Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
bitter zurück. »Und dabei hat er gesagt, er habe einen Weg gefunden, sich meiner stillschweigenden Duldung zu versichern. Jetzt weiß ich, was er meinte.«
»Und das Schlimmste weißt du noch gar nicht«, sagte Jasper. »Edward, dieser edelmütige König von nobler Gesinnung, schickt den Jungen Black Will Herbert als Mündel. Dem Mann, der für den Tod meines Vaters und meines Bruders die Verantwortung trägt. Verstehst du, zwei Tudors hat Herbert schon aus dem Wege geräumt. Jetzt fällt ihm der dritte einfach so in die Hände, ein schutzloser vierjähriger Knabe.«
Julian stand auf. »Das dürfen wir nicht zulassen.«
»Es ist zu spät«, eröffnete Jasper ihm. »Sie hat uns vor ein Fait accompli gestellt. Der Junge ist seit drei Tagen unterwegs. Mit einer Eskorte yorkistischer Finstermänner in der walisischen Wildnis, und die Amme sein einziger Schutz und der einzige vertraute Mensch.« Für einen Augenblick sah es so aus, als werde der allseits gefürchtete Jasper Tudor in Tränen ausbrechen. Stattdessen leerte er seinen Becher mit einem zweiten Zug und starrte dann zum Fenster. »Ich schwöre bei Gott, Megan, ich weiß kaum, wie ich mich hindern soll, dir den Hals umzudrehen.«
Julian erging es nicht anders, und das erschütterte ihn. Er hatte für Megan Beaufort immer eine fast zärtliche Zuneigung empfunden, die irgendwo zwischen Brüderlichkeit, Heiligenverehrung und einer dritten Regung lag, die genauer zu erforschen er sich stets geweigert hatte. Er war nicht wirklich eifersüchtig gewesen, als Edmund Tudor sie geheiratet hatte. Aber keinem Mann als ihm, seinem besten Freund, hätte er sie gegönnt. Jetzt hatte sie etwas Furchtbares, Unbegreifliches getan, das den Sohn dieses Freundes – das Einzige, was in dieser Welt von Edmund Tudor übrig war – in tödliche Gefahr brachte. Etwas, das nicht nur Jasper, sondern auch Julian unentrinnbar die Hände band.
Julian, ich übertrage dir die Sorge um mein Kind, hatte Edmund auf dem Sterbebett zu ihm gesagt. Die Welt wird dunkel. Dieses Kind wird ein Lancaster sein. Aber Yorks Macht wächst, und er hat keine Gnade mit denen, die er fürchtet.
Und Julian hatte ihm sein Wort gegeben.
Nun saß er in der Falle. Das machte ihn so wütend, dass ereinen höchst befremdlichen Drang verspürte, mit den Fäusten auf Megan loszugehen und sie wüst zu beschimpfen. Dabei waren frömmelndes Miststück und heuchlerische Rabenmutter noch die höflichsten Worte, die ihm in den Sinn kamen.
Megan sah ihm kurz ins Gesicht, dann befolgte sie endlich seinen Rat und trank einen kleinen Schluck Wein. »Ich sehe, nun hasst du mich auch, Julian«, sagte sie leise. »Und das … schmerzt mich. Aber ich habe es für euch getan, um euer Leben zu schützen, deins und Jaspers auch. Denn ihr hättet niemals Ruhe gegeben und immer weiter gekämpft, bis die Yorkisten euch getötet hätten. Das weiß ich genau.«
»Wie kannst du dir nur anmaßen, diese Entscheidung für uns zu treffen?«, fragte Julian verständnislos.
»Ich glaube, das sagte ich schon. Weil ihr euch von Gottes Weg abgewandt habt und man Menschen manchmal zu ihrem Heil zwingen muss.«
»Und dafür setzt du das Leben deines Kindes aufs Spiel«, höhnte Jasper. »Ich bin überzeugt, Gott hat für solch fanatische Dienerinnen nicht viel übrig. Abgesehen davon, dass alles Lüge ist, was du uns hier auftischst. Du wolltest dich nur möglichst bequem einrichten unter dem neuen Regime und hast Edward of March das gegeben, was er haben wollte. Dein Sohn und sein Wohlergehen haben dich in Wahrheit doch nie gekümmert.«
»Jasper …«, mahnte Blanche.
Er sah sie an. »Du weißt genau, dass es so ist. Du hast schließlich Mutterstelle an ihm vertreten.« Er wies abfällig mit dem Daumen auf Megan. »Sie hat sich doch so gut wie nie blicken lassen.«
»Du irrst dich, Jasper«, widersprach Megan. »Ich habe mich jeden Tag nach meinem Sohn gesehnt. Aber ich wusste, dass er bei euch in Pembroke glücklicher und behüteter aufwachsen kann als hier im friedlosen England. Ich konnte doch nicht wissen, was aus uns wird. Schließlich bin ich eine Lancaster.«
»Leider merkt man nur so verdammt wenig davon«, gab Jasper zurück.
Sie blinzelte erschrocken, wie sie es immer tat, wenn jemandfluchte. Aber sie fuhr unbeirrt fort: »Und das wird mein Sohn auch weiterhin tun: Wohlbehütet und fernab aller politischen Unruhen in Pembroke aufwachsen. Nur deswegen habe ich Edwards Wahl seines Vormundes zugestimmt. Mein Henry wird in
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