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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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trugen. Julian sah sie von weitem und hätte mühelos kehrtmachen können, um im Gewirr der kleinen Straßen und Gassen zu verschwinden. Aber das tat er nicht. Er wusste, die Zeit war gekommen.
    Vor seinem Tor hielt er an und schlug die Kapuze zurück. »Gentlemen? Kann ich Euch behilflich sein?«
    Der Anführer der Hünen nahm den Helm ab, und Julian fuhr der Schreck in die Glieder. Es war der Mann, der ihn bei Towton um ein Haar getötet hatte. Julian musste einen Augenblick überlegen, dann fiel ihm der Name ein. »Ah, William Hastings, nicht wahr?«
    » Sir William, um genau zu sein«, erwiderte Hastings. Er sagte es weder hochnäsig noch sonderlich erfreut, stellte lediglich eine Tatsache fest. Ein nüchterner, geradliniger Mann um die dreißig.
    Julian nickte knapp. »Entschuldigung.«
    »Der König bittet Euch zu sich, Mylord«, erklärte Hastings.
    »Und für den Fall, dass Bitten nichts nützt, habt Ihr eine kleine Armee mitgebracht?«
    »Das könnt Ihr sehen, wie Ihr wollt«, bekam er zur Antwort. »Nicht zuletzt dient die Eskorte Eurem Schutz. Lancastrianer sind in London und Westminster nicht mehr gern gesehen, wisst Ihr.«
    Julian zuckte die Schultern. »Dennoch bin ich bislang ohne Euren Schutz ausgekommen, Sir William.«
    »Kein Wunder, wenn Ihr Euer Wappen ablegt und als Kaufmann verkleidet daherkommt. Woll’n wir?«
    Wortlos wendete Julian Dädalus und ritt zurück zur Fleet Street. Er schaute sich nicht um, aber er hörte, dass die Männer ihm folgten.Innerhalb der Palastanlage in Westminster war es ruhiger geworden. Es war noch voll – yorkistische Lords der Welt und der Kirche standen hier und da in der lauen Abendluft beisammen und plauderten, tratschten oder schmiedeten Ränke. Ritter, Knappen, Mönche und livrierte Diener liefen geschäftig umher – aber das unglaubliche Gewimmel und Durcheinander der Krönung war vorüber. Der Alltag war nach Westminster zurückgekehrt, und die Erkenntnis schockierte Julian. Der König war ein anderer – der Alltag war der gleiche. Etwas Ungeheuerliches war geschehen, und Westminster tat, als sei alles in bester Ordnung.
    Auf ein Zeichen von Hastings saß er ab und überließ Dädalus der Obhut eines Knappen. Dann folgte er dem treuen Ritter des neuen Königs in das prachtvolle, moderne Gebäude mit den großen Glasfenstern, wo die königlichen Gemächer sich befanden. Hastings führte ihn zwei Treppen hinauf, einen Flur entlang, dessen Wände wundervolle Tapisserien schmückten, und zu einer getäfelten Doppeltür, vor der zwei Wachen standen.
    Sie ließen Hastings passieren, der polternd anklopfte, dann die Tür öffnete und Julian mit einem schroffen Wink bedeutete, vorauszugehen.
    Entschlossener, als ihm zumute war, trat Julian ein. Eher vage und aus dem Augenwinkel nahm er einen hohen, kostbar eingerichteten Raum wahr: Seidentapeten mit matten Goldranken, bequeme, schwere Sitzmöbel aus dunklem Holz und Leder, Bilder flämischer Malkunst an den Wänden. An einem der Fenster saßen zwei Knaben über einen kleinen Tisch gebeugt, dessen intarsienverzierte Platte ein Schachbrett war, und spielten eine Partie Dame.
    Über dem mannshohen Kamin bedeckte ein großes Banner die Wand: Die drei Sonnen von York – Edwards bevorzugtes neues Wappen. Der junge König selbst stand davor an den schweren Eichentisch gelehnt, die Arme lässig vor der Brust gekreuzt, und sah ihm lächelnd entgegen. »Ich war gespannt, ob Ihr kommt. Seid mir willkommen, Waringham.«
    Julian blieb ein paar Schritte vor ihm stehen und neigte höflich den Kopf. »Mylord.«
    Er hatte Hastings nicht hinter sich eintreten hören, aber plötzlich trafen ihn zwei Fäuste in die Nierengegend, sodass Julian taumelte und auf den Knien landete.
    »Wie wär’s mit ein bisschen Respekt für Euren König, Ihr Lump«, knurrte Hastings.
    Die beiden Knaben am Spieltisch – die Brüder des Königs – hatten sich umgewandt. Der knapp neunjährige Gloucester betrachtete den gefällten Edelmann am Boden mit distanziertem Interesse, und der Größere, Clarence, lächelte. Es war ein hübsches, spitzbübisches Lächeln, aber unmöglich zu deuten. Julian wusste nicht, ab der Knabe ihn auslachte oder ihm in argloser Freundlichkeit zulächelte.
    »Nein, Hastings, bitte«, sagte der junge König. »Das ist nicht nötig.«
    Julian stand auf. Er streifte den übereifrigen Ritter mit einem verächtlichen Blick. »Wie wär’s, wenn wir es das nächste Mal versuchen, ohne dass mir ein Pfeil in der Brust steckt oder

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