Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Kommandant der yorkistischen Truppen an der schottischen Grenze das Leben schwer gemacht hatte.
Schon wieder fand Julian sich genötigt, verstohlen die Fäuste zu ballen, und er überlegte, wie kostbar die Verbindungen seiner Frau sein könnten, wenn es ihm nur gelänge, Janet von der Richtigkeit seiner Sichtweise zu überzeugen und eine Lancastrianerin aus ihr zu machen.
Wie üblich dauerte das Bankett Stunden. Julian aß nur, bis sein Hunger gestillt war, denn er verspürte kein Bedürfnis, an der Tafel seines Feindes zu schmausen. Nach dem ersten Gang aus Schwanenbraten, Kalbspasteten, Mandelhörnchen, Lammkeule, Forellenpüree und Blutwürsten fand er sich halbwegs gesättigt und lehnte alle weiteren Speisen ab, sodass deraltbackene Brotfladen, der ihm als Teller diente, leer blieb. Die verschiedenen Bratensäfte und -fette waren hineingesickert, und er bot einen etwas unappetitlichen Anblick, erkannte Julian, der nie zuvor so lange vor einem leeren Teller gesessen hatte. Nur von dem Milchreis, der mit dem dritten Gang aufgetragen wurde, kostete er. Er hatte noch nicht oft im Leben Reis gegessen und konnte dieser Delikatesse einfach nicht widerstehen.
Janet unterhielt sich derweil angeregt mit Lord Stanley. An Julians anderer Seite saß eine imposante Matrone aus dem Norden. Er verstand kaum, was sie sagte, und er blieb einsilbig, ignorierte sie in bäurischer Unhöflichkeit, weil er schlechter Laune war und die Yorkisten ihn ruhig für einen verdrossenen Finsterling halten sollten. Schließlich gab sie ihn als hoffnungslosen Fall auf, wandte ihm ebenso den Rücken zu, wie seine Gemahlin es tat, und Julian hatte seine Ruhe.
Er trank aus Langeweile zu viel vom Süßwein und beobachtete die übrigen Gäste. Am Tisch gegenüber entdeckte er Lady Elizabeth Woodville, die damals in Edwards Gefolge mit nach Waringham gekommen war. Sie lächelte ihm zu, als ihre Blicke sich trafen. Julian fragte sich irritiert, was sie schon wieder an diesem Hof tat. Hatte sie damals nicht gesagt, sie wolle sich aufs Land zu ihren Söhnen zurückziehen? Wieso war sie hier, obgleich sie doch wusste, wie gefährlich Edward einer alleinstehenden, schutzlosen Frau werden konnte? Sollte er – Julian – ihr nochmals seine Hilfe anbieten? Konnte er ihr überhaupt helfen?
Stirnrunzelnd schaute er zur hohen Tafel hinüber. Der junge König plauderte angeregt mit dem Erzbischof von Canterbury an seiner Seite, aß und trank ohne jedes Maß und begrapschte die Mägde, die den adligen Hofbeamten der königlichen Tafel beim Vorlegen der Speisen zur Hand gingen. Begrapschen war vielleicht nicht ganz richtig, musste Julian sich korrigieren. Der einen, die dem Mundschenk einen neuen Krug reichte, legte er die Hand auf den Arm, während er irgendetwas zu ihr sagte, und wie versehentlich streifte sein Unterarm dabei ihre Brust.Der nächsten, die einem der jungen Ritter die Fleischplatte hielt, während er den Erzbischof bediente, tätschelte Edward gedankenverloren das Hinterteil, während sie zwischen ihm und dem hohen Kirchenfürsten stand. Julian fragte sich, ob Edward überhaupt merkte, was er tat, oder ob er einfach seinen Trieben freien Lauf ließ, gewissenlos, wie der Bock auf der Weide es tat.
Julian war nicht der Einzige, dessen Missfallen die emsigen Hände des Königs erregten. An Edwards rechter Seite saß seine Mutter, Cecily Neville, die Königin Marguerite immer als Natter zu bezeichnen beliebte, die in Wahrheit jedoch eine wahrhaft feine Dame vom alten Schlag war und die Julian an seine eigene Mutter erinnerte. Elegant, aber in Witwenschwarz gekleidet, saß sie kerzengerade an der Seite ihres Sohnes, der bekommen hatte, was ihr toter Gemahl so ersehnt hatte. Ihre Lider waren ein wenig gesenkt, aber keine von Edwards verstohlenen Gesten schien ihr zu entgehen. Sie neigte sich ihm zu, sagte lächelnd ein paar Worte, und der König von England errötete bis in die blonden Haarwurzeln wie ein gescholtener Bengel und behielt seine Pranken fortan bei sich.
Julian grinste schadenfroh vor sich hin und ließ den Blick weiter zu den beiden jungen Brüdern des Königs gleiten, die zusammen mit ihrer Schwester Margaret ebenfalls an der hohen Tafel saßen. George of Clarence, der größere, musste inzwischen vierzehn sein. So alt wie Edward gewesen war, als er Julian das Leben rettete. Doch der junge Clarence hatte keine solche Präsenz wie sein Bruder im gleichen Alter. Er wirkte schlaksig und ungelenk und nervös, als fürchte er, mit seinen
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