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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Ihr Euch von hinten anschleicht?«, fragte er wütend, und an Edward gewandt fügte er hinzu: »Kommt er nachts an die Kette?«
    Hastings zeigte überhaupt keine Regung. Dass Julians Worte ihn beleidigt hatten, versuchte er hinter halb gesenkten Lidern zu verbergen.
    Der König legte seinem Ritter die Hand auf den Arm. »Habt Dank, mein Freund. Seid so gut und lasst mich allein mit meinem Gast. Clarence, Gloucester, geht mit Sir William.«
    »Aber Sire, Ihr habt versprochen …«, wollte der kleinere der Brüder protestieren.
    Der König schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Später. Ich hab’s nicht vergessen, Richard. Du hast mein Wort.«
    Folgsam gingen die Jungen mit dem Ritter hinaus.
    Als die Tür sich geschlossen hatte, bemerkte Edward mit einem Schulterzucken: »Sie kennen mich kaum. Sie waren mit meinem Vater in Irland oder mit meiner Mutter in Geiselhaftund auf der Flucht, während ich auf dem Kontinent war oder Gott weiß wo sonst. Sie sind verwirrt über alles, was passiert ist. Der Vater gefallen, der eine Bruder ermordet, der andere Bruder plötzlich König. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit für sie.«
    Julian wusste beim besten Willen nicht, was er darauf antworten sollte. Dieser Mann war ein Thronräuber und eigentlich sein Todfeind – auch wenn er sich ständig weigerte, sich entsprechend zu benehmen – und vertraute nun ausgerechnet ihm seine familiären Sorgen an.
    »Habt Ihr Geschwister, Waringham?«, fragte Edward.
    »Wollt Ihr mir ernsthaft weismachen, dass Ihr mich nicht habt herbringen lassen, um mir mit Drohungen gegen meine Schwester irgendwelche Zugeständnisse abzupressen?«, entgegnete Julian. Es klang bitterer, als er beabsichtigt hatte, und er schärfte sich ein, sich besser zu beherrschen.
    Edward schien ehrlich erstaunt. Und neugierig. »Ihr habt eine Schwester, die Euch erpressbar macht? Das klingt hochinteressant. Erzählt mir von ihr.«
    Julian zog eine Braue in die Höhe und wies aufs Fenster. »Soll ich mich nicht vielleicht lieber gleich hinausstürzen? Das erspart uns beiden Zeit und Mühe.«
    Edward lachte. Er war ein ausgelassenes, sorgloses Jungenlachen. »Oh, kommt schon, Waringham. Erzählt mir von ihr. Ist sie älter oder jünger als Ihr?«
    »Eine Viertelstunde älter.«
    »Ah, eine Zwillingsschwester. Und was hat sie angestellt?«
    Er würde es ja doch herausfinden, wusste Julian. »Sie ist mit einem Marcher Lord verheiratet, Sir Thomas Devereux. Aber er ist ein Halunke. Sie …« Julian rieb sich verlegen die Nasenwurzel, dann sah er Edward ins Gesicht. »Sie hat ihm die Schwerthand abgehackt und ist nach Wales geflohen.«
    »Heiliger Georg!« Edward pfiff unfein durch die Zähne, und sein Lächeln war eine Mischung aus Schadenfreude für Devereux und Hochachtung für Blanche.
    Um dem Risiko zu begegnen, dass sich zwischen ihnen einunwillkommenes Band knüpfte, fügte Julian hinzu: »Dort lebt sie seit fünf Jahren an der Seite des Earl of Pembroke.«
    Edwards Lächeln verschwand erwartungsgemäß. »Dieser verdammte Tudor …«
    »Eben jener«, bestätigte Julian.
    Ratlos sahen sie sich an – zwei junge Männer von ähnlichem Gemüt, die ein paar unvergessliche Augenblicke verbanden und die so leicht Freunde hätten werden können, aber jeder auf einer Seite eines tiefen Grabens standen.
    König Edward brach schließlich den Blickkontakt, schenkte Wein aus einem vergoldeten Krug in zwei Glaspokale und reichte Julian einen davon.
    Der Gast schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich kann nicht mit Euch trinken, Mylord.«
    »Aber warum nicht?«, fragte Edward verständnislos. »Ich weiß, dass Ihr Grund hattet, meinem Vater zu grollen und zu misstrauen. Aber mir?«
    »Es ist … zu viel Blut geflossen«, antwortete Julian. Es klang hilflos. Er wusste selbst, es war nicht der wahre Grund.
    Edwards Miene verfinsterte sich. »Das meines Bruders, zum Beispiel. Er war siebzehn Jahre alt und wurde bei Wakefield feige ermordet, Sir.«
    »Ja, ich weiß. Und mein Neffe Alexander Neville – er war mein Knappe – verblutete bei Towton. Er war nur ein Jahr älter. Ich … bedaure den Tod Eures Bruders, Mylord. Und ich meine, was ich sage. Aber diese Unterredung würde Jahre dauern, wenn wir einander unsere Toten vorwerfen wollten. Von den achtundzwanzigtausend, die bei Towton gefallen sind, waren sechsundzwanzigtausend Lancastrianer. Und sie wurden abgeschlachtet. Auf der Flucht erschlagen. Im Übrigen war eines der ersten Opfer dieses unseligen Krieges mein Vater, der so

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