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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Jahren nicht gelernt, damit zufrieden zu sein? Es war solch eine große Gnade.«
    Blanche gab ihr Recht. »Das war es ohne Zweifel. Und ich hadere nicht mit Gottes Ratschluss. Aber wie könnten wir uns damit zufrieden geben, dass die Yorkisten – nicht Gott − uns das Leben gestohlen haben, das uns eigentlich zugedacht war?«
    »Wenn wir es nicht tun, werden unsere Männer und Söhne sterben. Richmond hat doch nicht die geringsten Aussichten, jemals König von England zu werden. Sei mal ehrlich, nicht einmal du glaubst wirklich daran.«
    »Oh doch, ich glaube daran«, widersprach Blanche hitzig, ohne sich die Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken. Sie wusste, das wäre zu gefährlich gewesen.
    Janet bedachte sie mit einem Kopfschütteln. »Aber niemand in England kennt ihn. Wer den Namen Tudor hört, denkt an Wales. Edward hingegen ist, bei all seinen Schwächen, ein guter König, der den Menschen Frieden und Recht zurückgebracht hat. Warum bei allen Heiligen sollten die Engländer einen neuen blutigen Bruderkrieg riskieren, um einen guten König gegen einen Unbekannten auszutauschen?«
    Blanche hatte stirnrunzelnd gelauscht. Mit wütenden Bürstenstrichen fuhr sie über den Mantel, und noch ehe sie die passende Erwiderung gefunden hatte, sagte eine tiefe Stimme von der Tür: »Meine Frau ist immer noch überzeugend mit ihren yorkistischen Parolen, nicht wahr?«
    Die Schwägerinnen sahen auf. »Julian!«, riefen sie wie aus einem Munde.
    Er lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen: die blonden Haare windzerzaust, das Gesicht wettergegerbt und gebräunt, die Augen bestürzend blau und voller Leben. Blanche lächelte ihm wissend zu. Vermutlich hatte Janet Recht, wenn sie sagte, Julian leide unter dem Verlust von Waringham und allem, was früher sein Leben ausgemacht hatte, aber er wirkte alles andere als unglücklich. Sie argwöhnte, dass er sein Seemannsleben weitaus mehr liebte, als er je zugegeben hätte.
    Janet trocknete sich die Hände an der Schürze ab, trat ihm entgegen und legte die Arme um seinen Hals. Blanche wandte den Blick ab, um das Wiedersehen nicht zu stören. Die beengten Verhältnisse, in denen sie lebten, hatten sie alle Diskretion gelehrt.
    »Wo ist Edmund?«, fragte Janet, nachdem sie sich von Julian gelöst hatte.
    »Auf dem Weg vom Hafen hierher trafen wir Juliana. Er begleitet sie zum Markt«, antwortete Julian, trat ein, küsste seiner Schwester im Vorbeigehen die Wange und spähte in den Brottopf. Er war leer.
    »Ich gehe später zum Bäcker«, versprach Blanche.
    »Du brauchst nicht anschreiben zu lassen«, eröffnete er ihr. »Ich bringe Geld. Ziemlich viel Geld, um genau zu sein.«
    Blanche fiel ein Stein vom Herzen. Selten waren sie so klamm gewesen wie derzeit, und es war nicht nur der Hunger, den sie gefürchtet hatte, sondern mehr noch die Düsternis, in welche Jasper jedes Mal stürzte, wenn ihnen Not drohte.
    »Woher hast du es?«, fragte Janet neugierig.
    »Das erzähl ich euch später. Wo sind Jasper und Richmond? Ich bringe Neuigkeiten, und wir müssen reden.«
    »Jasper ist bei Herzog François, der gerade wieder einmal damit liebäugelt, uns nach Frankreich auszuliefern«, berichtete Blanche. »Wo Richmond sein mag, weiß Gott allein. Was für Neuigkeiten?«
    Aber Julian ließ sich nichts entlocken. Blanche spürte, dass er hinter seinem geheimnisvollen Lächeln eine eigentümliche Mischung aus Anspannung und Euphorie verbarg, die ihre Neugierde nur noch steigerte. Doch ehe sie ihm weiter zusetzen konnte, kam Alice mit den ersten fertigen Wäschestücken vom Fluss zurück, fiel ihrem Vater jubelnd um den Hals und belegte ihn mit Beschlag. Kurz darauf kamen auch Edmund und Juliana vom Markt, dann kehrten die Jungen mit einem riesigen Eimer voller Schnecken vom Strand heim, und allmählich füllte sich das Haus. Blanche und Janet kommandierten die Horden mit der Routine und Umsicht erfahrener Feldherrn: Zwei der älteren Söhne wurden mit einem verheißungsvoll klimpernden Beutel aus Julians Raubzug auf den Markt und zum Bäcker geschickt. Den wenig entzückten Töchtern wurde aufgetragen, mit der Wäsche fortzufahren, während das übrige Jungvolk zum Holzstapeln und zur Arbeit im Gemüsegarten eingeteilt wurde.
    Julian verdrückte sich lieber, ehe seine Frau oder Schwester auch ihn noch zu irgendeiner sinnvollen Betätigung verdonnern konnten, trat in den engen, dunklen Flur und stieg die Treppe zur Halle hinauf. Der schlichte Wohnraum über der Küche hatte einen

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