Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
können?«, konterte Richmond. »Vor allem, was ist mit meiner Mutter? Erwartet ihr im Ernst, dass ich in der Bretagne die Hände in den Schoß lege, während sie in den Tower gesperrt wird, um dann genauso zu verschwinden wie die Prinzen?«
Da niemand sonst es sagte, gab Robin sich einen Ruck. »Im Moment kannst du nichts anderes tun. Lady Megan wäre die Erste, die dich daran erinnern würde, dass du das Wohl Englands über das ihre stellen musst, Richmond.«
»Schöne Worte«, höhnte Richmond. »Ich möchte dich sehen, wenn es deine Mutter wäre.« Er ließ die Linke sinken undklemmte beide Hände zwischen die Knie, so hastig, als wolle er vermeiden, dass irgendwer sie zittern sah. »Großer Gott, was hab ich nur angerichtet? Wie konnte es passieren, dass wir so kläglich scheitern?«
»Vielleicht könnten wir die Themse hinaufsegeln«, schlug Mortimer nachdenklich vor. »Bis kurz vor London. Dann reiten wir in die Stadt und holen Lady Megan aus …«
»Du bist ja nicht bei Trost«, unterbrach Robin ungehalten. »Du musst doch wissen, dass sie die ganze Küste und die Themse nach uns absuchen und …«
»Es ist wieder einmal ein Beweis für deinen unerschütterlichen Heldenmut, dass du eine Dame wie Lady Megan dem Zorn eines unberechenbaren Ungeheuers überlassen willst.«
»Und du beweist wieder einmal deine Unfähigkeit, das Wesentliche zu erkennen. Wenn die Yorkisten Richmond schnappen, dann …«
»Schluss!«, donnerte dieser plötzlich.
Alle zuckten zusammen, denn sie waren es nicht gewohnt, dass er die Stimme erhob.
Richmond stand auf und wies einen anklagenden Finger, der nicht ganz ruhig war, erst auf Robin, dann auf Mortimer. »Ich will das nicht mehr hören«, beschied er. »Ihr erzählt mir, was ich zum Wohle Englands zu tun habe, und besitzt nicht einmal genug Disziplin, um im Angesicht unserer Feinde Frieden zu halten. Aber ich sage euch: Wenn ihr das nächste Mal in meiner Gegenwart streitet, verbanne ich euch alle beide von meiner Seite. Ihr solltet mir lieber glauben, denn ich meine, was ich sage.«
Das war nicht zu übersehen. Seine beiden gescholtenen Freunde starrten ihn ebenso fasziniert an wie Owen und Edmund. Keiner von ihnen hatte ihn je so bitter, so verzweifelt und gleichzeitig so königlich gesehen.
Robin fasste sich als Erster. Er stand vom Boden auf, machte einen Schritt auf Richmond zu und sank vor ihm auf ein Knie. »Vergib mir, Mylord.«
Mortimer kniete an seiner Seite nieder. »Auch ich bitte um Vergebung, Mylord.«
»Dann erhebt euch und zeigt mir, dass ihr euch versöhnt habt.«
Mortimer und Robin standen auf, und man sah beide schlucken. Aber sie zögerten nicht, sondern küssten sich zum Zeichen ihrer aufrichtigen Friedensabsicht auf den Mund, wie es üblich war. Es war nur eine äußerst flüchtige Berührung ihrer Lippen, aber dennoch gaben sie mit der Geste ein Versprechen ab, das man kaum brechen konnte, ohne seine Ehre zu verlieren.
Richmond nickte ernst. »Also vergebe ich euch«, erklärte er eigentümlich feierlich. »Und nun seid so gut und lasst mich allein, Gentlemen. Sagt Meilyr, wir kehren in die Bretagne zurück. Ich muss es Gott überlassen, meine Mutter vor Richards Rache zu bewahren.«
Bletsoe, März 1484
Gott hatte Megans
Gemahl Lord Stanley mit dieser delikaten Angelegenheit betraut. Stanley hatte wie seit jeher auch während der Rebellion fest an König Richards Seite gestanden, sodass der sich genötigt gesehen hatte, nachzugeben, als Stanley auf Knien um Gnade für seine Gemahlin bat. Megan Beaufort war sämtlicher Titel enthoben worden und hatte all ihre Ländereien ebenso verloren wie ihr märchenhaftes Vermögen, aber nicht an die Krone, sondern an ihren Gemahl. Und vor allem durfte sie weiterleben. Zumindest vorerst.
Stanley war ein wenig gekränkt über ihren Mangel an ehelicher Loyalität und Gehorsam, vor allem darüber, dass sie hinter seinem Rücken die versuchte Machtergreifung ihres Sohnes unterstützt und finanziert hatte. Aber richtig böse sein konnte er ihr nicht. Er schickte sie zurück nach Bletsoe – den Schauplatz ihrer einsamen Kindheit −, wo sie zur Strafe für ihre lancastrianischen Sünden ohne Dienerschaft und mit sehr kargen finanziellen Mitteln auskommen musste.
»Er behandelt mich wie ein ungezogenes Kind, das ohne Essen ins Bett geschickt wird«, sagte Megan mit einem nachsichtigen Lächeln.
Julian schlenderte mit ihr durch den verwilderten Garten. Sie hatte sich bei ihm eingehängt, und er hatte seine
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