Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Priester das Kreuzzeichen über Herbert und hielt ihm ein Kruzifix hin. Demütig beugte der Todgeweihte den Kopf und küsste das Kreuz. Dann stand der Geistliche auf, trat beiseite, und der Mann mit dem schwarzen Tuch kam zurück und verband Herbert die Augen.
Das Schleifgeräusch verstummte.
Ohne Eile trat der Henker an den Block und stellte sich breitbeinig neben Herbert. Die Wachen schnitten dem Knienden das dichte schwarze Haar mit ihren scharfen Dolchen ab, um den Nacken zu entblößen. Dann drückten sie Herberts Kopf auf den Block hinunter.
Der Henker maß die Entfernung mit geübtem Blick, machte einen halben Schritt nach hinten, hob das Beil mit beiden Händen über den Kopf und sah zu Warwick. Der nickte knapp. Lautlos fuhr das Henkersbeil nieder und trennte William Herbert den Kopf mit einem einzigen, sauberen Hieb vom Rumpf. Der Schwung war beachtlich: Das Haupt mit dem schwarzen Bart schien erst ein Stückchen zu fliegen, ehe es im Gras landete und Robert Welles fast bis vor die Füße rollte. Aus dem Rumpf schoss eine Blutfontäne und traf diejenigen von Warwicks Bogenschützen, die das grausige Schauspiel von vorn und ganz aus der Nähe hatten sehen wollen. Fluchend sprangen sie zurück und brachen dann in dröhnendes Gelächter aus, um sich und der Welt zu beweisen, dass so ein kleines Blutbad sie nicht erschüttern konnte.
»Na bitte.« Julian atmete tief durch. »Ein Hurensohn weniger auf der Welt. Ich denke, jetzt kannst du dich auf den Weg machen, Tristan. Die Nachricht von William Herberts Hinscheiden dürfen wir wohl als gesichert betrachten.«
Lucas gluckste.
Tristan Fitzalan verneigte sich mit säuerlicher Miene vor seinem Dienstherrn und wandte sich grußlos ab.
Lucas schaute ihm einen Moment hinterher. Dann bemerkte er: »Tristan ist wirklich ein anständiger Kerl, weißt du, aber manchmal wünschte ich, er hätte ein Fünkchen mehr Humor.«
»Meine Schwester – oder sollte ich sagen, deine Schwiegermutter? – ist der Auffassung, er habe einen festigenden Einfluss auf uns.«
»Tja.« Lucas hob kurz die Schultern. »Ich schätze, das kann nicht schaden. Weißt du, manchmal …« Er brach ab, weil Robert Welles plötzlich vor ihnen stand.
Der Ritter verneigte sich formvollendet vor Julian. »Seid so gut und folgt mir, Mylord.«
Julian nickte bereitwillig. Er war nicht überrascht. Er trug seinen Wappenrock über der Rüstung, und ihm war klar gewesen, dass es nicht ewig dauern würde, bis irgendwer Warwick von seiner Anwesenheit hier berichtete.
Sie überquerten den Burghof, wo Warwicks Männer im Begriff waren, William Herberts Leib in einen schlichten Sarg zu legen und Feuer unter einem großen Kessel zu machen. Julian schnitt verstohlen eine kleine Grimasse des Widerwillens. Abgeschlagene Köpfe wurden überbrüht oder angekocht, um sie haltbar zu machen, ehe man sie auf eine Stange steckte und an einer Burg- oder Stadtmauer zur Schau stellte. Er verstand durchaus den Sinn dieses Brauchs, denn die aufgespießten Köpfe mit den schaurigen Fratzen waren wahrhaftig eine Abschreckung für alle, die sich mit finsteren Gedanken trugen. Trotzdem fand er es ziemlich eklig, wenn ein Kopf im sprudelnden Wasser schaukelte wie eine Ente auf einem Weiher, und er hatte sich schon so manches Mal gefragt, was als Nächstes in den fraglichen Kesseln gegart worden war.
Der Earl of Warwick saß nur mit seinem Bruder zusammen an einem Tisch auf der Estrade, ansonsten war die Halle menschenleer. Heller Sonnenschein fiel durch die offenen Fenster auf nackte Wände und altes Stroh, und ein feiner Nebel aus Staubkörnchen flirrte in der Luft.
Zähneknirschend sank Julian vor George Neville – dem Mann, der ihn quasi in Abwesenheit mit Janet Hastings vermählt hatte – auf ein Knie nieder und küsste den erzbischöflichen Ring. »Exzellenz.«
»Willkommen, mein Sohn.«
Julian stand auf und fand sich Auge in Auge mit Warwick, der ihm für einen Lidschlag die Hände auf die Schultern legte und lächelnd sagte: »Ich freue mich, dass du gekommen bist, Cousin.«
»Freu dich nicht zu früh«, gab Julian brüsk zurück. »Ich binnicht hier, um dir mein Schwert anzubieten.«
Falls Warwick enttäuscht war, ging er mit einem Augenzwinkern darüber hinweg. »Sondern um Black Will Herbert aus dieser Welt scheiden zu sehen?«
»Dafür scheint mir kein Weg zu weit.« Mit einem vielsagenden Blick auf den Erzbischof fügte er hinzu: »Jetzt verstehe ich, wieso du nicht gewagt hast, ihn ohne Absolution
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