde immer noch von Erinnerungen an seine Zeit in Gesellschaft des riesigen Steinmetzes heimgesucht. Es schien, als wäre er dazu verflucht, mit Ereignissen konfrontiert zu werden, für die es keine Auflösung gab; jedes Lebewesen, das seinen Pfad kreuzte, ließ ein wirbelndes Kielwasser aus Geheimnissen zurück, in dem er halb ertrinkend um sich schlug. Der Jaghut, Gothos, machte die Sache nur noch schlimmer, eine uralte Kreatur, die sie anscheinend irgendwie benutzen wollte, aus Gründen, die zu erklären er nicht interessiert gewesen war.
Weil wir ihn enttäuscht haben.
Der Geruch von verrottendem Salz erfüllte die Luft, und sie konnten die ausgeblichenen Flächen sehen, die sich von der alten Uferlinie aus erstreckten, dazu aufgestelzte Docks, hoch und trocken über Unkraut aufragend, das ums Überleben kämpfte, und Fischerboote, die weiter draußen auf der Seite lagen. Zu ihrer Linken – landeinwärts – waren Gehöfte inmitten von in Reih und Glied aufgestellten Vogelscheuchen zu erkennen, aber es sah so aus, als würde da draußen nichts mehr leben – die Pflanzen waren schwarz und verdorrt, und von den aberhundert eingewickelten Gestalten rührte sich keine einzige.
Sie näherten sich dem Torbogen, und noch immer war niemand zu sehen.
»Wir werden beobachtet«, sagte Skintick.
Nimander nickte. Er spürte das Gleiche. Verborgene Augen, gierige Blicke.
»Als hätten wir genau das getan, was sie wollten«, fuhr Skintick leise fort, »indem wir Clip direkt zu ihrem Elenden Tempel gebracht haben.«
Das war gewiss möglich. »Ich habe nicht die Absicht, ihn auszuliefern – das weißt du.«
»Dann bereiten wir uns also darauf vor, gegen eine ganze Stadt Krieg zu führen? Gegen eine fanatische Priesterschaft und einen Gott?«
»Ja.«
Grinsend lockerte Skintick das Schwert an seiner Seite.
Nimander sah ihn stirnrunzelnd an. »Cousin, ich kann mich nicht erinnern, dass du früher so blutrünstig gewesen bist.«
»Oh, ich habe ebensowenig Lust darauf wie du, Nimander. Aber es kommt mir vor, als hätten wir uns lange genug herumstoßen lassen. Es ist an der Zeit zurückzustoßen, das ist alles. Aber ich mache mir Sorgen um deine Hände.«
»Aranatha hat getan, was sie konnte – es wird mir gut gehen.« Er sagte nichts davon, dass die Wunde sich mehr geistig als körperlich anfühlte. Aranatha hatte in der Tat die zermalmten Knochen und das verstümmelte Fleisch geheilt. Doch er hielt sie immer noch so im Schoß, als wären sie verkrüppelt, und in seinen nächtlichen Träumen wurde er von Erinnerungen daran heimgesucht, wie der schwere Obsidianblock über seine Fingerspitzen gerutscht war, und an die Schmerzen, das spritzende Blut – und dann wachte er schweißgebadet und mit pochenden Händen auf.
Genau dieselben Hände, die Phaed gewürgt hatten – die ihr fast das Leben genommen hatten. Der Schmerz fühlte sich wie eine Strafe an, und jetzt glaubte er, dass sie in der Stadt vor ihnen noch einmal Gewalt kennenlernen würden, dass sie mit entsetzlicher Anmut töten würden.
Vor dem Torbogen zügelten sie die Pferde. Auf den hölzernen Türen fanden sich Unmengen von Zeichen, mit der gleichen, zähflüssigen schwarzen Farbe aufgemalt, die die Mauern zu beiden Seiten verunstaltete.
Nenanda meldete sich vom Kutschbock zu Wort. »Worauf warten wir? Nimander? Bringen wir es hinter uns.«
Skintick drehte sich im Sattel um und sagte: »Geduld, Bruder. Wir warten auf die offizielle Begrüßungsfeier. Das Töten wird erst später kommen.«
Kallor kletterte von der Ladefläche des Wagens und trat ans Tor. »Ich höre Gesang«, sagte er.
Nimander nickte. Die Stimmen waren weit weg, drangen in schwachen Wellen, die vom Herzen der Stadt ausgingen, zu ihnen. Es gab keine anderen Geräusche, wie man sie von einer dicht bevölkerten, florierenden Siedlung erwarten würde. Und durch den Torbogen konnte er nichts als leere Straßen und die düsteren Fassaden klobiger Gebäude sehen, mit Fenstern, deren Läden allesamt geschlossen waren.
Kallor war weitergegangen, in den Schatten des Tors und dann wieder aus ihm heraus auf die breite Straße dahinter, wo er stehen blieb, den Blick auf etwas zu seiner Linken gerichtet.
»So viel zur Begrüßungsfeier«, sagte Skintick seufzend. »Sollen wir
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