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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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was so vollkommen wider seine Natur war, dass Rhys und Madog ihn mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Furcht betrachtet hatten. Nicht, dass es irgendetwas genützt hätte. Er war angekettet – in einer Weise machtlos und ausgeliefert wie nie zuvor in seinem Leben –, und so hatte er tatenlos zusehen müssen, wie es geschah. Er hatte einmal geschworen, diesen Jungen notfalls mit seinem Leben zu beschützen. Und er wusste nicht, wie er es aushalten sollte, so vollkommen versagt zu haben.
    Richmond richtete sich auf, und auch die Kette an seinem Fußgelenk klirrte. Er zog die Knie an, schlang die Arme darum, und schließlich hob er den Kopf. Sein linkes Auge war zugeschwollen, und Blut war ihm aus der Nase über Lippen und Kinn gelaufen und dort getrocknet, aber er lächelte. »Es besteht keine Veranlassung, mich anzusehen, als sei das hier meine Beerdigung, Gentlemen«, murmelte er.
    Er ist verlegen, erkannte Jasper verblüfft. Er ist kein kleiner Bengel mehr. Das war keine neue Erkenntnis, aber sie konnte ihn trotzdem immer noch überraschen. »Wie fühlst du dich?«
    »So, als hätte Malachy Devereux sich die Stiefel an mir abgetreten«, lautete die bissige Antwort. »Es war nicht das erste Mal.«
    »Aber hoffentlich das letzte Mal«, erwiderte Jasper grimmig.
    Richmond betastete behutsam seine Nase und hob die Schultern. »Ich bin nicht sehr zuversichtlich, wenn ich ehrlich sein soll«, bekannte er mit einem kleinen, grimmigen Lächeln. »Aber er soll nur kommen.«
    Jasper war es, als sei sein Herz plötzlich zu groß für seine Brust, so voller Stolz und Liebe war es mit einem Mal. Richmond fürchtete sich. Aber er wahrte seine Haltung mit einer Selbstverständlichkeit, die beinah instinkthaft schien, und dieses trotzige Glimmen in den Augen, diesen »Zur-Hölle-damit«-Ausdruck kannte Jasper von seinem Bruder Edmund und seinem Vater.
    »Ein echter Tudor mit dem Herz eines Drachen«, murmelte er.
    Richmond wandte hastig, beinah erschrocken den Kopf ab. Solche Worte war er von seinem Onkel, der für gewöhnlich sehr sparsam mit Lob umging, nicht gewöhnt.
    »Ihr hofft nicht im Ernst darauf, dass sie uns hier rausholt, oder?«, fragte Rhys seinen Bruder. »Wie soll sie das anstellen? Was in aller Welt kann sie allein gegen zwanzig oder dreißig dieser englischen Schweinehunde ausrichten? Eine Frau obendrein?«
    Jasper hatte keine Ahnung. Aber in Anbetracht seiner völligen Ratlosigkeit blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass Blanche wieder einmal irgendein Wunder vollbrachte. Sie hatte so unbeirrbar darauf bestanden, ihn und Richmond zu begleiten. Sie hatte irgendetwas geahnt. Und wenn das der Fall war, war es dann so vermessen zu glauben, dass Gott ihr diese Ahnung geschickt hatte, um seinen auserwähltenKönig aus dieser kolossalen Klemme zu befreien? »Ich weiß es nicht, Bruder«, erwiderte er mit einer Art Verbindlichkeit, die jeder, der ihn kannte, sofort als Gefahr erkannte. »Aber da du derjenige bist, dem wir es verdanken, überhaupt in diese Lage geraten zu sein, wäre ich dankbar, wenn du aufhören würdest, Missmut zu verbreiten. Das bringt uns nämlich ganz gewiss nicht hier raus.«
    Das hatte den gewünschten Effekt: Rhys kniff die Lippen zusammen, wandte ihm demonstrativ den Rücken zu, setzte sich ins Stroh und hielt endlich den Mund. Gott sei gepriesen für seine kleinen Gnaden, dachte Jasper.
    Derweil brachte Madog Richmond einen Krug mit Wasser, den die Wache neben der Tür abgestellt hatte. »Hier, Mylord. Kühlt Euer Gesicht. Aber trinkt lieber nicht davon«, riet er.
    »Ihr denkt wirklich, sie würden uns vergiften?«, fragte der Junge.
    Madog wechselte einen Blick mit Jasper und hob dann die Schultern. »Nun, wenn ich an ihrer Stelle wäre, hätte der Gedanke zweifellos einen gewissen Reiz«, antwortete er vorsichtig. »Ein unliebsamer Thronanwärter, der in einem entlegenen walisischen Verlies ein rätselhaftes Ende findet, ist allemal besser als ein lebendiger unliebsamer Thronanwärter, nicht wahr?«
    »Warum töten sie uns dann nicht einfach?«, fragte Richmond.
    »Weil man in die Hölle kommt, wenn man königliches Blut vergießt«, erklärte Jasper. »Das Gift würdest du selbst zu dir nehmen. Das ist etwas anderes, technisch gesehen.«
    »Königliches Blut«, murmelte Richmond spöttisch vor sich hin und formte mit den Händen eine Schale, sodass Madog Wasser hineingießen konnte.
    Er kann immer noch nicht glauben, wer er ist, fuhr es Jasper durch den Kopf.

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