Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
sind tot?«
    Warwick kam noch einen Schritt näher, sodass Julian aus dem Augenwinkel seine Schuhe im Gras sah. Feine, blank polierte Stiefel. »Es war unmöglich, sie zu zählen«, antwortete der ältere Cousin. »Mein gelehrter bischöflicher Bruder schätzt, achtundzwanzigtausend. Die meisten davon Lancastrianer.«
    Julian schwieg. Offenbar war sein Innerstes doch nicht ganz so taub und gefühllos geworden, wie es ihm eben noch vorgekommen war, denn er empfand Entsetzen. »Ich … habe noch nie von solchen Verlusten gehört«, sagte er langsam.
    »Das hat niemand. Solch eine Schlacht hat es nie zuvor gegeben.«
    »Wo Engländer fliehende Engländer verfolgen und von hinten niedermetzeln, meinst du, ja? Ich gebe dir Recht, so etwas hat es noch nie gegeben. Und auf diesen ehrenvollen Triumph gründet Edward of March nun die Macht Yorks. Und falls Gott seine Herrschaft nicht segnen sollte, hält er es notfalls auch mit dem Satan, nicht wahr? Sag mir, hat er aus den Schädeln seiner getöteten Feinde einen Hügel aufgeschüttet und darauf seinen Krönungsstuhl gestellt wie die heidnischen Könige von einst?«
    »Die Krönung findet erst in acht Wochen statt«, entgegnete Warwick ruhig. Man hätte seinen Tonfall für nachsichtig halten können, aber Julian hörte den unterschwelligen Zorn. Gut so. Er hatte kein Interesse an Warwicks Nachsicht. »Mit dem Segen Gottes und seiner Kirche, wie es sich gehört.«
    »Natürlich. Praktischerweise hat York sich ja rechtzeitig einen Kardinal gekauft.«
    »Schluss jetzt, Julian«, fuhr Warwick ihn plötzlich an. »Du führst dich auf wie ein schmollender Bengel, statt dich den Tatsachen zu stellen wie ein vernünftiger Mann.«
    »Du meinst, so wie du, ja?«, erwiderte Julian. »Du hast wirklich ein unfehlbares Talent dafür, dich mit den Tatsachenzu arrangieren. Gewiss kann man das Vernunft nennen. Oder auch Opportunismus.«
    Für einen kleinen Moment trat etwas in Warwicks Miene, das Julian nie zuvor dort gesehen hatte – Hass oder Niedertracht, er war nicht ganz sicher. Doch Warwick beherrschte sich sofort wieder, und sein Ausdruck zeigte nichts als distanzierte Höflichkeit. »Ich bin nicht hergekommen, um mit dir zu streiten, Cousin«, sagte er.
    »Sondern wozu?«
    »Ich bin ehrlich nicht ganz sicher. Um dir in einer dunklen Stunde beizustehen oder irgendetwas in der Art.«
    »Das war seit jeher deine Stärke«, bemerkte Julian ohne Hohn. Dann fuhr er kopfschüttelnd fort: »Ich weiß deine Freundlichkeit zu schätzen, Richard, aber du hast mir eben vorgehalten, ich müsse mich den Tatsachen stellen. Eine davon ist doch gewiss diese: Du und ich sind Feinde. Ganz gleich, was früher einmal war.«
    »Aber das müssen wir nicht sein«, wandte Warwick ein, und er klang beinah beschwörend. »Alles hat sich geändert, verstehst du das denn nicht? Marguerite ist mit Henry und ihrem Jungen nach Schottland geflohen. Sie hat aufgegeben, und …«
    »Marguerite d’Anjou wird niemals aufgeben, solange noch ein Funken Leben in ihr ist«, unterbrach Julian. »Wann werdet ihr das endlich begreifen?«
    »Nun, wie dem auch sei. Sie ist geschlagen. Ihre Armee ist vernichtet. Das Haus York hat diesen unseligen Bruderkrieg gewonnen, Julian, und jetzt ist er vorüber. Henry ist außer Landes geflohen. Edward ist de facto schon König von England, die Krönung eine reine Formsache. Und ich sage dir, er wird ein guter König sein. Besser als sein Vater je hätte werden können. Zu den vielen Gaben, die Edward auszeichnen, gehört königliche Großmut. Er ist bereit, dir Pardon zu gewähren.«
    »Pardon?«, wiederholte Julian ungläubig. Die Kopfschmerzen, die beim Aufwachen noch unterschwellig gewesen waren, hatten sich verschlimmert. Er fühlte sich fiebrig und elendig schwach. Aber er wollte verdammt sein, wenn er sich das jetztanmerken ließ. »Wofür genau? Dass ich dem rechtmäßigen König gedient habe – zugegebenermaßen nur zähneknirschend – und meine Vasallenpflicht erfüllt? Du hast Recht, das ist ausgesprochen großmütig. Leider kann ich es mit Edwards Großmut nicht aufnehmen und ihm vergeben, dass er meinen Cousin Algernon Fitzroy erschlagen hat. Dass seine Schlächter meinen Knappen niedergemetzelt haben und Gott weiß wie viele weitere meiner Männer.«
    »Aber dich hat er geschont.«
    »Ich habe ihn nicht darum gebeten.«
    »Nein, ich weiß. Er glaubt, er schulde dir etwas. Weil sein Vater sich dir gegenüber unehrenhaft verhalten hat und dich als unbequemen Gegner aus dem

Weitere Kostenlose Bücher