Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Entscheidung. »Das reicht«, bekundete sie der Alten, ging zur Tür und öffnete sie. »Raus.«
Megan schrie wieder.
Die alte Hebamme lachte verdutzt. »Wer soll es denn machen, Herzchen? Ihr vielleicht?«
»Mehr herumpfuschen als du könnte ich kaum. Jetzt geh.«
»Auf keinen Fall«, gab die Alte zurück. »Seine Lordschaft hat mich ausdrücklich angewiesen …«
»Und dir reichen Lohn versprochen, darauf wette ich. Aber daraus wird nichts. Raus.« Sie schob die voluminöse Frau zur Tür hinaus.
»Was fällt Euch ein, Ihr habt kein Recht …«, protestierte diese. »Wenn dem Kind etwas zustößt, ist es Eure Schuld, und Ihr werdet …«
»Halt den Mund«, fiel Blanche ihr ins Wort. »Rhys!« Die Erleichterung war ihr anzuhören, als sie den verschlossenen Jungen gegenüber der Tür auf der eiskalten Erde sitzen sah. »Hör auf zu heulen und tu etwas Nützliches: Sorg dafür, dass diese Frau nicht mehr in die Kammer gelangt. Am besten siehstdu zu, dass jemand sie von der Burg geleitet. Tust du das für mich?«
»Verlasst Euch drauf.« Rhys sprang auf, fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen und schaute die Hebamme herausfordernd an.
Die alte Gevatterin war außer sich vor Empörung über den völligen Mangel an Respekt, mit dem sie es hier zu tun hatte. Sie schüttelte den Zeigefinger vor Blanches Nase. »Das hat ein Nachspiel, Ihr eingebildetes englisches …«
Blanche schloss die Tür. Sie wusste, Rhys würde seinen Auftrag gewissenhaft erledigen.
Am Fußende des Bettes blieb sie einen Moment stehen und fuhr sich mit dem Ärmel über die Stirn. Die kleine Kammer in der sonst immer so eisigen, zugigen Burg war geheizt worden, bis es hier heiß wie in einer Esse war.
»Ich hoffe, ich hab das Richtige getan«, murmelte Blanche.
»Oh, das habt Ihr, Madam, seid versichert«, erwiderte eine der jungen Hebammen, die bislang nicht den Mund zu öffnen gewagt hatte.
Blanche sah sie hoffnungsvoll an. »Du weißt, was zu tun ist?«
»Ja. Und was wir hier bestimmt nicht brauchen, sind Pfeffer und heidnische Amulette.« Sie zog einen eigentümlich geformten Stein an einer Lederschnur unter dem Bett hervor und hielt ihn Blanche zur Begutachtung hin. »Alles fauler Zauber.«
Hastig schloss Blanche die Hand um den seltsamen Talisman und ließ ihn hinter sich zu Boden fallen. Megan machte genug durch, es war wirklich nicht nötig, dass sie dieses unheimliche Ding sah. »Wie ist dein Name?«, fragte sie die Hebamme.
»Meredith, Madam.«
Blanche nahm sie beim Arm und führte sie ans Fenster. »Glaubst du, das Kind liegt falsch herum?«, flüsterte sie.
»Wie kommt Ihr darauf?«, fragte Meredith interessiert und begann, sich die Ärmel aufzukrempeln.
»Ich habe viele Stuten fohlen sehen. Wenn es bei ihnen solange dauert und so schwer ist, dann meist, weil das Fohlen sich nicht richtig gedreht hat.«
»Es könnte sein«, räumte Meredith ebenso gedämpft ein. »Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass sie so schmal ist. Gleich kann ich Euch mehr sagen.«
Sie trat an die Kommode, wusch sich gründlich die Hände in einer Schüssel mit warmem Wasser, ölte die Rechte ein und kniete sich ans Fußende des Bettes. Behutsam legte sie der Wöchnerin die linke Hand auf den Bauch und streichelte sacht darüber. »Ganz ruhig, Lady Megan. Versucht, Euch zu entspannen. Umso leichter macht Ihr es für Euch und Euer Kind.«
Megan schluchzte. »Blanche … Blanche, was tun sie mit mir …«
Blanche setzte sich auf die Bettkante und ergriff Megans Hände. »Schsch, hab keine Angst. Die alte Vettel hab ich fortgeschickt. Meredith ist eine gute Hebamme, du wirst sehen.«
»Oh Gott … Oh Gott …« Megan keuchte. »Wenn ich nicht an dieser Geburt sterbe, dann vor Scham. Es ist so …« Ihr fiel kein Wort ein, das die Monstrosität dessen, was hier mit ihr geschah, ausdrücken konnte.
»Das ist es nicht«, widersprach Blanche und strich ihr die Haare aus der Stirn. »Es ist nichts Anstößiges daran. Jeder von uns kommt so auf die Welt. Sogar Jesus Christus ist so auf die Welt gekommen. Du brauchst dich nicht zu schämen. Im Gegenteil. Du solltest stolz sein.«
»Bete mit mir, Blanche«, bat Megan. »Lass uns die Heilige Jungfrau anrufen, wenn du wirklich meinst, dass es sie nicht beleidigt.«
Blanche hielt ihre Hand, betete das Ave Maria , und Megan schrie.
»Alles in Ordnung«, meldete Meredith vom anderen Ende des Bettes. »Es ist jetzt bald so weit. Sorgt dafür, dass sie die Luft anhält, wenn ich Euch ein Zeichen
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