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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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ein armes, vaterloses Knäblein, dessen Mutter bei der Geburt so entsetzlich gelitten hatte, dass sie ihr Kind nicht lieben konnte.Er war daher auf eine Weise allein auf der Welt wie kaum ein anderer Mensch. Vom ersten Tag an war sein Leben in Gefahr gewesen, drohte er ein Opfer des Krieges zu werden, der ihnen allen schon so viel abverlangt hatte. Als das Schicksal Blanche und ihn zusammengewürfelt hatte – in gewisser Weise beide auf der Flucht und beide in Wales gestrandet –, hatte sie sich seiner angenommen, und es war kein Opfer gewesen. Es war ihr leichtgefallen, diesen Jungen, der seinem Onkel in vielen Dingen glich, zu lieben.
    Und sie wusste nicht, wie sie es aushalten sollte, wenn er starb. Sie wusste erst recht nicht, wie Jasper das aushalten sollte, der sich dafür verantwortlich fühlen würde, weil er versäumt hatte, es zu verhindern.
    Sie schlug die Decke zurück. »Darf ich mir deinen Fuß anschauen?«
    »Er sieht eklig aus«, warnte eine helle Stimme am Fußende.
    Erschrocken fuhr Blanche herum. Ein zweiter kleiner Junge war eingetreten. Er war im gleichen Alter wie Richmond, und er hatte sich noch eine gute Portion von seinem Babyspeck bewahrt. Sein pausbackiges Gesicht hatte etwas Pfiffiges, aber Blanche erkannte auf einen Blick, wessen Sohn er war, und sie fuhr ihn abweisend an: »Warte draußen.«
    »Entschuldige mal …«, entgegnete der Knabe ebenso hochnäsig wie höflich. »Ich wohne hier.«
    »Lass ihn bleiben, Blanche«, bat Richmond murmelnd. »Er ist mein Freund. Bill Herbert.« Das Sprechen kostete ihn Mühe.
    Black Wills Welpe, ich hab’s doch gewusst, dachte Blanche angewidert, aber sie respektierte Richmonds Wunsch und beachtete den kleinen Yorkisten am Fußende nicht weiter.
    Dessen Einschätzung über den Zustand des verletzten Fußes war zutreffend. Behutsam nahm Blanche den Verband ab, den Generys gemacht hatte, und enthüllte zwei böse entzündete, eitrige Wunden, eine unter der kleinen Sohle, eine auf dem Spann, beide rund. Ein rötlicher Strich ging von der oberen ab wie ein Pfad von einer Lichtung und hatte bereits die Knöchelgegend erreicht.
    Blanche hatte keine Ahnung, welche Bewandtnis es mit diesem Strich hatte, aber sie wusste, was sie zu tun hatte. Eine Heilerin in Denbigh hatte es ihr einmal erklärt, und Blanche hatte sich das Vorgehen genau beschreiben lassen, weil Pfeilwunden sich manchmal auf diese eigentümliche Art entzündeten, und Pfeilwunden hatte sie des Öfteren zu versorgen.
    Aber einem erwachsenen, starken Mann Arm oder Bein aufzuschneiden war eine Sache. Die brüllten meist schon, dass es einem in den Ohren gellte. Wo sollte sie den Mut finden, um diesen kleinen Kinderfuß aufzuschneiden?
    Sie nahm ihre Kiepe ab und suchte zwischen den Leinenbeuteln herum. Als sie den hatte, den sie wollte, trug sie Generys auf: »Besorg einen Becher Wasser.«
    »Hier ist Wein.« Die Amme reichte ihr den Krug vom Tisch.
    Blanche schüttelte den Kopf. »Wasser.« Sie wog das winzige graue Säckchen in der Hand. »Man darf es nicht mit Wein mischen.«
    »Was ist es?«, fragte Rhys neugierig.
    »Tollkraut.«
    Es war ein Gift, und es trug seinen Namen zu Recht. Wer zu viel davon nahm, wurde toll, raste und tobte, verdrehte die Augen, fing an zu japsen und starb. Aber richtig dosiert, stillte es Schmerzen. Manche versetzte es gar in einen tiefen Schlaf, aus dem sie nicht einmal erwachten, wenn man ihnen ins Fleisch schnitt. Blanche hatte es einmal bei einem Bader in Harlech gesehen. Niemals mehr als zwanzig Körner für einen erwachsenen Mann, hatte er ihr eingeschärft. Lieber eines zu wenig als eines zu viel.
    Aber wie viele der winzigen schwarzen Samenkörner waren für ein Kind richtig? Als Generys ihr den Wasserbecher reichte, entschied sie sich für sieben. Sieben, fand Blanche, war eine gute Zahl.
    Sorgsam zählte sie die Körner mit den Fingern der Rechten in die Linke, dann richtete sie den Oberkörper des kranken Jungen auf. »Mund auf und Zunge raus«, ordnete sie an.
    Richmond spähte blinzelnd in ihre Handfläche. »Was ist das?«, fragte er matt. »Soll ich etwa Flöhe essen?«
    »Schsch. Das sind keine Flöhe, Engel. Es sind Körner. Sie werden dir helfen.«
    »Ich glaube, ich gehe lieber die Wache holen«, bemerkte Bill Herbert unbehaglich.
    »Du gehst nirgendwohin, Bübchen«, knurrte Blanche.
    Meilyr stellte sich vor die Tür, um dem Jungen den Weg zu versperren. »Keine Angst«, beruhigte er ihn. »Sie weiß, was sie tut.«
    Richmond leckte die sieben

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