Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
vertrauter Umgebung und unter vertrauten Menschen sein.«
Alle sahen sie an. Schließlich fragte Jasper: »Was genau soll das heißen?«
Sie erwiderte seinen Blick, und Julian kam nicht umhin, ihre Tapferkeit zu bewundern. »Es wird dich kaum verwundern zu hören, dass der neue König dich enteignet, Jasper, nicht wahr?«, sagte Megan. »Und Black Will Herbert wird der neue Earl of Pembroke.«
Jasper stand auf und verließ die Halle ohne ein weiteres Wort.
»Gott, Megan.« Blanche betrachtete ihre Cousine verständnislos. »Das war wirklich … feinfühlig von dir.«
»Aber Blanche, er muss doch gewusst haben, dass das kommt.«
»Dass Edward seinem Todfeind seine geliebte Grafschaft gibt? Kaum.«
»Willst du ihm nicht nachgehen?«, fragte Julian seine Schwester beklommen.
Blanche schüttelte den Kopf. »Später vielleicht. Keine Angst. Er wird weder dein Mobiliar zertrümmern noch sich auf deinem Dachboden erhängen.«
»Wenn du es sagst …«
Anabelle kam wieder in die Halle, knickste und fragte: »Verzeihung, Mylord, bleiben die Herrschaften zum Essen?«
Megan und Hal sprangen wie gestochen auf.
Julian antwortete der Magd: »Essen für drei, Anabelle, danke. Aber lass dir noch ein wenig Zeit damit. Niemand hat im Moment großen Appetit, glaube ich.«
»Ist recht, Mylord.«
Julian trat zu seiner Cousine und ihrem Gemahl, um sie nach unten zu geleiten. Ehe sie die Halle verließen, standBlanche vom Tisch auf und schloss Megan in die Arme. »Geh mit Gott«, sagte sie. »Aber das tust du ja immer. Das ist ja das Schlimme an dir.«
Megan lächelte, offenbar sehr dankbar für dieses kleine Zeichen der Zuneigung. »Leb wohl, Blanche. Gebt auf euch Acht.«
Auch wenn Zorn und Ungewissheit die Stimmung trübten, genoss Julian doch die wenigen kostbaren Tage, die ihm in Blanches Gesellschaft vergönnt waren. Es faszinierte ihn, seine Schwester in ihrer neuen Rolle als Mutter zu erleben, und er entwickelte eine große Schwäche für den fünf Monate alten Owen, der ihm unglaublich klein und schutzbedürftig in dieser düsteren, ungewissen Welt erschien. Er war indessen zuversichtlich, dass Owen dieser Welt die Zähne zeigen würde, sobald er welche bekam, denn der Säugling hatte eine unübersehbare Ähnlichkeit mit seinem Vater.
»Wir haben beschlossen, nach Wales zurückzukehren«, verkündete dieser Julian, als sie bei strahlendem Sonnenschein von der Sonntagsmesse in St. Bride zurückkehrten. Jasper und Blanche verließen Julians Haus in der Shoe Lane sonst nur selten und nur im Schutz der Dunkelheit, aber sie hatten es sich nicht nehmen lassen, die Messe zu besuchen.
Julian antwortete nicht, bis sie alle wieder halbwegs sicher hinter der Mauer seines Grundstücks standen. »Aber wo wollt ihr dort hingehen?«, fragte er skeptisch.
»Nach Pembroke.«
Sie setzten sich vor der Haustür auf die Eingangsstufen in die Sonne. »Irgendwann wirst du Black Will Herbert in die Hände fallen, und er wird dich umbringen«, prophezeite Julian. »Was soll dann aus Blanche und Owen werden? Und wo Herbert ist, sind die Devereux meist nicht weit.«
»Das Risiko müssen wir eingehen«, erwiderte Blanche. »Thomas Devereux ist Sheriff in Herefordshire. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er viel Zeit hat, um in Wales sein Unwesen zu treiben.«
Julian betrachtete sie besorgt, aber er erhob keine Einwände.Er wusste aus lebenslanger Erfahrung, dass man Blanche nichts ausreden konnte, wenn sie einmal einen Entschluss gefasst hatte, und außerdem hatte er auch keine bessere Idee.
»Du willst den walisischen Widerstand gegen Herbert anführen, nehme ich an?«, fragte er Jasper.
Der hob kurz die Linke. »In sorgsam dosierten Maßen. Ich sage dir ganz ehrlich, Julian, im Moment ist Richmonds Sicherheit meine oberste Priorität. Es schmerzt mich, dass mein Bruder seinen Thron verloren hat, aber im Augenblick kann ich dank Megans Wahnsinn nichts mehr für ihn tun. Nur der Junge ist jetzt wichtig. Rhys wird sich als Knecht in Herberts Haushalt einschleichen. Er ist rettungslos in Richmonds Amme verliebt, darum hat er meinem Vorschlag ausnahmsweise einmal willig zugestimmt. Er hält für uns die Augen offen. Blanche und ich werden immer in der Nähe sein, Rhys wird wissen, wo er uns finden kann. Und wenn wir das Gefühl haben, dass der Junge in Gefahr ist, holen wir ihn raus.«
Julian nickte, aber der Plan machte ihn alles andere als glücklich. Sie wussten alle, dass nur ein lebensmüder Narr versuchen konnte, eine Geisel
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