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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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zu langen Armen und den knochigen Ellbogen etwas umzustoßen oder zu zerbrechen, und er führte den Becher öfter an die Lippen, als für einen so jungen Kerl gut sein konnte, so als sehne er sich nach Vergessen. Der elfjährige Richard of Gloucester, ein hübscher, dunkelhaariger Knabe, schien wesentlich gelassener. Der festliche Rahmen und der exponierte Platz an der hohen Tafel schüchterten ihn offenbar nicht ein. Lose hatte er die Linke um seinen Becher gelegt und lauschte höflichdem scheinbar endlosen Redefluss seiner Schwester, während seine grauen Augen stetig über die Menschen in der riesigen Halle schweiften. »In sich ruhend« hätte der Eindruck sein können, den man gewann, hätte der junge Gloucester nicht die seltsame Angewohnheit gehabt, die rechte Schulter hochzuziehen, was ihm das Aussehen verlieh, als erwarte er einen tückischen Schlag von der Seite oder sei auf dem Sprung, um die Flucht zu ergreifen. Als sein wandernder Blick auf Julian fiel, sah er ihm in die Augen, ohne zu lächeln.
    Steif, bewusst hochmütig nickte Julian ihm zu.
    Gloucester neigte den Kopf nach rechts, sodass er beinah die hochgezogene Schulter berührte, nahm ohne Eile die Hand vom Becher und fuhr sich mit Zeige- und Mittelfinger über die Kehle.
    Ah ja?, dachte Julian. Das ist wirklich hochinteressant. Spöttisch zog er eine Braue in die Höhe und hob Gloucester seinen Becher entgegen.
    Mit den zwei Fingern, mit denen er ihm gerade noch gedroht hatte, stieß der Junge an seinen eigenen. Es war ein fast spielerisches Schnipsen. Der Becher kippte um, und der tiefrote Wein sickerte ins weiße Tischtuch.
    »Sei lieber vorsichtig«, raunte Warwicks Stimme plötzlich von hinten in Julians rechtes Ohr. »Der Bengel steht hoch in der Gunst seines königlichen Bruders, und es gibt nichts, was er nicht für ihn täte.«
    »Na und? Was, glaubst du, sollte mich das kümmern?« Julian warf einen Blick über die Schulter. »Wieso schleichst du hier herum wie ein Meuchelmörder, statt deinen Platz an der hohen Tafel einzunehmen, Cousin?«
    »Weil ich geschworen habe, nie wieder das Brot mit Black William Herbert zu brechen.«
    Julian nickte. Auch der neue Earl of Pembroke hatte einen Ehrenplatz auf der Estrade, aß und trank mit sichtlichem Genuss. »Kennst du meine Frau?«, fragte Julian und winkte dann ab. »Ach, natürlich kennst du sie. Madam, wenn ich kurz unterbrechen dürfte …?«
    Janet sah auf, und als sie Warwick entdeckte, erhob sie sich freudestrahlend. »Mylord! Wie schön, Euch zu sehen.«
    Warwick lächelte und verneigte sich galant. »Lady Janet. Ich hatte noch keine Gelegenheit, Euch zu gratulieren. Ein großer Gewinn für Waringham, ein schmerzlicher Verlust für Warwick. Meine Töchter vermissen Euch.«
    Sie errötete vor Freude, und ihre Augen leuchteten. Julian betrachtete sie, die Wange auf die Faust gestützt, und dachte, wie hinreißend sie aussah.
    »Es ist sehr gütig von Euch, das zu sagen, Mylord. Und sie fehlen mir auch, meine beiden Engel.«
    Sie plauderten einen Augenblick, dann begrüßte Warwick die Matrone neben Julian, beglückte auch sie mit einer wohldosierten Darreichung seines Charmes, fragte nach ihren sieben Töchtern, begrüßte Stanley, und in Windeseile war eine angeregte Unterhaltung über Julians Kopf hinweg im Gange.
    Julian erduldete das mit eiserner Selbstbeherrschung. Verstohlen beobachtete er seine Frau, die mit einem Mal so lebhaft war, scherzte und plauderte und eine Selbstsicherheit ausstrahlte, die er nicht an ihr kannte. Er wusste, sie fühlte sich in Waringham immer noch oft genug so wie er hier: deplatziert, bedroht und isoliert. Also fasste er sich in Geduld und gönnte ihr den Abend unter alten Freunden.
    Als das Festmahl vorüber war, führte er sie zum Tanz, weil er merkte, dass sie furchtbar gern wollte, aber nach zwei oder drei Tänzen überließ er sie willig dem Earl of Warwick und kehrte an seinen Platz zurück.
    Die Bank hatte sich geleert, links und rechts war viel Platz neben ihm, denn verständlicherweise suchte keiner der Yorkisten seine Nähe. Doch wie er erwartet hatte, dauerte es nicht lange, bis der Duke of Somerset sich zu ihm gesellte.
    »Waringham.«
    »Somerset.«
    Dieser setzte sich neben ihn. Sie warteten, bis ein Page ihnen neuen Wein gebracht hatte, dann verschränkten sie beide die Hände um die Pokale und beugten sich darüber wie Eigenbrötlerin der Schenke, die am Grund ihres Bechers nach Weisheit suchen. Leise und unauffällig, wie sie hofften,

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