Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Belohnung kommen«, antwortete Geoffrey heiser. »Er hat sich von den Zinnen deiner Burg gestürzt, Julian.«
»Das ist kein großer Verlust«, gab dieser zurück. »Und wo immer er jetzt sein mag, ich wette, er hat’s schön warm.«
Blanche spürte, wie das unwillkommene Mitgefühl für ihren unglücklichen Gemahl sich anschleichen wollte, und lenkte ihre Gedanken lieber schnell in eine andere Richtung. »Malachys Bruder hat gerade Julians Tochter geheiratet, Geoffrey. Vielleicht wäre es gut, wenn vorläufig niemand außerhalb dieses Raums von Malachys Tod erfährt. Alice trägt schwer genug an den Dingen, die sie erlebt hat.«
»Natürlich«, erwiderte Geoffrey bereitwillig. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Es ist also wahr. Die Prinzen sind tot. Richard hat die Söhne seines Bruders ermorden lassen.« Es klang fassungslos, und er klammerte sich an Blanches Hand, ohne es zu merken.
Niemand sagte etwas. Es war eine Tat, die jeden von ihnen sprachlos machte. Blanche tauschte einen Blick mit ihrem Bruder und sah, dass ihm die gleichen Fragen durch den Kopf gingen wie ihr: Hatte der Fluch, den ihr Vater mit seinen letzten Atemzügen ausgesprochen hatte, solche Macht, dass er dieses schreckliche Verhängnis über das Haus derer von York gebracht hatte? Und wenn ja, hätte ihr Vater das wirklich gewollt?
»Wie?«, fragte Geoffrey schließlich. »Wie haben sie das fertiggebracht, ohne dass es in London die Spatzen von den Dächern pfeifen?«
Richmond nickte Lucas auffordernd zu.
»Nachts, in aller Stille und mit der Duldung des Constable«, erklärte Julians Ritter und berichtete, was er im Tower gesehen hatte. Man konnte sehen, dass es ihm schwerfiel. Und obwohl Blanche es nicht zum ersten Mal hörte, spürte sie das Grauen unvermindert.
Auch Geoffrey lauschte mit schreckgeweiteten Augen. »Ich gestehe, ich hatte Mühe, es zu glauben«, räumte er schließlich ein. »Vielleicht könntet ihr es verstehen, wenn ihr König Richard gesehen hättet. Er ist so … überzeugend in seiner Rolle. Mit kleinem Gefolge zieht er durchs Land, als gäbe es nichts auf der Welt, das ihm Sorgen macht. Immer galant zu seiner Gemahlin, immer gütig zu seinem Söhnchen. Er verteilt großzügige Geschenke, senkt die Steuern und macht an jedem Heiligenschrein halt …«
»Um den Zweiflern zu beweisen, dass er ein christlicher König von Gottes Gnaden und kein Tyrann ist«, mutmaßte Richmond verächtlich.
Geoffrey nickte. »Aber alle überzeugt er nicht, Mylord. Und Lady Megan glaubt, dass es auch im engsten Kreis um denKönig Männer gibt, die Fragen nach dem Verbleib der Prinzen stellen.«
»Ihr Gemahl, nehme ich an«, sagte Richmond. »Lord Stanley mag ein unverbesserlicher Yorkist sein, aber er ist ein anständiger Mann.«
Geoffrey schüttelte den Kopf. »Er steht unerschütterlich hinter König Richard. Er kann einfach nicht glauben, dass sein König etwas mit dem Verschwinden der Jungen zu tun hat …« Er brach ab.
Richmond hob plötzlich das Kinn. »Sondern verdächtigt mich ?«
Geoffrey antwortete nicht.
»Natürlich«, murmelte Jasper bitter. »Richard muss irgendeine Erklärung auftischen, wenn er gefragt wird, was aus den Prinzen geworden ist. Und er wird behaupten, keine Erklärung für ihr Verschwinden zu haben, und düstere Andeutungen über eine lancastrianische Verschwörung machen.«
»Ich fürchte, genau so ist es«, gestand Geoffrey. »Aber manch einer fragt sich, wie Lord Richmond aus dem Exil heraus das Kunststück vollbracht haben sollte, die Prinzen aus dem Tower verschwinden zu lassen, wo es doch in ganz England keinen einzigen Lancastrianer mit Macht und Einfluss mehr gibt, der als sein Verbündeter hätte fungieren können.«
»Außer meiner Mutter«, schränkte Richmond ein. »Und vermutlich würde Richard nicht einmal davor zurückschrecken, sie zu bezichtigen.«
»Er mag skrupellos und ein Mörder sein, aber kein Narr«, widersprach Julian. »Das würde ihm nicht einmal sein bester Freund, der Duke of Buckingham, glauben.«
»Ich bin nicht sicher, ob Buckingham noch König Richards bester Freund ist, Julian«, sagte Geoffrey und wagte zum ersten Mal, seinem Cousin offen in die Augen zu sehen. »Gewiss, niemand steht so hoch in des Königs Gunst wie er. Aber auch Buckingham quält der Verdacht, dass Richard etwas mit dem Verschwinden seiner Neffen zu tun haben könnte.«
»Und wieso? Wie kann er zweifeln, wenn er doch so fest anihn geglaubt hat, um all das für ihn zu tun?«, fragte
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