Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
es wird das letzte Mal sein, dass du ihn siehst. Und alles, aber auch alles , was wir in den letzten zwölf Jahren auf uns genommen haben, war sinnlos.«
Richmond senkte den Kopf und stieß hörbar die Luft aus. »Entschuldige. Du hast natürlich Recht. Aber … ich bin es so satt , vor Richard of Gloucester zu fliehen.«
»Ich weiß«, antwortete Julian kurz angebunden. »Doch wir können auf deinen verletzten Stolz jetzt keine Rücksicht nehmen.«
Richmond warf ihm einen finsteren Blick zu, wandte sich dann aber ab und führte sein Pferd zwischen die Stämme der Bäume, die die Lichtung säumten.
Robin und Owen folgten. Mortimer hatte die Hunde längst in entgegengesetzter Richtung weggeführt, aber trotzdem hörten sie Hufschlag und das Klimpern von Zaumzeugen, die sich näherten.
»Da kommen sie«, raunte Owen.
»Schneller«, murmelte Robin. »Und kein Wort mehr.«
Julian ließ sich ein paar Schritte zurückfallen und lauschte. Dann holte er wieder auf und sagte zu Richmond: »Lass uns die Kleider tauschen.«
Richmond warf ihm im Gehen einen raschen Blick zu und schaute dann über die Schulter. Natürlich wusste er, was Julian im Schilde führte: Richmonds Schecke zeigte sowohl die Lancaster-Rose als auch den Drachen von Wales – beide in leuchtendem Rot. Ein gutes Ziel in einem dämmrigen Wald. Leicht zu verfolgen. Doch wenn der rote Drache die Verfolger in die falsche Richtung führte …
Julian war schon dabei, seine Schecke über den Kopf zu ziehen. »Tu’s. Mach dir um mich keine Gedanken. Landois wird kein Interesse daran haben, mich an Richard zu verscherbeln. Ich bin ein gar zu kleiner Fisch.« Hoffentlich, fügte er in Gedanken hinzu.
Einer der Bretonen rief seinen Kameraden etwas zu, und die Gejagten erschraken, wie nah die Stimme klang.
Richmond folgte Julians Beispiel und zog Schecke und Wams aus. »Gott, ich hasse es, das zu tun.«
Sie tauschten die Kleider und kämpften sich beide in die Gewänder des anderen.
»Vater …«, begann Robin besorgt.
Julian legte ihm für einen Augenblick die Hand auf die Schulter und lächelte ihm zu. »Reitet nach Paris. Geht ins Kloster St.-Germain-des-Prés. Mein Großvater, der Kardinal, war dort oft zu Gast, man wird sich gewiss an ihn erinnern.« Er sprach leise und hastig. »Dann soll Owen an den Hof gehen und um eine Audienz bei der Regentin ersuchen.« Er wandte sich an Blanches Ältesten. »Erinnere sie daran, dass eure Großmutter eine französische Prinzessin war, der kleine Dauphin mithin dein und Richmonds Cousin ist. Habt ihr verstanden?«
Owen schwang sich mit einem matten Grinsen in den Sattel. »Wir sind ja nicht beschränkt, Onkel.« Er war sehr blass.
Julian schloss erst seinen Sohn, dann Richmond kurz in die Arme. »Reitet mit Gott und vor allem schnell. Sie sind fast hier.«
Julian folgte Mortimer und dem Gebell der Hunde. Er gestattete sich nicht, Richmond, Robin und Owen nachzuschauen, denn er hatte das Gefühl, jeder Augenblick war kostbar. Vielleicht fürchtete er auch, Zeuge ihrer Festnahme zu werden, wenn er es tat, so als könne er mit seinem Blick das Unglück heraufbeschwören.
So schnell er vermochte, ritt er zurück zu der Lichtung, und kaum hatte er sie erreicht, brachen die bretonischen Verfolger aus dem Dickicht. Im Nu fand Julian sich von vier Reitern umringt, vier Lanzen wurden auf ihn gerichtet. »Ihr steht unter Arrest, Richmond«, eröffnete ihm der Älteste, der schon graue Fäden im Bart hatte und offenbar der Anführer war.
»Und wieso?«, fragte Julian. Er sah keinen Grund, es ihnen leicht zu machen.
»Keine Ahnung«, erwiderte der Graubart achselzuckend.
»Ich dachte, dieser Richmond ist noch keine dreißig«, meldete sich plötzlich einer der anderen zu Wort. »Bist du …« Er besann sich. »Seid Ihr wirklich Henry Tudor?«, fragte er Julian.
Der runzelte die Stirn. »Denkst du nicht, es reicht, dass ihr mich meiner Freiheit beraubt? Willst du mich obendrein noch beleidigen?«
Der Graubart ging dazwischen und winkte ab. »Ist schon recht. Das Wappen stimmt, er muss Richmond sein. Gebt mir Eure Waffen, Monseigneur, wenn Ihr so gut sein wollt. Kein Grund, dass wir uns schlagen, oder?«
Julian war höchst unwillig, sich von dem alten Waringahm-Schwert zu trennen, doch er tat es, ohne zu zögern. Er löste den Gürtel und überreichte ihn dem Anführer zusammen mit dem Dolch. »Und was nun? Eine Audienz bei Schatzmeister Landois, dem wahren Herzog dieses Landes?«
Doch der Graubart schüttelte
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