Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
küsste ihre Hand. Die Vertraulichkeit, mit der er ihre Rechte in seine beiden Hände nahm, sagte Julian alles, was er wissen wollte, und er verspürte eineErleichterung, deren Ausmaß ihn ein wenig beschämte. Viel Glück, Kumpel , dachte er. Du wirst es brauchen …
Edouard trat zu Blanche, nahm ihre Hand und sah mit leicht gerunzelter Stirn zu ihr auf. »Seid Ihr nicht wohl, Lady Blanche?«
Sie rang sich ein Lächeln ab. »Es geht schon …«
Julian fand, seine Schwester sah eher so aus, als werde sie jeden Moment umfallen. Sie war kreidebleich. Sicherheitshalber legte er ihr einen Arm um die Taille und murmelte: »Ich begleite dich zurück an Bord. Du musst etwas essen und ausruhen.«
»Kommt nicht in Frage«, widersprach de Brézé. »Erweist uns die Ehre und seid unsere Gäste, Monseigneurs, Madame.«
Er rief die Wache herein, schickte nach Dienern, und im Handumdrehen wurden Brot, kalter Braten und kandierte Früchte aufgetragen. Auch neuer Wein wurde gebracht.
So, so, dachte Julian. Das ist also der Mann, der hier die Schlüssel zu den Geldschatullen hat.
De Brézé befahl, die schönsten Kammern für sie herzurichten. Die Rolle des Burgherren und Gastgebers schien ihm vertraut zu sein. Mit größter Selbstverständlichkeit verfügte er sowohl über Marguerite als auch ihre Gäste. Niemand erhob Einwände. Julian beobachtete mit Interesse, dass Edouard das Geschehen mit unzureichend verborgenem Unwillen über sich ergehen ließ, Marguerite mit einer Mischung aus Belustigung und Resignation. Das sah ihr nun wirklich nicht ähnlich.
»Tudor bringt sehr schlechte Neuigkeiten, mon ami «, berichtete Marguerite de Brézé und wiederholte, was Jasper ihr über Louis von Frankreichs diplomatisches Verwirrspiel offenbart hatte. »Es ist, wie ich befürchtet habe«, schloss sie. »Louis hält mich hin und macht Versprechungen, die zu erfüllen er gar nicht die Absicht hat.«
De Brézé nickte versonnen. Er schien nicht gerade erschüttert über die Nachrichten.
Jasper spießte mit seinem Dolch eine Bratenscheibe von der Platte. »Ich sage es noch einmal: Ihr solltet Frankreich bald verlassen,Marguerite. Ehe Louis Euch an Edward verscherbelt.« Und weil er seine Schwägerin so leidenschaftlich verabscheute, konnte er sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Wie ein Mastschwein.«
De Brézé warf ihm einen missfälligen Blick zu, doch falls er etwas hatte sagen wollen, kam Marguerite ihm zuvor.
»Da Ihr Euch zu wiederholen beliebt, muss ich es zwangsläufig auch tun, Tudor: Ich habe keine Soldaten in England, und kein Bedürfnis, mich in Schottland zu verkriechen.«
»Wo Ihr meinen Bruder indes bedenkenlos zurückgelassen habt, nicht wahr?«, grollte Jasper.
Marguerite beugte sich leicht vor und holte tief Luft. Offenbar hatte sie eine Menge zu sagen.
»Könnt Ihr uns das nicht ersparen?«, ging Julian ungehalten dazwischen. »So groß Euer Vergnügen daran, Euch zu streiten, auch sein mag, es bringt uns keinen Schritt weiter.«
»Da hat er Recht«, raunte Edouard den kandierten Aprikosen zu.
»Lancastertreue Truppen halten die ganze Burgenkette entlang der schottischen Grenze«, fuhr Julian fort. »Das sind mehr Männer, als Ihr vielleicht glaubt. Wenn wir sie bündeln, zu einer Armee aufstellen und vielleicht noch ein paar hundert Mann aus Schottland bekämen, könnten wir Erfolg haben. Der Thronräuber fühlt sich so sicher, dass er kein stehendes Heer unterhält. Wenn wir schnell genug wären und ihn überraschen …«
»Ich könnte achthundert Mann beisteuern«, warf de Brézé ein. »Fünfunddreißig, vierzig Schiffe.«
Das sind gute Neuigkeiten, dachte Julian erstaunt. Und wenn er das Angebot in der Form als Aufschneiderei und den Tonfall als herablassend empfand, lag es vermutlich nur an dem traditionellen Argwohn der Engländer allen Franzosen gegenüber oder aber daran – und das wäre viel schlimmer –, dass er de Brézé den Platz in Marguerites Bett missgönnte, obschon er ihn selbst doch nie gewollt hatte. Eitel hatte Janet ihn genannt. Und er fragte sich, warum ihn solch unschöne Erinnerungen regelmäßig im denkbar ungünstigsten Moment überfielen.
»Das bringt uns immer noch auf keine unschlagbare Armee«, wandte die Königin unentschlossen ein.
»Aber es ist das Beste, was wir kriegen können, Mutter«, gab Edouard zu bedenken.
Seine Mutter und Blanche sahen ihn verblüfft an, und Julian tauschte mit Jasper einen anerkennenden Blick.
In der Abenddämmerung war Julian auf
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