Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
gegen Richard offenen Auges sein Leben riskiert, um die Prinzen zu beschützen, die dieses Monstrum dann doch ermorden ließ. Nein, Sir Ralph, ich glaube, Euer Bruder würde mit Wohlwollen auf Euch herabsehen, wenn Ihr den Mut fändet, auf Euer Gewissen zu hören.«
Ralph Hastings sagte eine Weile nichts, sah auf die stahlblaue See hinaus und rang mit sich. »Wie Ihr schon sagtet«, murmelte er schließlich. »Ihr könnt mir keinen uneigennützigen Rat geben.«
»Nein«, räumte Julian ein.
Ralph nickte versonnen, sah ihn wieder an und zückte seinen Dolch. »Und ich kann meine Schwester nicht zur Witwe machen, Mylord.« Er stellte sich hinter Julian und durchschnitt die Handfesseln.
Julian schluckte trocken. Er hatte geglaubt, genau das sei Hastings’ Absicht, als der den Dolch plötzlich in der Hand hielt. Dankbar rieb er sich die befreiten Handgelenke.
»Ich … werde Richard den Rücken kehren, wenn Ihr mir schwört, meine Familie aus England herauszuholen«, sagte Hastings.
Julian küsste seinen Siegelring und hob die Hand zum Schwur.
»Aber ob ich mich der Sache des walisischen Bengels anschließe, entscheide ich erst, wenn ich ihn gesehen und gesprochen habe«, fügte Hastings hinzu und sah ihn trotzig an, als wolle er ihn herausfordern, seinen Bedingungen zu widersprechen.
Doch Julian hatte keine Einwände. »Abgemacht«, sagte er und dachte: Es wird keine Stunde dauern, bis du dem walisischen Bengel aus der Hand frisst wie alle anderen, die zu ihm gekommen sind. Aber vorher müssen wir ihn erst einmal wiederfinden …
Vincennes, April 1485
»Ich frage mich, ob
dies das Bett ist, in dem König Harry gestorben ist«, murmelte Blanche schläfrig.
Jasper lachte in sich hinein. Sie hörte es nicht wirklich, sondern spürte es mehr als Beben in seiner Brust. »Nur Blanche of Waringham bringt es fertig, bei der Liebe so morbide Gedanken auszubrüten«, behauptete er.
Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Was ist morbide daran, an die Vergangenheit zu denken? Oder über die eigentümlichen Fügungen der Geschichte nachzusinnen? Einer der größtenKönige, die England je hatte, starb auf dieser Burg bei dem vergeblichen Versuch, Frankreichs Krone zu erringen. Nun wartet der rechtmäßige König von England − der gewiss auch groß sein wird − auf dieser Burg auf den Sommer, um nach England zu segeln und dort seine Krone zu erobern.« Sie legte den Kopf wieder auf Jaspers massige Schulter. »Mein Onkel Raymond war übrigens dabei, als König Harry starb, wusstest du das?«
Jasper brummte. »Und mein Vater war an der Seite der trauernden Witwe. In Lauerstellung«, höhnte er.
»Immer machst du dich darüber lustig«, bemerkte sie ungehalten. »So als wäre es dir peinlich, dass dein Vater die Witwe eines Königs geheiratet hat. Das ist doch albern.«
»Es war ein typisches Beispiel für seine Missachtung aller Regeln und Autoritäten«, gab er gereizt zurück. »Darum ist es kein Wunder, dass die Engländer ihn für einen Halunken hielten.«
»Blödsinn.« Sie zupfte ihn am Brusthaar, um ihn zu maßregeln. »Er hat sie geliebt und alles riskiert, um sie zu bekommen. Ich bewundere ihn dafür. Und welch ein Glück für sie, dass er der Welt um ihretwillen die Stirn geboten hat, denn so war er an ihrer Seite, als sie …« Blanche brach abrupt ab, als ihr klar wurde, in welche Richtung ihre Gedanken sich gestohlen hatten.
Jasper nahm ihre Hand, damit sie aufhörte, ihn zu piesacken. Dann zog er Blanche näher und legte beide Arme um sie. »Du fürchtest, ich würde dich je verlassen? Wer ist hier albern, hm?«
Sie antwortete nicht.
»Blanche …«
»Nein«, unterbrach sie und legte einen Finger auf seine Lippen. »Ich will nicht, dass du diese Dinge zu mir sagst. Ich will das nicht hören, Jasper.« Rastlos befreite sie sich aus seiner Umarmung, schwang die Beine über die hohe Bettkante und wickelte sich in ein Laken. Vage kam ihr in den Sinn, dass sie früher nie das Bedürfnis verspürt hatte, sich zu bedecken, wenn er sie ansah. Sie stand auf, trat an die hohe Truhe neben der Tür,schöpfte mit beiden Händen Wasser aus der Waschschüssel und benetzte ihr Gesicht. Einige Tropfen rannen ihren Hals hinab. Es war ein angenehmes Gefühl.
Als seine Hand sich auf ihre Schulter legte, fuhr sie nicht zusammen, aber sie drehte sich auch nicht zu ihm um. »Ich verstehe, warum du eingewilligt hast, Jasper. Aber es ist einfach zu viel verlangt, wenn ich vorgeben soll, es sei mir gleichgültig.«
»Ich
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