Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
gehen, schätze ich.«
Robin drehte sich stöhnend auf die Seite, aber sobald er allein war, machte er sich an die schwierige Aufgabe, sich in die Senkrechte zu bringen.An Land zu gehen war nicht so einfach, wie sie gehofft hatten. Selbst im geschützten Hafenbecken von Plymouth schlug die aufgewühlte See in beängstigenden grauen Brechern gegen die Kaimauer, und Meilyr ließ den Anker sicherheitshalber ein gutes Stück weiter draußen werfen, damit sie nicht zerschellten.
Richmond, Mortimer und Owen standen an der Reling. Nach einer Weile gesellte Robin sich zu ihnen, lehnte sich unauffällig an das Beiboot und spähte durch den unablässigen Regen zum Ufer hinüber. Eine große Schar Männer stand dort versammelt, und als sie über dem Toppsegel Richmonds Wappen mit dem roten Drachen von Wales erkannten, hoben sie die Arme und winkten.
»Eine Abordnung von Buckingham?«, fragte Mortimer unsicher.
»Vermutlich«, antwortete Richmond. »Bischof Morton hat mir geschrieben, ich solle entweder in Poole oder hier landen, also ist es gut möglich, dass Buckingham in beiden Häfen nach uns Ausschau halten lässt.« Er wandte sich an den Kapitän. »Meilyr, wie komme ich hinüber?«
Der vierschrötige Waliser wies mit dem verstümmelten Arm zum Kai hinüber. »Sie schicken ein Boot, diese Wahnsinnigen. Sie müssen Euch sehr sehnsüchtig erwarten, Mylord.«
Ein untypisch übermütiges Funkeln stand in Richmonds Augen. »Darauf wette ich. Buckingham hat inzwischen gemerkt, dass er uns braucht, um die Waliser für seine Sache zu begeistern.«
Wegen des stürmischen Windes gestaltete es sich ausgesprochen schwierig, das Boot am Kai zu Wasser zu lassen. Sechs gestandene Kerle versuchten, es die Treppe hinunterzutragen, doch das stabile Ruderboot wirkte wie ein Segel und wurde ihnen immer wieder aus den Händen gerissen.
Robin war so sterbenselend wie nie zuvor in seinem Leben. Jedenfalls kam es ihm so vor. Buckingshams Männer bei ihrem lebensgefährlichen Kampf mit dem Bötchen zu beobachten, schien das grässliche Schwindelgefühl noch zu steigern, alsoließ er den Blick über die schäumenden Wellen gleiten. Noch schlimmer, erkannte er schnell. Er wollte den Kopf hastig abwenden, als er etwas im Wasser entdeckte. Er richtete sich auf, krallte die Hände um die Reling und stierte auf den Punkt. »Großer Gott … Da ist ein Mann im Wasser.«
»Wo?«, fragte Owen erschrocken.
»Du siehst Gespenster«, mutmaßte Mortimer verächtlich.
Robin zeigte mit dem Finger auf den Punkt, der etwa auf der Hälfte zwischen dem Kai und der Red Rose lag.
Auch Richmond spähte jetzt angestrengt aufs Wasser. »Du hast Recht«, sagte er dann. »Jesus Christus, steh dem armen Tropf bei. Meilyr?«
»Ich seh ihn, Mylord«, antwortete der Kapitän. »Aber es gibt nichts, was wir für ihn tun können, außer beten. Jeder, der versucht, ihm zu Hilfe zu eilen, wird so sicher ertrinken wie er.«
Richmond warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Holt ein langes Tau und seilt mich an«, befahl er, setzte sich auf die Planken und begann, an seinen Stiefeln zu zerren. Sie saßen eng und rührten sich nicht. »Hilft mir vielleicht mal jemand?«, ächzte er.
Owen und Mortimer verschränkten demonstrativ die Arme und schüttelten die Köpfe. »Du bist ja nicht bei Trost, Mylord«, bekundete Ersterer.
Robin sah immer noch aufs Wasser hinaus. »Er ertrinkt nicht«, sagte er plötzlich. »Er schwimmt. Und zwar hierher.«
Die anderen schauten ebenfalls wieder hinab, und nach kurzer Zeit sahen sie alle, dass er Recht hatte: Der tollkühne Schwimmer kämpfte sich ganz allmählich auf die Red Rose zu. Als er näher kam, erkannten sie, dass er das schäumende Wasser mit langen, gleichmäßigen Zügen zerteilte; keine panische Hast lag in seinen Bewegungen. Ein paar Mal glaubte Robin trotzdem, er sei untergegangen, bis ihm klar wurde, dass der Mann durch die Wellen tauchte.
»Er schwimmt wie eine Robbe«, murmelte Owen bewundernd.
»Und das ist kein Wunder«, erwiderte Robin. »Denn das Meer ist sein Freund, so wie es mein Feind ist.«
Die anderen sahen ihn verdutzt an.
»Es ist Edmund«, erklärte Robin, und ohne jede Vorwarnung knickten seine Knie ein. Er schüttelte die Hände ab, die ihm aufhelfen wollten, senkte den Kopf über die gefalteten Hände und flehte: Jesus Christus, beschütze meinen Bruder. Lass nicht zu, dass die See ihn bekommt.
Es vergingen qualvolle Minuten, während derer sie atemlos verfolgten, wie Edmund sich ganz allmählich
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