Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
eine Furie. »Verflucht sollst du sein, Julian of Waringham!«, kreischte sie.
Sie trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust, und fast wäre er zu Boden gegangen, weil ihre Attacke etwas wie einen Kanoneneinschlag in seiner Schulter auslöste. Aber er blieb stehen.
Er wollte sie halten, doch sie wand sich aus seinen Armen und ließ ihre Fäuste weiter auf ihn niederfahren. » Du hast gesagt, ich soll mich mit ihm aussöhnen und gemeinsame Sache mit ihm machen und meinen Sohn nach England zurückbringen. Es war deine Idee. Edouards Blut klebt an dir, du Bastard …«
»Ja. Ich weiß, Marguerite.«
»Ich wünschte, du wärst tot. Warum bist du nicht gefallen? Du hast meinen Sohn umgebracht! Meinen Prinzen! Du hast kein Recht, am Leben zu sein …«
»Madame«, begann Anne zögernd. »Das dürft Ihr nicht sagen. Waringham und die anderen Lords haben doch nur …«
»Geh mir aus den Augen, du kleine Hexe. Du … du hast vom ersten Tag an nichts anderes im Sinn gehabt, als ihn mir wegzunehmen! Du konntest es ja nicht erwarten, endlich die Beine für ihn breit zu machen, du Luder …«
Anne errötete. Mit leicht geöffneten Lippen wich sie in ihre Ecke zurück.
»Habt Ihr nicht gehört, was ich gesagt habe, Anne«, sagte Julian eindringlich. »Ihr müsst ins Asyl gehen. Sofort.«
Marguerite stürzte sich wieder auf ihn. »Mörder! Mörder! Du hast mein Kind auf dem Gewissen …« Und dann brach sie zusammen, fiel auf den harten Boden, rollte sich zusammen und schrie.
Julian wäre es lieber gewesen, sie hätte ihn weiter beschimpft. Er war hergekommen, um ihr Gelegenheit dazu zu geben. Denn sie hatte mit jedem Wort Recht: Es war seine Schuld. Er hatte die Ereignisse eingefädelt, die zu diesem Ende geführt hatten. Und er wollte es hören. Von ihr. Das stand ihnen beiden zu.
»Edouard«, schrie sie. »Edouard!«, und solch ein hoffnungsloses Sehnen war in ihrer Stimme, dass es Julian eiskalt den Rücken hinabrieselte. Leicht schwankend stand er in der Mitte des freundlichen, kleinen Gästehauses und sah auf die gebrochene Königin hinab. Sie warf sich auf den Rücken, trommelte mit Fäusten und Füßen auf die Erde, und sie hörte nicht damit auf, als ihre Hände zu bluten begannen.
Julian ließ sich neben ihr auf ein Knie nieder und umfasste ihre Hände mit seinen. Marguerite tobte weiter, wollte sich losreißen und verfluchte ihn.
Anne wandte sich unsicher zur offenen Tür, als ein Schatten über die Schwelle fiel.
»Richard!«, rief sie. Es klang überrascht und unendlich erleichtert.
Julian sah auf.
Der Duke of Gloucester stand am Eingang, ein halbes Dutzend seiner Männer folgte ihm dicht auf den Fersen.
Richard? , dachte Julian verwirrt, ehe ihm wieder einfiel, dass Gloucester in Warwicks Haushalt ausgebildet worden war. Vermutlich waren er und Anne Freunde aus Kindertagen.
Richard of Gloucester war nur ein Jahr älter als der gefallene Prinz, aber man konnte sehen, dass er für seinen königlichen Bruder schon so manche Schlacht geschlagen hatte. Er war keinKnabe mehr, sondern ein stattlicher, junger Ritter. Er strahlte eine enorme Selbstsicherheit aus, und er wäre ebenso gut aussehend gewesen wie sein Bruder, hätte nicht ein Ausdruck berechnender Arroganz seine hübschen Züge verhärtet. Und er hatte immer noch diese seltsame Angewohnheit, die rechte Schulter hochzuziehen, was ihm etwas Verschlagenes verlieh.
Aber jetzt vertrieb ein Lächeln jede Finsternis aus seiner Miene, und er streckte der jungen Witwe die Linke entgegen. »Anne! Welche Freude, dich unversehrt zu sehen, Cousine.«
Sie legte vertrauensvoll die Hand in seine.
»Geh hinüber in die Kapelle des ehrwürdigen Abtes«, riet auch er. »Warte dort, bis ich komme oder jemanden nach dir schicke.«
»Denkst du nicht, ich sollte ins Asyl gehen? Mein Gemahl … mein Vater.« Sie presste für einen Augenblick den Handrücken vor den Mund, um die Fassung zu wahren.
Gloucester küsste ihre Linke. »Sei unbesorgt. Du stehst unter meinem persönlichen Schutz. Du hast nichts zu befürchten, ich gebe dir mein Wort.«
Julian verspürte Erleichterung, dass wenigstens dieses unschuldige, gutartige Geschöpf nicht zwischen die Mühlsteine des Krieges geraten würde.
Während Anne hinausging, ließ er Marguerite los und kam ein wenig mühsam auf die Füße.
»Verwundet, Mylord of Waringham?« Gloucester lächelte nicht mehr. Wenn seine Miene überhaupt etwas preisgab, war es Genugtuung.
Julian antwortete nicht.
Marguerite hatte beide
Weitere Kostenlose Bücher