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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und hielt sie fest.
    Julian sah erstaunt darauf hinab. Das Gleiche hatte Blanche früher auch oft getan. Er lehnte den Kopf zurück gegen die Mauer, sah in den sonnendurchfluteten Rosengarten hinab und ließ das grauenvolle Gemetzel im Schnee vor seinem geistigen Auge noch einmal stattfinden. Doch er erzählte Kate nur, was sie wissen musste. Er log nicht, aber er bemühte sich, ihre Trauer mit seinen Worten zu lindern und nicht zu vermehren. »Er hat kaum gelitten«, schloss er. »Er sagte, er spüre beinah keinen Schmerz. Und er war so gefasst, Kate. Sehr tapfer. Ich …« Julian stieß hörbar die Luft aus. »Gottverflucht, es ist so eine furchtbare, sinnlose Verschwendung. Er war so ein guter Mann. Besser als ich. Manchmal denke ich, er hat mir mehr beigebracht als umgekehrt. Und wenn ich daran denke, dass er sein Leben weggeworfen hat, um ausgerechnet Marguerites Anerkennung zu gewinnen, dann könnte ich die Fäuste gen Himmel schütteln, denn das Opfer ist sie nicht wert. Aber er ist in Frieden gestorben.«
    Seine Schwester weinte, während sie ihm lauschte, aber wann immer er innehielt, forderte sie ihn mit einer Gesteauf fortzufahren. Und das tat er, weil er wusste, dass sie diese Dinge hören musste. Sie kamen sich nahe in dieser Stunde der Erinnerung und Trauer. Trotz des großen Altersunterschiedes, der zwischen ihnen klaffte, hatte Julian zum ersten Mal wirklich das Gefühl, dass es seine Schwester war, deren Hand er hier hielt.
     
    Es dämmerte, als er die geräumige Kammer betrat, die seine Eltern bewohnt hatten, um sich das Schwert seines Vaters zu holen. Er öffnete die Truhe, kramte es hervor und stieß dabei auf allerlei Erinnerungsstücke aus seiner Kindheit. Einen cremefarbenen Glacéhandschuh seiner Mutter. Der König hatte sie ihr geschenkt, und in Waringham war die ganze Burg tagelang in heller Aufregung gewesen, weil eines der kostbaren Stücke verloren gegangen war. Es war nie wieder aufgetaucht, soweit Julian wusste. Und er fand eine versteinerte Muschel, die er einmal gefunden und seinem Vater geschenkt hatte. Er hätte nie geglaubt, dass der strenge, unnahbare John of Waringham sentimental genug gewesen wäre, um sie aufzuheben. Versonnen wärmte Julian den kleinen Gesteinsbrocken zwischen den Handflächen und rätselte, wie es kam, dass er heute ständig zu neuen Einsichten über seinen Vater gelangte.
    Entschlossen ließ er den Stein zurück in die Truhe fallen, klappte den Deckel zu und legte das Schwert um. Er umfasste das Heft mit der Rechten und zog die Klinge langsam aus der Scheide. Es war nicht so kostbar und reich verziert wie das alte Waringham-Schwert – das Edward of March oder der Earl of Warwick jetzt vermutlich als geschätztes Beutestück in ihrer Waffensammlung aufbewahrten –, aber eine gute, solide gearbeitete Waffe. »Bescheiden und zuverlässig«, murmelte Julian spöttisch vor sich hin. »Genau wie du, Vater.« Er befühlte die Klinge mit dem Daumen der Linken und ritzte sich prompt die Haut ein. Den Blick zur Decke gerichtet, nickte er. »Vielen Dank auch, Sir.«Lucas, der gerade erst von einem kurzen Besuch in Sevenelms zurückgekehrt war, klopfte Julian mit leuchtenden Augen die Schulter. »Waringham, alter Haudegen. Immer für eine Überraschung gut. Willkommen im Diesseits. Und willkommen zu Hause, solange es das noch ist.«
    Grinsend fegte Julian die Pranke von seiner Schulter. »Nimm die Hände von mir.«
    Frederic schenkte Wein in drei Zinnbecher, zückte dann seine Tafel, schrieb und reichte sie Julian: Die schöne, junge Witwe deines Wildhüters, mit der er es treibt, hat ihn kaltgestellt, also sieh dich vor. Er ist derzeit nicht wählerisch.
    Sie flachsten eine Weile, unbeschwert und derb, wie sie es gern taten, und Julian spürte die Anspannung der letzten Wochen allmählich von sich abgleiten. Er wusste, die frohe Laune und die Flegelhaftigkeit, die seine Freunde an den Tag legten, hatten so wenig mit ihren wahren Gefühlen zu tun wie seine, aber wie gut tat es, wenigstens für ein Weilchen so zu tun, als sei Lucas’ Pech in der Liebe ihre größte Sorge.
    Er setzte sich mit ihnen an den Tisch, und sie tauschten Neuigkeiten aus. Lucas berichtete von den Unruhen in London, Frederic von seiner abenteuerlichen Heimkehr nach der Schlacht im Norden und vom märchenhaften Erfolg der diesjährigen Pferdeauktion und des Jahrmarktes.
    Julian konnte die Vorstellung kaum aushalten, dass es bald ein anderer sein würde, der die Früchte all ihrer Mühen erntete,

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