Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
beieinander, Henry … »Das stimmt, Mylord. Aber es gibt eine Rebellion gegen Edward. Möglicherweise wird er nicht mehr lange König sein.«
Henry riss die Augen auf. »Wollen sie mir die Krone etwa zurückgeben?«
Julian sah, dass der Gedanke den König mit Grauen erfüllte. Früher hätte ihn das wütend gemacht. Inzwischen war er entweder langmütiger geworden, oder aber er hatte resigniert. Er konnte nie entscheiden, was von beidem der Fall war. »Nein, Sire. Edwards Bruder, der Duke of Clarence, soll die Krone bekommen. Da die yorkistische Königin ihrem Gemahl bislang nur Töchter geboren hat, ist Clarence sein Erbe, und Warwick hat außerdem das Gerücht in die Welt gesetzt, Edward of March sei ein Bastard und nicht Richard of Yorks Sohn, darum gehöre die Krone ohnehin Clarence.«
»Wie kann er es wagen!«, rief der König aufgebracht. »Warwick bezichtigt Cecily Neville des Ehebruchs? Eine der tugendhaftesten Damen Englands, die obendrein die Schwester seines Vaters ist?«
Julian nickte. »Das tut er, mein König. Warwick ist inzwischen jedes Mittel recht, um Edward zu entmachten.«
Der alte König sah ihn mit großen Augen an. Unruhig. Bekümmert. »Aber … warum? Er hat sich schon einmal soschwer versündigt, indem er mich verriet. Warum will er seine Seele ein zweites Mal mit solch einem Frevel in Gefahr bringen?«
Tja, warum, dachte Julian. Weil Edward erwachsen geworden war und sich Warwicks Kontrolle entzogen hatte. Der ehrgeizige Warwick fürchtete den Verlust seiner Macht, die er früher als die graue Eminenz hinter dem Thron ausgeübt hatte. »Clarence ist ein schwacher Charakter und ein Trunkenbold, Sire. Er würde Warwick die Regentschaft und sich selbst den Weinfässern in Westminster überlassen. Warwick gedenkt, ihn mit seiner ältesten Tochter zu vermählen, auf dass seine Nachkommen die Krone tragen werden. Ich schätze, eigentlich hätte er sie am liebsten selbst, aber das wagt er nicht.«
»Wehe dir, Cousin Warwick«, murmelte Henry kopfschüttelnd. »Ich fürchte um dich.«
Ich auch, dachte Julian. »Außerdem hat Edward ein Bündnis mit Burgund geschlossen, obwohl Warwick doch immer für Frankreich plädiert hat. Der französische König hatte ihm gar versprochen, ihn zum Herzog von Holland und Seeland zu machen, wenn er hilft, das burgundische Reich zu zerschlagen. Noch eine fette Beute, die Warwick dank Edward durch die Lappen geht. Aber ich nehme an, das Schlimmste in Warwicks Augen sind die Woodvilles.«
»Die wer?«
»Die Woodvilles, Sire. Die Sippschaft der yorkistischen Königin Elizabeth.«
»Sie war … Marguerites Hofdame, nicht wahr?«, fragte Henry und hustete trocken.
Julian nickte, schenkte dem König einen Becher des verdünnten Weines ein, den er bevorzugte, und stellte diesen vor ihn.
Henry trank. »Eine fromme, bescheidene, sittsame Frau.« Es war das höchste Lob in seinem Repertoire.
»Das war sie einmal, das ist wahr. Aber der Hochmut und die Zurückweisung der Lords haben sie … ein wenig härter gemacht, als sie früher vielleicht war. Allerdings ist nicht siedas Problem, sondern ihre unüberschaubar große Familie. Die Kritiker nennen die Woodvilles habgierig und maßlos, und man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass sie Recht haben: Vier von Elizabeths Schwestern haben vier der begehrtesten jungen Magnaten Englands geheiratet. Ihr Vater ist Lord Treasurer und in den Adelsstand erhoben worden; er darf sich neuerdings ›Earl Rivers‹ nennen. Thomas Grey, ihr Sohn aus erster Ehe, heiratet die steinreiche Erbin des Duke of Exeter, die eigentlich schon Warwicks Neffen versprochen war. Elizabeths Cousin ist der neue Earl of Kent, ihr Bruder hat die Witwe des Duke of Norfolk geheiratet und …«
Henry hob flehentlich die Hände. »Das kann ich mir niemals alles merken«, protestierte er.
Auch hellere Köpfe in England drohten ob dieser Fülle an Vorteilsnahmen und lukrativen Heiratsgeschäften den Überblick zu verlieren. Nur Richard Neville, Earl of Warwick, vergaß kein einziges Detail. Julian mutmaßte, Warwick führte heimlich Buch darüber. »Warwick hat seit jeher jeden mit Missgunst betrachtet, der seine Macht schmälert und sich zwischen ihn und Edward drängt. Black Will Herbert zum Beispiel verabscheut er mit einer Leidenschaft, die mir nie so recht begreiflich war. Und nun eben die Woodvilles. Unser Cousin Warwick, Sire, ist ein Mann, der einen Groll lange hegen und nähren kann. Und nun glaubt er seine Stunde gekommen. Aber
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