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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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zu urteilen weilte der Geselle schon seit Längerem nicht mehr unter den Lebenden. Aber Jasper nahm die übelriechende Gabe wie alles, was das Leben ihm bescherte: stoisch. Er zog Owen auf sein Knie und erklärte ihm, Gott habe diesen Fisch für die Möwen und Ameisen als Speise bestimmt, denn Menschen könnten nur solche Fische essen, die lebend aus dem Meer kamen. Der Zweieinhalbjährige war eigentlich noch zu klein, um das zu verstehen, aber er lauschte den Ausführungen ungewohnt brav, und seine großen, dunklen Augen hingen an Jaspers Lippen.
    Blanche erfreute sich an diesem Bild. Genau wie früher mit Richmond, wurde Jasper unbeschwert und sanftmütig, sobald er Muße fand, sich seinem Sohn zu widmen. Die Düsternis, in die er sich manchmal hüllte und die Leute wie ihr Bruder so undurchdringlich fanden, legte er ab wie einen überflüssigen Mantel an einem warmen Tag.
    »Hier.« Jasper zückte seinen Dolch und drehte den toten Fisch mit der Spitze der Klinge vorsichtig um. »Da sieht er schon ein bisschen grün aus. Den Vögeln macht das nichts, aber wir würden das Bauchgrimmen kriegen, wenn wir ihn äßen, verstehst du?«
    Blanche rümpfte die Nase. »Wie wär’s, wenn ihr ihn dorthin zurückbringt, wo Owen ihn gefunden hat?«, bat sie.
    Jasper zwinkerte seinem Sohn zu. »Deine Mutter ist der Ansicht, ein toter Fisch sei kein angemessenes Spielzeug.«
    »So ist es«, bestätigte sie mit Nachdruck.
    »Können wir ihn begraben?«, fragte Owen. »Weil er doch tot ist?«
    »Sicher«, antwortete sein Vater. »Wenn du willst. Aber erst geh ans Wasser und wasch dir die Hände.«
    Neiderfüllt sah Blanche zu, wie Owen seinem Vater gehorchte. Auf sie hörte er selten so anstandslos.
    »Begraben?«, spöttelte sie leise, während der kleine Kerl die Hände in die schäumenden Wellen steckte. »Wo? Hier in den Felsen?«
    Jasper wies nach links. »Da vorn ist ein bisschen Sand, das wird reichen. Und anschließend können wir …« Er brach ab, und während er auf die Füße kam, schloss sich die Faust fester um den Dolchgriff.
    Verwundert sah Blanche zu ihm hoch, und erst jetzt hörte sie die Schritte, die ihn aufgeschreckt hatten. Sie wandte den Kopf. Rhys, erkannte sie erleichtert. Es war nur Jaspers Bruder, der den felsigen Pfad entlang auf sie zukam, kein halbes Dutzend schwer bewaffneter Yorkisten, die endlich herausgefunden hatten, wo Jasper Tudor sich verbarg. Wie halten wir das nur aus?, fuhr es ihr durch den Kopf. Wie können wir in ständiger Angst leben, ewig fluchtbereit, und wieso sind wir nicht viel unglücklicher darüber?
    Rhys hatte sie erreicht, ließ die stürmische Begrüßung seines ziemlich feuchten Neffen duldsam über sich ergehen, verbeugte sich wie immer ein wenig linkisch vor Jasper und wandte sich schließlich an Blanche. »Der Junge ist krank«, berichtete er grußlos. Rhys hatte bis heute keine schönen Manieren gelernt, weil er nicht wollte, und spielte auch deswegen seine Rolle als Stallknecht so glaubhaft.
    »Richmond?«, fragte Jasper. »Was fehlt ihm?«
    Rhys sah nur ganz kurz in seine Richtung, aber es war wiederum Blanche, an die er seine Antwort richtete: »Er hat Fieber. Schon seit zwei Tagen. Generys hat es mit Wadenwickeln versucht, aber es hilft nichts. Und heute Morgen …«
    »Was heißt, er hat Fieber?«, unterbrach Jasper ungehalten.»Wieso? Sind es die Masern? Oder Blattern? Ein Sommerfieber? Was?«
    Sein Bruder schluckte sichtlich und schüttelte hilflos den Kopf. »Keine Ahnung, Mylord. Könnt Ihr mitkommen, Lady Blanche? Vielleicht wisst Ihr Rat.«
    Blanche merkte, dass er ihnen nicht alles sagte, und sie bekam Angst. Doch sie bedrängte Rhys nicht mit weiteren Fragen, sondern dachte kurz nach und traf eine schnelle Entscheidung. »Ich komme. Lass mich schnell ein paar Kräuter holen.«
    Sie wollte sich abwenden, aber Jasper legte ihr die Hand auf den Arm. Er sprach kein Wort, und sie las alles, was er nicht sagen konnte, in seinen Augen: Er fürchtete um sie, wenn sie ohne ihn in die Höhle des Löwen ging, die Black Will Herberts Burg war. Und es war der Zorn darüber, dass er sie nicht begleiten konnte, der ihm die Sprache verschlug.
    Unauffällig strich sie ihm über die Hand. »Ich bin schon vorsichtig. Und ich nehme Meilyr mit.«
    Jasper nickte und ließ sie los.
     
    Meilyr, der Tischler, dem William Herbert die Hand zerquetscht hatte, war inzwischen beinah so etwas wie ein Familienmitglied. Er kommandierte die Red Rose , wenn Jasper selbst anderweitig

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