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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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verschränkte die Finger.
    Ein Wurfspieß flog von hinten heran und verfehlte Julians Kopf so knapp, dass er den Luftzug deutlich spürte. Er sah sich nicht um, sondern hielt auf den Wald zu, der keine halbe Meile entfernt lag und ihre einzige Hoffnung darstellte. Erst als sie die ersten Bäume fast erreicht hatten, warf er einen Blick über die Schulter und sah, dass ihre Verfolger von hinten angegriffen und niedergemacht wurden. »Die Schwanengarde«, sagte er erleichtert.
    Auch die Königin schaute zurück. »Das wurde ja wohl auch Zeit«, bemerkte sie.
    Julian folgte dem Pfad etwa eine Viertelmeile weit in den Wald. Dann saß er ab, führte Dädalus zwischen die Bäume und wartete. Marguerite blieb im Sattel sitzen, und sie lauschten beide angestrengt. Die ersten Reiter, die in Sicht kamen, waren keine neuerlichen Yorkisten, sondern die Angehörigen von Marguerites berüchtigter Privatarmee. Julian trat mit Dädalus am Zügel wieder auf den Pfad, und die Gardisten hielten an und bildeten einen Kreis um ihn.
    »Gute Arbeit, Sergeant Wood«, sagte die Königin. »Wenn ich mich auf Euch hätte verlassen müssen, wäre ich jetzt gefangen oder tot.«
    Der Anführer ihrer Gardisten saß ab und sank vor ihr auf die Knie nieder. »Wir sind gekommen, so schnell wir konnten, Madam. Aber Ihr habt Recht, es ist unverzeihlich.« Schweigend, den Kopf reumütig gebeugt, wartete er auf ihr Urteil.
    Ohne Marguerites Befehl abzuwarten, trat Julian zu dem Mann und zog ihn unsanft auf die Füße. »Wir haben jetzt keine Zeit für diesen Unsinn. Wo ist der Prinz?«, fragte er an die Königin gewandt.
    »Auf einem Gut zwei Meilen südlich von Northampton. Es gehört einem absolut vertrauenswürdigen Ritter, Sir Gordon Ballerton.«
    Für absolut vertrauenswürdig haben wir alle auch Lord Grey und seine Vorhut gehalten, fuhr es Julian durch den Kopf. »Wir sollten ihn trotzdem schleunigst dort wegholen. Ehe die Yorkisten es tun.«
    »Es ist zu gefährlich, nach Süden zu reiten«, wandte der Sergeant ein. »Das ist der Weg nach London, und …«
    Wieder erklang Hufschlag.
    Julian nahm der Königin die Zügel aus der Hand und saß vor ihr auf. Das war gar nicht so einfach, ohne ihr einen unfreiwilligen Fußtritt zu verpassen, aber sie bog geistesgegenwärtig den Oberköper zurück.
    »Haltet sie auf, solange es geht«, befahl die Königin ihrer Garde zum Abschied. »Wir treffen uns eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit am vereinbarten Ort.«
     
    »Wo ist der König?«, fragte Prinz Edouard. Es waren die ersten Worte, die der knapp Siebenjährige sprach, seit seine Mutter ihn aus dem Bett in dem fremden Haus geholt und hinter einem seiner beiden Leibwächter aufs Pferd gesetzt hatte.
    »Der Earl of March hat deinen Vater gefangen genommen«, antwortete seine Mutter. »Er bringt ihn nach London, nehme ich an.« Sie saß immer noch hinter Julian, der neben dem Leibwächter den schmalen Pfad entlangritt. Der zweite Schwanengardist bildete die Nachhut, lauschte und sah allenthalben zurück.
    »Wer ist der Earl of March?«, fragte der Prinz unsicher.
    »Der älteste Sohn des Duke of York. Ein Ungeheuer, mit anderen Worten.«
    »Und … wird er den König töten, Mutter?« Es sollte tapfer klingen, aber die Kinderstimme wurde brüchig.
    »Weiß der …«, begann die Königin. Julian kniff ihr unauffällig in den Oberschenkel. Sie verstummte vor Verblüffung über seine Unverschämtheit, und er nutzte ihr Schweigen, um zu sagen: »Natürlich nicht, mein Prinz. March ist ein Verräter, weil er gegen deinen Vater rebelliert, aber er ist nicht verrückt. Er wird den König höflich und zuvorkommend behandeln, wie es ihm zusteht, und mit ihm über politische Fragen verhandeln. Nichts weiter.«
    Marguerite bohrte ihm eine Faust in die Nieren und flüsterte ihm ins Ohr: »Was soll es dem armen Jungen nützen, dass du ihn anlügst?«
    Doch Julian hatte nur ausgesprochen, wovon er überzeugt war. Niemand konnte wissen, was jetzt geschehen würde, aber dass die Yorkisten bereit wären, einen gesalbten König von Gottes Gnaden zu ermorden, hielt er für undenkbar. Es war eine zu grauenvolle Sünde.
    »Und können wir nicht nach London reiten und den König befreien, Mylord?«, fragte der Prinz ihn.
    Julian sah ihn an. Das letzte Licht des verregneten Julitages schwand jetzt schnell, aber er konnte den Jungen gut genug sehen, um sein dunkelblond bis hellbraun schattiertes Haar und seine braunen Lancaster-Augen zu erkennen. Es stimmte, was er einmal zu

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