Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Erlaubnis meines Gemahls gekommen, mein lieber Freund?«, erkundigte sie sich ein wenig besorgt.
»Im Gegenteil. Er schickt mich.« Er geriet ins Stocken – was ihm nicht ähnlich sah −, so als wisse er mit einem Mal nicht mehr, was ihn eigentlich herführte.
Julian stellte einen Becher verdünntes Ale vor ihm auf den Tisch. »Nehmt Platz, Vater.«
»Betätigt Ihr Euch hier neuerdings als Mundschenk?«, scherzte der ein wenig lahm.
»Da Ihr es nicht tut …«, entgegnete Julian achselzuckend.
Vater Christopher sah ihn betreten an, aber Megan hob die Hand zu einer ihrer königlichen Gesten. »Genug davon. Esst mit uns, Vater. Und sagt uns, was Euch herführt.«
Behindert durch sein langes Priestergewand, kletterte Christopher ungeschickt über die Bank und ließ sich nieder. Dann legte er die Hand um den Becher, trank aber nicht. »Der Prince of Wales ist gestorben, Madam«, sagte er unvermittelt.
»Was denn, schon wieder?«, entfuhr es Julian.
Megan hatte die kleine Hand vor den Mund geschlagen, ließ sie jetzt aber wieder sinken und wies ihn scharf zurecht: »Unter meinem Dach wird nicht über den Tod eines Kindes gespottet, Cousin!«
Er biss sich auf die Zunge, ehe er darauf hinweisen konnte, dass es nicht mehr ihr, sondern Stanleys Dach war, und quittierte ihren Tadel mit einem knappen Nicken. Sie hatte ja Recht. Und er schämte sich für seine Bemerkung, aber nur ein bisschen. Richard of Gloucesters Welpe war noch ein zartes Knäblein gewesen, aber eben Richard of Gloucesters Welpe. Julian konnte den unchristlichen Verdacht, dass der frühe Tod des Jungen kein Verlust für die Welt war, nicht abschütteln. »Was ist passiert?«, fragte er den Priester.
»Es war ein Fieber«, berichtete der. »Vor etwa einer Woche fing es an, und was immer die Ärzte taten, es wurde nur schlimmer statt besser. Letzte Nacht ist er gestorben. Und Lord Stanley sagt, der König und die Königin sind wie von Sinnen vor Schmerz, alle beide.«
Es war einen Moment still. Arme Anne, dachte Julian, obwohl er nicht wollte. Er konnte ihr den Weg nicht verzeihen, den sie eingeschlagen hatte, aber er musste zugeben, dass sie teurer dafür bezahlte, als sie vermutlich verdient hatte. »Auf die Gefahr hin, dass du mich vor die Tür setzt, Megan: Gott hätte sich kaum unmissverständlicher offenbaren können, oder?«
»Du glaubst, Gott züchtigt Richard für die Ermordung seiner Neffen?«, fragte sie beklommen.
Julian hob beide Hände, als wolle er sagen: Was denn sonst?
Megan bekreuzigte sich und senkte den Kopf zu einem stillen Gebet. Wie üblich betete sie lange. Vater Christopher leistete ihr Gesellschaft. Und selbst Julian ertappte sich bei dem Gedanken, dass er hoffte, der kleine Prince of Wales dürfe im Paradies mit seinen beiden Cousins Fußball spielen.
Er erfüllte Megans Wunsch und begleitete sie in die verfallene Kapelle, wo Vater Christopher eine Messe für den toten Prinzen las. Doch wenig später brach Julian auf, denn er wusste, er durfte keine Zeit verlieren. Richmond musste sofort erfahren, was passiert war. König Richard hatte keinen Erben mehr; seine Position war geschwächt. Seine Lords würden bald anfangen, zu munkeln und zu zweifeln. Und darum würde Richard jetzt nichts mehr unversucht lassen, um den gefährlichen Konkurrenten in der Bretagne endlich zu beseitigen.
Vannes, August 1484
» E.o.Y. an
H. T. E. o. R., Grüße «, las Richmond vor und schüttelte mit einem kleinen Schmunzeln den Kopf.
»Was soll das um Himmels willen heißen?«, fragte Mortimer.
»Elizabeth of York an Henry Tudor, Earl of Richmond«, antwortete Robin prompt. Eine Bemerkung über Mortimers Begriffsstutzigkeit schluckte er hinunter, obwohl sie ihm so schlüpfrig wie eine bretonische Strandschnecke auf der Zunge lag. Er hatte Richmonds furchtbare Drohung weder vergessen, noch gedachte er, sie in den Wind zu schlagen. Außerdem hatte Mortimer kurz nach Ostern Robins kleine Schwester Juliana geheiratet und war somit nun sein Schwager. Darum hielten die einstigen Streithähne heutzutage Frieden, was sie in aller Regel dadurch bewerkstelligten, dass sie einander vollkommen ignorierten.
» Habt Dank für Euren Brief, mein lieber Freund «, las Richmond weiter. Ob dieser vertraulichen Anrede überzogen dieglatt rasierten Wangen sich mit einer schwachen Röte. » Er kam gerade recht, um mich aufzuheitern, aber ich will Euch nicht verhehlen, dass ich in großer Sorge bin. Der ehrwürdige Beichtvater Eurer Mutter war so freundlich,
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