Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Tristan, als ohne Vorwarnung die Tür aufflog und ein fremder Ritter über die Schwelle trat.
»Lord Waringham?«, fragte er barsch.
Julian sah auf. »Der bin ich.«
Der Mann verneigte sich sparsam. »Niemand vor Eurer Tür, Mylord.« Es war ebenso eine Entschuldigung wie ein Vorwurf.
Julian war nur mäßig überrascht. »Mein Knappe neigt zuplötzlichen Anfällen von Heißhunger, der immer auf der Stelle gestillt werden muss, Sir …?«
»Ralph Hastings, Mylord.«
Wenn man vom Teufel spricht, kommt dessen Sippschaft zur Tür herein, fuhr es Julian durch den Kopf. »Ihr seid ein Bruder von Sir William?«, tippte er.
»Des Lord Chamberlain, um genau zu sein«, erwiderte der junge Mann mit einem stolzen Lächeln.
Es war nicht einmal ein unsympathisches Lächeln, aber es brachte Julian trotzdem in Rage. »Nun, mir scheint, Euer Bruder steigt schneller auf, als ich nachhalten kann, Sir Ralph. Also? Was kann ich für Euch tun?«
Es war eine als Höflichkeit getarnte Aufforderung, sein Begehr vorzutragen und schnellstmöglich wieder zu verschwinden. Der junge Ritter errötete ein wenig vor Zorn über Julians Schroffheit, aber sein Ton blieb neutral. »Der König bittet Euch an St. Erkonwald um Eure Gastfreundschaft, Mylord.«
Die vier Männer am Tisch saßen wie vom Donner gerührt und wechselten entsetzte Blicke.
Dann hob Tristan seinen Becher und raunte hinein: »Uns bleibt aber auch nichts erspart.«
Lucas fragte dümmlich: »St. Erkonwald? Wann ist das?«
Da niemand sonst antwortete, zückte Frederic seine Tafel und schrieb ein einziges Wort: Morgen .
Julian las über Lucas’ Schulter. Oh, Edward, du verdammtes Schlitzohr, dachte er wütend. Doch seine Stimme klang geradezu verbindlich, als er dem Boten antwortete: »Richtet ihm aus, es wird uns eine Ehre sein.«
Ralph Hastings verbeugte sich artig. »Danke, Mylord.«
»Könnt Ihr uns zufällig sagen, mit wie vielen Begleitern er uns zu erfreuen gedenkt?«
»Oh, er reist meist mit ganz kleinem Gefolge. Zwei Dutzend, schätze ich.«
»Und wird er mir die Gunst erweisen, sein gekröntes Haupt unter meinem unwürdigen Dach zu betten?«
Ralph Hastings begann offenbar zu argwöhnen, dass erverhöhnt wurde, aber er antwortete mit unerschütterlichem Gleichmut: »Davon könnt Ihr getrost ausgehen.«
Julian lächelte frostig. »Ich bin entzückt. Geht mit Gott, Sir Ralph.«
Der junge Ritter machte noch einen Diener und ging unverkennbar erleichtert hinaus.
Julian schlug die Tür hinter ihm zu, wartete ein paar Atemzüge und riss sie plötzlich wieder auf. Ralph Hastings war verschwunden. »Roland, du Lump!«, brüllte Julian auf den Korridor hinaus. »Wenn du weißt, was gut für dich ist, lässt du dich blicken!«
Dann schloss er die Tür und wandte sich seinen Freunden zu. Er wies mit dem Finger auf Tristan: »Du redest dich noch mal um Kopf und Kragen.«
Der Ritter winkte ärgerlich ab. »Das musst du gerade sagen …«
»Herrgott, was machen wir denn jetzt?«, unterbrach Lucas.
»Wir könnten alle im Gestüt Unterschlupf suchen«, schlug Tristan vor.
»Oder in Leeds Castle«, warf Julian ein. »Da wir derzeit keine amtierende Königin haben, steht es doch gewiss leer.«
»Als letzte Möglichkeit bliebe, dass ein jeder sich in sein Schwert stürzt«, hatte Tristan noch zu offerieren.
Frederic schrieb, und weil Lucas nicht sofort nach der Tafel griff, schlug er ihm damit vor die Stirn.
Mit einem unwilligen Knurren nahm Lucas ihm das Täfelchen aus der Hand. »Er meint, wir sollten uns lieber an die Arbeit machen, da wir es ja nicht verhindern können.«
Julian seufzte. »Er hat natürlich Recht. Aber euch ist klar, dass Edward dies tut, damit sich von London bis Canterbury herumspricht, der Earl of Waringham habe sich auf Yorks Seite geschlagen, oder?«
Die Tür ging auf, und sein Neffe Roland trat ein. »Ihr habt gerufen, Mylord?«, fragte er unwirsch, als sei er bei einer wichtigen Verrichtung gestört worden.
»Stimmt, aber das ist nicht der Punkt«, erwiderte Julian.»Ich hatte dich angewiesen, vor der Tür zu warten, während die Gentlemen und ich unsere Unterredung führen, richtig?«
Roland nickte. »Mir war kalt. Ich war nur mal ganz kurz in der Halle, um mich einen Moment aufzuwärmen. Das ist kein Verbrechen, oder?«
Julian zog eine Braue in die Höhe und sah ihn unverwandt an. Auch die anderen drei Ritter betrachteten Roland wortlos, mit unterschiedlichen Abstufungen der Missbilligung.
Natürlich wusste Roland genau, worauf sie
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